"Kultur im Bahnhotel"

Mit Lachtränen und Schmalzbrot: So verlief die erste Kultur-Veranstaltung im Gerstetter Bahnhotel

Schallendes Gelächter im Bahnhotel: Bei der ersten Veranstaltung des kurz vor der Gründung stehenden Gerstetter Kulturvereins herrschten ausgelassene Stimmung und großer Andrang. Das sagt Initiator Franz Nerad über den Abend, der den Auftakt zur Wiederbelebung des Bahnhotels darstellt.

Von gelungenen Premieren liest und hört man ja oft. In diesem Fall aber bietet sich kaum eine andere Formulierung an: Bei der ersten Veranstaltung des kurz vor der Gründung stehenden Gerstetter Vereins "Kultur im Bahnhotel" herrschte am Freitag ein solch reger Andrang, dass einigen Besuchern nur noch Stehplätze angeboten werden konnten. Die Stuhlreihen waren voll besetzt - beinahe jedenfalls: "In der ersten Reihe waren noch zwei von den insgesamt 110 Sitzplätzen frei", sagt Franz Nerad und lacht. Der erfolgreiche Abend, so hat man den Eindruck, wirkt noch immer nach.

Für die Vereinsgründung am 22. Februar jedenfalls ist Nerad - gemeinsam mit Pfarrer Jürgen Bobzin Initiator der angestrebten Gastro-Genossenschaft samt Kulturverein im Bahnhotel - nach diesem Erlebnis umso optimistischer gestimmt. "Unser Ziel ist es, wieder einen Ort für gemeinsame Treffen zu schaffen, einen Platz für Kommunikation, Austausch und Gemeinschaft", sagt Nerad. Und genau das sei am Freitag gelungen: Im Anschluss an den Vortrag des Cannstatter Pfarrers Jürgen Kaiser zur Frage "Warum die Schwaben zum Lachen in den Keller gehen" seien viele Besucher noch sitzen geblieben, um sich über das Gehörte auszutauschen und zu plaudern. Nerad: "Der Stucksaal war, was er sein soll: ein Kommunikationszentrum."

Für die Vereinsgründung am 22. Februar gut gewappnet

Dies übrigens - zum schwäbischen Abend passend - bei Schmalzbrot, Butterbrezel oder Häppchen mit veganem Brotaufstrich sowie Getränken. "Hier konnten wir uns über eine Spende der hiesigen Metzgerei freuen", sagt Nerad. Auch Jürgen Kaiser verzichtete, wie angekündigt, auf ein Honorar, um so seine Begeisterung für die Idee zur gastronomischen und kulturellen Wiederbelebung des Bahnhotels zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen sollten die Besucher eine kleine Spende dalassen, als ersten Grundstock für den Kulturförderverein sozusagen. Vorbereitung ist schließlich alles.

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Bereits gut gewappnet sind die Organisatoren auch, was das "Personal" des künftigen Vereins angeht. Für alle zu besetzenden Ämter habe man inzwischen Freiwillige gefunden, freut sich Nerad, fügt aber ausdrücklich hinzu, dass sich freilich auch am Gründungsabend Interessenten für die Posten melden dürfen. Er selbst und auch Pfarrer Bobzin, so kündigt es der 69-Jährige an, wollen aber kein Amt im Förderverein übernehmen. "Ich sehe mich eher im operativen Geschäft der Genossenschaft", sagt Nerad und blickt damit schon weiter voraus in die Zukunft des Bahnhotels.

Um weitere kulturelle Veranstaltungen wird sich also der neue Vereinsvorstand kümmern. Vier Kulturgruppen, weiß Nerad, haben sich hier bereits für Auftritte angeboten. Außerdem soll es eine Zusammenarbeit mit den Ulmer Eisenbahnfreunden geben sowie eine Fahrrad-Servicestation des ADFC. Nerad: "Es läuft schon viel parallel."

Frage des Abends: Warum lacht der Schwabe im Keller?

Bleibt noch die Frage des Abends zu beantworten: Warum gehen die Schwaben denn nun zum Lachen in den Keller? "Tun sie ja gar nicht", sagt Nerad. Spätestens seit Jürgen Kaisers Lehrstunde schwäbischer Geschichte weiß er bestens Bescheid. Die hierzulande vorherrschende Mentalität, sich nicht jedem sofort zu öffnen, sei historisch begründet. Etwa in einer von den Kirchen geförderten Überwachung durch die eigenen Nachbarn, weshalb es sich in der schwäbischen DNA eingenistet habe, lieber zu Hause zu bleiben, nicht aufzufallen - und auf jeden Fall pünktlich die Kehrwoche zu erledigen.

Geschichtsunterricht am Freitagabend? Ja und nein: Nerad beschreibt die Veranstaltung als Wechselbad zwischen Betroffenheit und schallendem Gelächter. "Manchen Besuchern sind vor Lachen die Tränen heruntergelaufen", sagt Nerad und muss auch selbst wieder lachen. "Für uns war es ein unheimlich toller Abend."

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