Nicht alle Tage sieht Dettingen eine Veranstaltung, bei der die Lindenhalle so gut gefüllt ist, wie es am Montagabend der Fall war. Obwohl die Halle von vorne bis hinten mit Stühlen ausgestattet war, blieben kaum Plätze frei. Auch auf der Bühne ging es gedrängt zu: Wahrend eine Seite Mitgliedern der Gemeindeverwaltung vorbehalten war, saßen auf der anderen Seite dicht an dicht die Kandidaten für das Amt des Gerstetter Bürgermeisters.
An diesem Abend bekamen sie, nach Wochen des selbst geführten Wahlkampfs, zum ersten Mal die Gelegenheit, sich in Person der versammelten Öffentlichkeit vorzustellen. Gerstettens amtierender Bürgermeister Roland Polaschek, der den Abend moderierte, erklärte, dass die Reihenfolge der Sprecher dadurch bestimmt worden sei, wann die Bewerbungen bei der Gemeindeverwaltung eingegangen waren. Da die Bewerbungen von Matthias Heisler und Daniel Klatz gleichzeitig entgegengenommen wurden, habe das Los entschieden und Heisler den ersten Platz zugewiesen.
Matthias Heisler baut auf Verwaltungserfahrung
Seine zehn Minuten Redezeit nutzte Matthias Heisler, um seine Erfahrung aus der Arbeit in der Heidenheimer Stadtverwaltung hervorzuheben. Als Leiter des Fachbereichs Familie, Bildung und Sport sei er verantwortlich für 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verwalte ein Budget von 45 Millionen Euro, ähnlich hoch wie das der Gemeinde Gerstetten, wie der 41-Jährige anmerkte. Er habe bei der Arbeit eine wichtige Erfahrung gemacht: „Eine Gemeindeverwaltung ist nur so gut, wie die Menschen, die dort arbeiten.“ Deshalb seien seine Qualitäten, also eine klare Führung und ein hohes Maß an Vertrauen in die Mitarbeiter, dort besonders wichtig.
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In Gerstetten möchte Heisler ein „Bürgermeister mit offener Tür“ sein. „Ich habe nahezu jeden Tag seit Bekanntgabe meiner Kandidatur in einem der Ortsteile verbracht“, sagte Heisler, genauso nahbar wolle er auch in Zukunft bleiben. Entscheidungen würde er „transparent vorbereiten und offen treffen“ wollen, die unechte Teilortswahl möchte er beibehalten. Das in der Gemeinde besonders ausgeprägte Vereinsleben sieht er als Chance, die ansässigen Unternehmen als wichtige Partner.
Als seine Ziele definierte Heisler, dass er die Gemeinde weiterhin auf ein solides finanzielles Fundament stellen will, unter anderem durch das Vorhalten von Gewerbegebieten. Die Energiewende wolle er weitertreiben. Ein besonderes Augenmerk will er auch auf die Förderung von Kindern und Jugendlichen legen: „Hier müssen wir stark sein und mehr tun als nur das Nötigste“, worin Heisler auch eine Modernisierung des Schulzentrums einschloss.
Daniel Klatz möchte Probleme zupackend lösen
Als Nächstes durfte Daniel Klatz sprechen. Er zählte auf, welche Themen bei ihm im Mittelpunkt stehen würden: sichere medizinische Versorgung, Raum für Familien, altersgerechtes Wohnen, wirtschaftliche Stabilität und echte Gemeinschaft. „Als Kandidat kann man Probleme benennen, als Bürgermeister muss man sie lösen“, so der 52-Jährige, weshalb er auch konkrete Vorschläge lieferte.
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Für Mediziner müsse man attraktive Rahmenbedingungen schaffen und frühzeitig Gespräche führen. Generationenfreundliche Wohnformen sollen auch inmitten der Orte angeboten werden. In der Kinderbetreuung will Klatz die flexiblen Betreuungsangebote zurückbringen, um Eltern zu entlasten. Bei der kommunalen Wärmeplanung möchte er für Gerstetten maßgeschneiderte Lösungen suchen, Unternehmen will er mit schnellen Genehmigungen und pragmatischen Lösungen zur Seite stehen. Die wichtige Arbeit der Vereine solle noch mehr Anerkennung erhalten.
