Fünf neue Kettenhäuser und ein Einfamilienhaus. Über derlei Baugesuche können sich Gemeindeverwaltungen und Gemeinderäte eigentlich freuen. Vor allem dann, wenn der neue Wohnraum im innerörtlichen Bereich entstehen soll – Stichwort Nachverdichtung – und nicht etwa in Ortsrandlage auf der grünen Wiese. Auch in Gerstetten ist das der Fall, innerörtliche Nachverdichtung findet in den Sitzungen des Gemeinderats immer wieder positive Erwähnung.
Im jetzt vorliegenden Fall der fünf Kettenhäuser samt eines Einfamilienhauses gibt es allerdings ein Aber. Und zwar die Nähe des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks zwischen Gartenstraße 16 und Charlottenstraße zur Gerstetter Turn- und Festhalle. Aus Sicht der Gemeindeveraltung und des Gemeinderats könnten daraus Probleme entstehen. Etwa in der Form, dass sich die neuen Anwohner über den bei Veranstaltungen möglicherweise von der Halle ausgehenden Lärm beschweren könnten.
Gartenstraße in Gerstetten: Bebauungsplan gilt für zwei der sechs Häuser
Für einen solchen Fall hat die Gemeinde schon in der Vergangenheit vorgesorgt: Der Bebauungsplan südlich der Charlottenstraße, der den Teil des Grundstücks umfasst, der an der Charlottenstraße und damit näher zur Halle liegt, enthält entsprechende bauliche Vorgaben. Aufenthalts- und Schlafräume sollen demnach so angeordnet werden, dass deren Fenster an den von der Halle und den dortigen Parkplätzen abgewandten Außenwänden liegen. Ausnahmen von dieser Vorgabe erlaubt der Bebauungsplan nur dann, wenn auf anderem Weg für Ruhe gesorgt wird – etwa durch fest- oder dreifach verglaste Fenster.
Die Grenze des Bebauungsplans verläuft mitten durch das Grundstück hindurch. Für zwei der Kettenhäuser würde die Vorgabe gelten, für die anderen drei sowie das an der Gartenstraße geplante Einfamilienhaus nicht. Da es in diesem Bereich keinen Bebauungsplan gibt, ist zulässig, was der Umgebungsbebauung entspricht.
Sorge: zu wenig Parkplätze für sechs neue Wohneinheiten
„Wohnen kann Althergebrachtes nicht ausstechen“, argumentierte Bauverwaltungsamtsleiter Hannes Bewersdorff in Bezug auf die geplanten Wohnhäuser nahe der Turn- und Festhalle. Schnell waren sich Gemeinderat und Verwaltung einig: Sollte der Bauherr eine Befreiung von den im Bebauungsplan festgeschriebenen Vorgaben zur Lärmvermeidung beantragen (was er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getan hat), werde man das Baugesuch ablehnen. Zumindest für die zwei Kettenhäuser, die im Geltungsbereich des Bebauungsplans vorgesehen sind.
Ebenfalls kritisch sah der Gemeinderat die Anzahl der geplanten Wohneinheiten. Schon jetzt erfahre die Gartenstraße mit ihren Geschäften eine „wahnsinnig intensive Nutzung“, lautete Werner Häckers (FWV) Einschätzung. Um Parkplatzproblemen vorzubeugen, regte er in Richtung des Bauherrn an, zur Halle hin ein Haus weniger zu bauen und die Fläche für Parkplätze zu nutzen. Sigrun Nagel (Grüne/Unabhängige) trieb die Frage um, ob durch die Zufahrt zu den Kettenhäusern Parkplätze entlang der Gartenstraße wegfallen müssten.
Gemeinde kann nicht mehr Parkplätze verlangen
Zumindest hier konnte Bauverwaltungsamtsleiter Bewersdorff Entwarnung geben. Da die Gartenstraße ohnehin zur Sanierung ansteht, könne man hierauf Rücksicht nehmen. Was die Anzahl der zu den Wohneinheiten gehörenden Parkplätze angeht, machte Bewersdorff allerdings wenig Hoffnung: Mit den sechs Häusern sollen laut Plan des Bauherrn neun Stellplätze entstehen – also mehr als die Landesbauordnung vorschreibt. „Wir haben keinen Hebel, den Bau von mehr Stellplätzen zu verlangen“, machte der Bauverwaltungsamtsleiter deutlich. Auch dann nicht, wenn vorhersehbar sei, dass es durch die zusätzlichen Bewohner zu einer Parkplatzknappheit an der Garten- und Charlottenstraße kommen könnte.
Wie geht es jetzt weiter? Der Gemeinderat hat dem Vorhaben zugestimmt, allerdings unter der Voraussetzung, dass sich der Bauherr an die Vorgaben des Bebauungsplans hält. Auf Vorschlag von Bürgermeister Roland Polaschek will die Gemeinde ihre Sorge bezüglich der Nähe der geplanten Häuser zur Turn- und Festhalle außerdem der Baurechtsbehörde am Heidenheimer Landratsamt melden. Und dort deutlich machen, dass eventuell im hallennahen Bereich eine Reduzierung der Bebauung angebracht wäre. Diesem Vorgehen stimmte das Gremium mehrheitlich zu. Einzig Hans Mailänder (KWG) war anderer Meinung und befand das Bauvorhaben für uneingeschränkt gut.
Ketten- oder Reihenhaus?
Der Unterschied ist nicht groß, aber es gibt einen: Während Reihenhäuser durch gemeinsame Seitenwände direkt miteinander verbunden sind, besteht bei Kettenhäusern etwas mehr Abstand. Und zwar deshalb, weil zwischen den Nachbarhäusern jeweils noch ein Element zwischengebaut ist. Beispielsweise eine Garage oder ein Carport. Kettenhäuser sind also wie Reihenhäuser durchgehend miteinander verbunden, es grenzt aber nicht direkt Wohn- an Wohnfläche.