Engagement

Nach rassistischen Schmierereien an Wohncontainer: Gerstetter Freundeskreis Integration ist von Verwaltung enttäuscht

Der Gerstetter Freundeskreis Integration wollte nach den rassistischen Schmierereien an einem Wohncontainer für Flüchtlinge und Obdachlose mit einem Plakat und einer Mahnwache ein Zeichen gegen Rechts setzen. Vom Rathaus bekommen sie dafür keine Unterstützung.

Sauer, enttäuscht und desillusioniert – so beschreibt Dr. Bernadette Kriening vom Gerstetter Freundeskreis Integration (vormals Freundeskreis Asyl) ihren derzeitigen Gemütszustand. Der Grund: „Ein sichtbares Zeichen gegen Rechts zu setzen, gestaltet sich schwieriger als erhofft.“ Hintergrund: In der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember war ein geplanter Wohncontainer für Flüchtlinge und Obdachlose an der Ecke Bismarck-/Jahnstraße mit Hakenkreuzen und rassistischen Parolen beschmiert worden. „Uns war und ist es ein tiefes Anliegen, dem etwas entgegenzusetzen“, sagt Kriening.

Vom Freundeskreis und der evangelischen Kirchengemeinde war ein Plakat geplant, auf dem der Spruch „Gerstetten ist bunt“ gedruckt und am Bauzaun des Containers im Rahmen einer kleinen Mahnwache angebracht werden sollte. Verziert werden sollte der Zaun mit von Kindern aus Bügelperlen gestalteten Schmetterlingen und Blumen. „Aktuell ist die Anlage einfach nur furchtbar trostlos“, erklärt Bernadette Kriening ihre weitere Intention. „Alleine das Vorbeifahren macht traurig. Ich möchte nicht an die Menschen denken, die dort wohnen sollen. Wir wollten es auch für sie schöner gestalten.“

Aktuell ist die Anlage einfach nur furchtbar trostlos

Bernadette Kriening

Als weitere Idee wurde an das Rathaus herangetragen, den Container in einem Projekt mit einem lokalen Künstler oder den Kindergärten bunt zu bemalen. Das war vor Weihnachten. „Ich hatte da noch den Eindruck, dass man im Ordnungsamt unseren Ideen gegenüber sehr aufgeschlossen war“, so Kriening. Umso größer war die Enttäuschung dann vergangene Woche, als sie sich per E-Mail nochmal an die Gerstetter Verwaltung wandte, um das weitere Vorgehen abzustimmen. „Das Rathaus unterstützt unser Anliegen nicht“, fasst Kriening die Antwort zusammen. Die Begründung: Bürgermeister Roland Polaschek habe bereits in der Weihnachtssitzung des Gemeinderats Stellung zur Sache genommen, sodass die Einstellung der Gemeinde bereits sichtbar geworden sei.

Warum das Rathaus die Anliegen nicht unterstützt

Und wörtlich weiter: „Bei der angedachten Plakataktion sollte dies nicht auf Gemeindegrund erfolgen und gegebenenfalls in Eigenregie, da mit einer öffentlichkeitswirksamen Reaktion gerechnet wird. Berücksichtigen muss man auch, dass wir in den Wahlkampf kommen und wir als Gemeindeverwaltung gegebenenfalls dann auch anderen kritischen Strömungen, die nicht in Ihrem Sinne denken, aber keinen verfassungsfeindlichen Hintergrund haben, die gleiche Plattform geben müssten. Daher bitten wir um Verständnis, dass wir Sie bei diesem Anliegen nicht wie gewünscht unterstützen.“ Die Anregung, den Containern einen schöneren Anstrich zu geben, werde aufgenommen, auch wenn die Baugenehmigung aktuell nur für einen befristeten Zeitraum gelte.

Wenn man hier kein Zeichen setzt, setzt man damit auch ein Zeichen.

Bernadette Kriening

„Ich kann die Wahlkampf-Begründung wirklich nicht nachvollziehen“, sagt Bernadette Kriening. „Offensichtlich gibt es in der Gemeinde große Ängste, aber wenn man hier kein Zeichen setzt, setzt man damit auch ein Zeichen. Und zwar in die falsche Richtung.“ Sie wisse, dass es vor Weihnachten im Rathaus eine interne Sitzung der Mitarbeiter gegeben habe, um Anregungen, Ideen und Befürchtungen der Bürger zu diskutieren. „Es kam nichts dabei heraus, weil Entscheidungsträger wie der Bürgermeister gar nicht teilgenommen haben.“ Dabei müsse man klare Kante zeigen. „Das Thema treibt die Leute hier um. Ich weiß, dass der Bürgermeister von mehreren Seiten per Mail kontaktiert wurde. Als Antwort kam aber nur eine kurze Mail vom Ordnungsamt.“ Ihr falle es schwer, die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. „Wegducken ist hier einfach der falsche Weg.“

Das sieht auch Pfarrer Jürgen Bobzin so. „Es ist bedauerlich, dass die Kommune nichts macht. Die Parolen nur zu überstreichen, das ist ja auch keine Lösung.“ Betroffenheit sei das eine, aber wenn man Probleme nicht angeht, und sie unter den Teppich kehre, sei das eine schlechte Haltung. „Ich habe ja auch nicht für alles eine Lösung. Aber Angst ist generell ein schlechter Ratgeber. Und dagegen hilft nur reden, informieren und diskutieren. Das würde ich mir wünschen.“

Das sagt Gerstettens Bürgermeister Polaschek

Roland Polaschek nahm zur Kritik auf HZ-Nachfrage schriftlich Stellung: „Ich verurteile Schmierereien aller Art, insbesondere, wenn nationalsozialistische Symbole verwendet werden. (…) Wir unterstützen den Freundeskreis (...), haben eine Plakatierung auf unseren Grundstücken aber abgelehnt, da wir der Ansicht sind, dass die Lage ruhig ist, wir aber Reaktionen der Schmierer oder Gleichgesinnter erwarten, wenn hier ein Plakat vor allem in unmittelbarer Nähe der Anlage aufgestellt wird. Wir möchten uns nicht beteiligen und das Thema hochzonen, da beispielsweise Parteien, die im Umgang mit Flüchtlingen andere Ziele verfolgen, sich aus unserer Sicht dann ebenfalls das Recht herausnehmen könnten, an dieser Stelle ein entsprechendes Plakat anzubringen, das uns und dem Freundeskreis nicht gefallen würde (…) Wir möchten nicht, dass unsere Obdachlosen durch Aktionen jeglicher Art stigmatisiert oder gar gefährdet werden. Wir werden die Container mit einem warmen Farbton versehen und im Frühjahr Pflanzungen vornehmen, sodass die Anlage aufgewertet wird (…) Wenn Menschen das Bedürfnis haben, ein Plakat aufzustellen, so stehen wir dem in keiner Weise entgegen, wenn dies auf Privatgrund erfolgt. Gleiches gilt auch für eine Mahnwache, Kundgebung oder Demonstration sonstiger Art auf öffentlichen Plätzen.“