Bürgernähe lebt Klatz laut eigener Aussage bereits jetzt bei seinen selbst veranstalteten Gesprächsrunden und bei über 1600 Haustürbesuchen. Bürgergespräche will er auch als Bürgermeister beibehalten, unterstützt durch digitale Wege der Kommunikation. Zusammengefasst sei das Ziel ein Gesamtpaket, das Gerstettens Attraktivität stärken soll. „Die Gemeinde hat Potenzial und braucht mutige Entscheidungen.“
Thomas Junginger legt den Fokus auf Sanierungen
Als erster „Urgerstetter“ des Abends trat Thomas Junginger ans Rednerpult, und diesen Fakt machte er sich auch zu eigen: „Ich bin in Gerstetten aufgewachsen und werde auch immer dort wohnen“, so Junginger, weil er die Gemeinde schätze. In seiner Zeit im Gemeinderat seien ihm jedoch besorgniserregende Zustände in der Verwaltung aufgefallen: strikt hierarchische Strukturen, eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden sowie schlechte Kommunikation mit dem Gemeinderat und der Bevölkerung. Hier will der 35-Jährige mit gutem Zuhören sowie mehr Vertrauen und Austausch Abhilfe schaffen.
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Bei regelmäßigen Bürgersprechstunden will Junginger junge Menschen auf dem Laufenden halten und den Erfahrungsschatz von älteren Menschen nutzen. Auch außerhalb davon verspricht er „überall, zu jeder Zeit und für jedermann“ ansprechbar zu sein. Sein Studium der Politikwissenschaften gebe ihm das nötige Wissen für eine Politik, die transparenter und „von unten nach oben“ gestaltet werden soll. Einsetzen möchte Junginger sich auch für eine Beibehaltung der flexiblen Betreuungsangebote in den Kindergärten und dafür, dass Windenergie „nicht um jeden Preis und nicht gegen die Interessen der Bürger“ ausgebaut wird.
Zusätzlich legte Junginger ein sehr ambitioniertes Investitionsprogramm vor: In Dettingen sollen Rathaus und Queerstarße saniert sowie eine Allgemeinarztpraxis und ein Kindergarten etabliert werden. In Heldenfingen möchte er die Hirschstraße und untere Dorfstraße sanieren lassen und ein neues Baugebiet ausweisen. In Heuchlingen sollen die Altheimer Staße und die Hungerbrunnenhalle saniert werden, zudem will Junginger den Schwerlastverkehr aus dem Ort verbannen. In Gerstetten will er neben der Sanierung des Schulzentrums auch das neue Feuerwehrgerätehaus und ein Bürgerhaus bauen.
Katharina Füssel stellt Wirtschafts- über Verwaltungserfahrung
Katharina Füssel machte kein Geheimnis daraus, dass sie, im Gegensatz zu ihren Vorrednern, keine Erfahrung in Politik oder Verwaltung hat. Ihrer Ansicht nach spricht das aber für sie, denn sie habe dadurch „eine freie Meinung“. Sie legte ihren Fokus auf die Erfahrung in der freien Wirtschaft, die sie als Zentraleinkäuferin habe. Wirtschaft und Verwaltung würden sich oft ähneln, mit dem Unterschied, dass in der Wirtschaft alles schneller gehen müsse.
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Zu den erklärten Zielen der 39-Jährigen gehört die effiziente Nutzung von Wohnraum, der mancherorts knapp werde, obwohl es noch leerstehende Häuser gebe. Bereits erschlossene Bauplätze möchte sie verstärkt auf den Markt bringen und Baulücken innerorts schließen. Sie möchte auch dafür sorgen, dass wieder mehr Einzelhandel in die Orte kommt, begonnen mit einer Befragung, die herausfinden soll, was den Einwohnern fehlt. Das Ehrenamt „gehört in unsere Mitte“, so Füssel, durch ein jährliches Treffen der Vorsitzenden aller Vereine in der Gemeinde sollen neue Kooperationen ermöglicht werden.
Das flexible Betreuungsmodell in den Kindergärten will sich Füssel nochmal anschauen, sie weist aber auch darauf hin, dass es sich um einen schwierigen Konflikt zwischen dem Wohl der Eltern und dem Wohl der Mitarbeitenden handele. „Es bringt uns nichts, wenn Erzieherinnen und Erzieher sich woanders einen Job suchen“, so Füssel. Zeit, Energie und Geld will sie in Schulen stecken. Ihre Unterstützung sichert sie auch den lokalen Landwirten zu, deren Wichtigkeit für Ernährung und Landschaftspflege sie herausstellte.
