Gebäudehistorie

Seit 100 Jahren Brot aus dem Heuchstetter Backhaus

Vor zehn Jahren wurde das 1923 erbaute Backhaus in Heuchstetten mit viel Einsatz der Dorfbewohner renoviert. Ein Blick in die 100-jährige Geschichte des Bauwerks.

Seit 100 Jahren Brot aus dem Heuchstetter Backhaus

Eine große Leistung der Dorfgemeinschaft des kleinen Orts Heuchstetten: Vor etwas mehr als zehn Jahren wurde mit viel ehrenamtlichem Einsatz und von der EU gefördert das mitten im Ort vorhandene historische Backhaus renoviert und wieder in Betrieb genommen. Jetzt ist das Heuchstetter Backhaus 100 Jahre alt geworden und oftmals quillt Rauch aus seinem Kamin.

Das Backhaus blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Am 13. November 1922, so steht es im Protokoll, trafen sich 22 Männer des Dorfs und beschlossen, künftig ihr Brot auf einer Steinofenplatte zu backen. Holzofenbrot galt auf der Alb als kleine Delikatesse. Zum Morgenessen gab es statt Brot den „schwarzen Brei“, der billiger war und länger vorhielt. Diesen Speisezettel galt es für die Männer zu bereichern.

Eine Backhausgenossenschaft in Heuchstetten wurde gegründet

Der Genehmigungsweg für das Backhaus aber war steinig. Das Baugesuch wurde am 7. Februar 1923 eingereicht, von der Obrigkeit aber abgelehnt, weil eine Brandmauer fehlte. Aus Kostengründen hatten die Bauherren an das bestehende Molkereigebäude angebaut und sparten damit eine Außenwand. Um das Vorhaben rechtlich abzusichern, gründeten die Männer außerdem die Backhausgenossenschaft, die Jahre später mit der Molkereigenossenschaft verschmolzen wurde.

Als die Gründung der Genossenschaft am 13. November 1923 im „Deutschen Reichsanzeiger“ veröffentlicht wurde, hatte die Inflation ihren Höhepunkt erreicht. Allein die Anzeige kostete die Heuchstetter 19 Billionen und 21 Milliarden Mark. Über die Höhe der eigentlichen Baukosten ist nichts überliefert. Eigenleistungen und bäuerlicher Tauschhandel waren wohl das Rezept, das schließlich zum ersten Backtag führte. Als Vermögenswert standen später 1129 Reichsmark in den Büchern.

Der Backbetrieb florierte und leitete eine 100-jährige Tradition ein. Backfrau Elisabeth Heußler verloste täglich ab 12 Uhr die Backzeiten, während ihr Mann Johannes samstags mit einer zusätzlichen „Hitze“ dafür sorgte, dass an den Sonntagen bei vielen Heuchstetter Familien auch Weißbrot und Hefezopf auf den Tisch kamen.

In den 1950er-Jahren wurde das Gebäude um ein Waschhaus erweitert. Unter der Woche liefen fortan die Waschmaschinen und jeweils ab 16 Uhr konnte man für 50 Pfennig im Wechsel den Luxus zweier Badewannen und den einer Dusche genießen.

Lieselotte und Werner Fronmüller setzten sich 2013 sehr für die Wiederbelebung des mittlerweile 100 Jahre alten Backhauses in Heuchstetten ein. Jens Eber/Archiv

2006 wurde die Heuchstetter Dorfgemeinschaft gegründet und Lieselotte Fronmüller wurde zur Vorsitzenden gewählt. Ihr erstes Ziel war es, das alte Backhaus wieder herzurichten und die Heuchstetter Backkultur neu zu beleben. Das Haus erlebte unter der Regie von Lieselotte und Werner Fronmüller mit vielen ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen und üppigen Spenden eine Renaissance, die bis nach Berlin schwappte: Das Ehepaar Fronmüller war Gast beim traditionellen Sommerfest des Bundespräsidenten. Schon zuvor hatten sie in Heidenheim den Bürgerpreis in der Kategorie „Alltagshelden“ in Empfang nehmen können.

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