Das Wetter auf der Gerstetter Alb könnte kaum ungemütlicher sein. Zwei Grad, Wind, Regen, später Schneeflocken. Die Heuchlinger Gardena-Mitarbeiter, eingepackt in Schals der IG Metall, nehmen das am Donnerstagnachmittag aber relativ gelassen: "Der Himmel weint mit uns über dieses Angebot", ruft ein Angestellter seinen streikenden Kollegen zu. Mit ein wenig Humor fällt wohl alles leichter - auch ein Arbeitskampf bei widrigen Bedingungen.
Kurz nach 13 Uhr, zum Wechsel der Früh- auf die Spätschicht, haben rund 120 Produktions- und Verwaltungsmitarbeiter die Arbeit niedergelegt bzw. gar nicht erst aufgenommen und sich vor dem Heuchlinger Werk versammelt. "Alle Maschinen stehen jetzt still", bestätigt Betriebsratsvorsitzender André Uhlig den Streikenden und erntet lautstarken Applaus. Fahnen werden geschwenkt, Pfiffe von Trillerpfeifen sind zu hören.
Tarifstreit bei Gardena: Was die Arbeitgeber anbieten und die Arbeitnehmer fordern
Hintergrund für die Arbeitsniederlegung sind Tarifverhandlungen in der baden-württembergischen holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie. Nachdem die Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite vergangene Woche gescheitert sind, hat die IG Metall zum Streik aufgerufen. "Das Angebot, das wir erhalten haben, war schon eine riesige Provokation", ruft Gerald Kurz ins Mikrofon. Als Mitglied der Verhandlungskommission vertritt er die Interessen der Heuchlinger Gardena-Mitarbeiter am Verhandlungstisch.
3,3 Prozent mehr Lohn für eine Laufzeit von 25 Monaten haben die Arbeitgeber ihrem Gegenüber angeboten, dazu eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1000 Euro. "Bei diesem lächerlichen Angebot ist uns die Spucke weggeblieben", lautet Gerald Kurz' Urteil. "Pfui!", schallt es ihm bestätigend von der Belegschaft entgegen. "Pfui!" Bei der nächsten Verhandlungsrunde am Dienstag, 23. Januar, in Neckarsulm, das kündigt Kurz an, wolle man auf dem bereits zu Beginn geforderten Lohnplus von 8,5 Prozent für eine Laufzeit von zwölf Monaten sowie eine Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro beharren.
Kein Luxus, sondern Kino und Bad: So sieht die IG Metall ihre Forderungen
Dass letztere überhaupt Teil der Verhandlungen ist, kritisiert Betriebsratsvorsitzender Uhlig. "Diese Prämie hätte unsere Firma euch schon längst zahlen können. Das wäre die Wertschätzung gewesen, die ihr verdient habt!" Wieder allgemeine Zustimmung, Jubel, Pfeifkonzert. Mit Phillip Boyer kommt auch ein Gewerkschaftssekretär der IG Metall Heidenheim zu Wort: "Es geht ja nicht darum, dass ihr in Luxus leben wollt." Mit den Kindern ins Bad oder ins Kino zu gehen, sollte aus seiner Sicht Standard sein. Aus diesem Grund müsse man standhaft bleiben und auf die 8,5 Prozent mehr Lohn bestehen. Wenn nötig und wetterbedingt unausweichlich, so Boyer weiter, werde man sich sogar noch einmal in den Regen stellen.
Dass die Gardena-Mitarbeiter einem weiteren Aufruf der Gewerkschaft folgen werden, scheint gewiss: "Nur motivierte Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter", lautet die an Boyer gerichtete Antwort aus der Belegschaft. Am Donnerstag aber laufen die Maschinen erst einmal wieder an. Gegen 14.45 nimmt die Spätschicht die Arbeit auf. Das endgültige Ende dieses Warnstreiks bestimmt aber die Nachtschicht. Sie macht am Freitagmorgen eine Stunde früher Schluss.
Verschiedene Tarifverträge
Bei Gardena in Heuchlingen arbeiten rund 330 Mitarbeiter. Sie fertigen Kunststoffteile für die Produkte des Gartengeräteherstellers und zählen daher zur holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie. Die Mitarbeiter des Niederstotzinger Werks hingegen kümmern sich um andere Komponenten der Geräte, beispielsweise Scheren, und werden nach dem Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie bezahlt. In Ulm werden die Komponenten zusammengefügt.