Adrian Seibold nimmt Ärztehaus und Kunstrasenplatz in den Blick
Adrian Seibold begann seine Rede mit einer Auflistung seiner Qualitäten: Er sei „jung, dynamisch, ehrgeizig, motiviert und bürgernah“ und will die Gemeinde „positiver, schöner und moderner gestalten“. Als erstes Projekt möchte er sich die Schaffung eines zentralen Ärztehauses für Gerstetten vornehmen. Zudem soll die Georg-Fink-Halle saniert und modernisiert werden, wenn möglich soll dort auch ein Raum für die Nutzung durch den Musikverein geschaffen werden.
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Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit möchte der 31-Jährige verkehrsberuhigte Bereiche vor den Kindergärten der Gemeinde einführen, außerdem die Straße und den Gehweg, die zum Gerstetter Sportplatz führen, sanieren. Als spielender Co-Trainer beim VfL Gerstetten legte Seibold sein Augenmerk auch auf den Fußball und erklärte seine Unterstützung für die Idee eines Kunstrasenplatzes in Gerstetten. „Unsere Vereine haben es verdient, würdige Bedingungen für attraktiven Fußball vorzufinden“, so Seibold. Das würde auch dabei helfen, die an Fußball interessierte Jugend bei örtlichen Vereinen zu halten.
Benjamin Banzhaf möchte das Ehrenamt stärken
Benjamin Banzhaf präsentierte sich den versammelten Bürgerinnen und Bürgern als „jung, frisch und bereit, um anzupacken“. Auch er sprach sich für regelmäßige Bürgersprechstunden aus, zudem will er als Bürgermeister regelmäßig Berichte herausgeben, die die Einwohner der Gemeinde auf dem Laufenden halten sollen.
Als Hauptprojekt würde der 40-Jährige sich die Schulen vornehmen, dort mehr Digitalisierung einführen und die Schulhöfe sanieren. Kindergärten sollen „passende Spielzeuge“ erhalten, Preiserhöhungen in der Betreuung möchte Banzhaf vermeiden. Zudem möchte er mit Eltern zusammenarbeiten, um die Wege zur Schule sicherer zu machen.
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Die heimische Wirtschaft möchte Banzhaf unterstützen und mehr „für Gerstetten werben“. Den Vereinen sicherte er seine „größtmögliche Unterstützung“ zu. Den ehrenamtlichen Einsatz für andere Menschen möchte er jährlich mit einem Preis oder einer Auszeichnung unterstützen. Am Herzen liegt ihm auch die Idee eines Bürgertaxis, das mit einem von der Gemeinde gestellten Fahrzeug und ehrenamtlichen Fahrern betrieben werden soll.
Rainer Scholz möchte von der Verwaltung lernen
Rainer Scholz gab zu Beginn seiner Redezeit bekannt, dass er mit den Zuhörenden wie mit Kunden seiner Wasseraufbereitungs-Firma sprechen wolle, also über das „Dafür und Dagegen“. Er begann mit den Dingen, die aus seiner Warte gegen ihn als Bürgermeister sprechen: Er sei „neigschmeckt“, unverheiratet, gehöre keiner Kirche an und habe keine Erfahrung in der Verwaltung.
Als einen seiner „Vorteile“ führte der 57-Jährige auf, dass er selbstständiger Unternehmer ist und dadurch befähigt sei, besser auf die Interessen der Bürger einzugehen. Zudem wisse er, dass „Vorschriften manchmal mehr schaden, als sie nutzen“. Zwar sei er unverheiratet, lebe aber seit vielen Jahren in einer eheähnlichen Beziehung. Und auch ohne Zugehörigkeit zu einer Kirche versuche er, „die christlichen Werte jeden Tag zu leben“.
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Das fehlende Wissen über die Verwaltung könne er sich schnell aneignen, indem er sich zu Anfang seiner Amtszeit auf die Qualitäten der Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung stützen würde. Im Endeffekt sei seine Sicht aber ohnehin zweitrangig, was zähle, seien die Wünsche der Bürger. Zuletzt sprach er das Thema Windkraft an: „Windräder im Teichhau sind unnachhaltig“, so Scholz. Man müsse nach Lösungen suchen, „bei denen alle im Boot sind“ und an die Ursache des Problems gehen, nicht nur an die Symptome.
Weitere Vorstellungsrunden in Gerstetten
In dieser Woche sind die Kandidaten noch zweimal alle an einem Ort zu erleben: am Donnerstag und Freitag, 13. und 14. Februar, jeweils um 19 Uhr in der Turn- und Festhalle in Gerstetten. Einlass ist ab 18 Uhr.