Straftat

Geplanter Wohncontainer für Flüchtlinge und Obdachlose in Gerstetten mit rassistischen Symbolen und Parolen beschmiert

Tatzeit war wohl in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. So reagieren Gerstettens Bürgermeister, Anwohner und der Freundeskreis Asyl.

Eine Schande nannte Bürgermeister Roland Polaschek die rassistischen Schmierereien an einem für Flüchtlinge und Obdachlose vorgesehenen Wohncontainer Ecke Bismarck-/Jahnstraße in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend. „Ich hoffe sehr, dass die hierfür Verantwortlichen sich eines Tages der Bedeutung ihrer Verfehlung bewusst werden und sich dafür schämen.“

Auch ein Anwohner und Gerstetter Geschäftsmann, der lieber anonym bleiben möchte, äußerte sich ähnlich gegenüber der HZ. „Als Gerstetter ist mir das peinlich. Das ist nicht nur eine Beleidigung für die Menschen, die dort leben sollen, sondern auch für die Dorfgemeinschaft, die tolerant gegenüber anderen Menschen ist.“ Bald werde das Fest der Liebe und des Friedens gefeiert. „Wir sollten uns nicht von Hass und Intoleranz leiten lassen, sondern von Mitgefühl und Respekt.“

Im Alltag noch nie rassistische Sprüche gehört

Mittlerweile wurde der Container bereits gereinigt, aber dass die Hakenkreuze falsch herum gezeichnet wurden, sorgte in sozialen Medien für Diskussionen und Mutmaßungen. Wurden sie bewusst so angebracht, um nicht als verfassungsfeindliches Symbol zu gelten? Oder zeugen sie schlicht von mangelnder Bildung? Auch Dr. Helga Ströhle vom Gerstetter Freundeskreis Asyl macht sich darüber Gedanken. „Ich glaube, es war Absicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand so dumm sein kann.“ Sie wisse zwar um rechte Tendenzen in der Gemeinde, aber mit so einer Tat habe sie nicht gerechnet. „Rechte Parteien haben in Gerstetten schon immer einige Prozente geholt, aber ich habe im Alltag noch nie rassistische Sprüche oder Beleidigungen gehört.“ Über die Bezugnahme zu Illerkirchberg, wo vor etwa einem Jahr ein 14-jähriges Mädchen von einem Flüchtling aus Eritrea erstochen wurde, sei sie besonders erschrocken. „Das ist purer Rassismus und Hass.“

"Gerstetten ist bunt"

Und dagegen planen Ströhle und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter, ein Zeichen zu setzen. Ob unter dem Motto „Gerstetten ist bunt“ ein Plakat an Ort und Stelle aufgestellt oder eine Mahnwache abgehalten werde, sei aber noch unklar. „Ich weiß jedenfalls, dass die Mehrheit hinter uns steht.“ Zwar sei die Zahl der Mitstreiter des Gerstetter Freundeskreises Asyl seit 2015 geschrumpft, aber: „Es gibt immer noch viel positives Engagement für Flüchtlinge.“

Auch die stellvertretende Ordnungsamtsleiterin Sabine Weber glaubt nicht, dass die Parolen eine Mehrheitsmeinung widerspiegeln. Ganz im Gegenteil: „Wir hatten im Dorf noch nie Beschwerden oder Probleme.“ Im Übrigen sei der Wohncontainer, der Ende Januar fertiggestellt und für bis zu 20 Personen ausgelegt ist, zunächst nicht für Flüchtlinge, sondern vorrangig für Obdachlose vorgesehen. Etwa 150 Flüchtlinge aus der Ukraine und weitere 140 aus anderen Ländern leben derzeit in Gerstetten.

Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren

Der Polizei ist der Fall jedenfalls bekannt und die Ermittlungen gegen Unbekannt wurden eingeleitet. Nach derzeitigem Stand war die Tatzeit in der Nacht von Dienstag, 19. Dezember, auf Mittwoch, 20. Dezember, etwa gegen 0 Uhr, so der Ulmer Polizeisprecher Joachim Schulz auf Anfrage. Ermittelt wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann, sowie wegen Sachbeschädigung. Ob die Hakenkreuze richtig oder falsch gezeichnet wurden, spielt laut der Polizei dabei keine Rolle: „Auch bei Hakenkreuzen in abgeänderter Form handelt es sich um verfassungsfeindliche Symbole und sind in Deutschland verboten.“

Erfasste rechtspolitische Straftaten

Laut dem Polizeipräsidium Ulm ist die Zahl der rechtspolitisch motivierten Straftaten im Landkreis Heidenheim in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, sondern tendenziell gesunken. Die erfassten Straftaten lagen 2018 bei 14, 2019 bei 17, 2020 bei acht, 2021 bei neun und im vergangenen Jahr bei sieben.

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