Kur am königlichen Klangkörper

Warum die Orgel der Dettinger Peterskirche zwei Monate lang stumm war

Nach ihrer Rundumsanierung wird die denkmalgeschützte Orgel der Peterskirche in Dettingen am Sonntag wieder ihre Stimme erheben.

Königinnen sollten immer herausgeputzt sein. Das gilt auch für die Königinnen der Instrumente, selbst wenn bei Orgeln die Klangkörperpflege nicht täglich geschehen kann. Viel zu viel Aufwand. Und nicht gerade billig. Doch alle paar Jahrzehnte kommen selbst Orgeln in den Jungbrunnen und dürfen sich am Ende der Prozedur wieder wie neu geboren fühlen.

Allerdings müssen die Instrumente für die Dauer der Ausreinigung, wie eine Wellnesskur für Orgeln in Fachkreisen genannt wird, zwangsläufig stumm bleiben. Und im Falle der Orgel in der Peterskirche in Dettingen hat diese Zeit der Stummheit zwei Monate gedauert. Doch damit ist jetzt Schluss. Ab dem kommenden Sonntag klingt sie wieder.

Bis dahin wird Orgelbaumeister Dirk Banzhaf aus Bergenweiler allerdings immer noch alle Hände voll zu tun haben. Denn immerhin handelte es sich bei dieser Ausreinigung, wie er sagt, um eine „massive Sanierung“. Alles, was in so einer Orgel steckt, musste raus, wurde überprüft, geputzt und wieder eingebaut. Unter anderem wurde die komplette Technik überholt, was zum Beispiel auch die Erneuerung sämtlicher Bälge beinhaltete.

Orgelbaumeister Dirk Banzhaf bei der Arbeit. Foto: Dennis Straub

Schimmelbekämpfung

Ganz zu schweigen vom Schimmel, der sich seit der ersten und bis dato letzten Überholung vor 26 Jahren im Inneren der Orgel breitgemacht hatte. „Was das anbelangt“, sagt Dirk Banzhaf, war das Instrument in einem furchtbaren Zustand. Weshalb alle von Schimmel befallenen Teile nach dem Ausbau mit einer Lösung auf Alkoholbasis eingepinselt wurden, ehe alles, nachdem der Schimmeltöter seine Wirkung getan hatte, fein säuberlich abgesaugt wurde.

Damit sich das mit dem Schimmel nicht wiederholt, wurde im Rahmen der inzwischen abgeschlossenen Dachsanierung in der Peterskirche auch eine automatische Belüftung eingebaut, die die Fenster des Kirchenraums öffnet, sobald die Luftfeuchtigkeit zu stark ansteigt. Das habe, wie Dirk Banzhaf während seiner Arbeit in Dettingen feststellen konnte, bereits zu spürbar besseren Luftverhältnissen geführt.

Die Kosten für die Orgelsanierung in Dettingen belaufen sich auf knapp 40.000 Euro, weiß Pfarrer Christoph Hillebrand. 6000 Euro steuert, wie Bezirkskantor Leonard Hölldampf berichtet, die Berthold-Leibinger-Stiftung mit Sitz auf Schloss Hochdorf in Eberdingen bei Ludwigsburg bei, die sich der Förderung von Kultur, Wissenschaft, Kirche und Sozialem verschrieben hat.

Das maßgeschneiderte Instrument

Die Orgel der Peterskirche erklingt seit 1975. Und sie passt sich dort nicht nur optisch in den Raum ein, sondern sie wurde von dem früheren Heidenheimer Kirchenmusikdirektor, Orgelsachverständigen und Komponisten Helmut Bornefeld zusammen mit der Giengener Firma Link für diese Kirche geradezu maßgeschneidert, auch rein optisch.

Die Orgel ist mit 19 Registern für eine Dorfkirche sehr groß, aber Helmut Bornefeld ließ sich seinerzeit selbstverständlich die Chance nicht entgehen, für diesen wunderbaren Raum, der auch unglaublich gut klingt, ein Instrument ganz nach seinen Vorstellungen zu planen. Bornefeld für Bornefeld, wenn man so will. Dass man die Dettinger Orgel als Kleinod bezeichnen kann, wird niemand bestreiten. Folgerichtig wurde sie im Jahr 2003 auch in eine Liste schützenswerter Kulturdenkmale aufgenommen.

Bemerkenswert in und an der Dettinger Peterskirche ist, wo wir schon mal dabei sind, freilich nicht nur die Orgel. Denn die Kirche selbst wurde 1769 nach den Plänen von Joseph Dossenberger gebaut, dem Baumeister des fürstlichen Hauses Thurn und Taxis, der auch als Erbauer der Dischinger Pfarrkirche St. Johannes Baptist bekannt ist.

Blick auf den Spieltisch der Orgel. Foto: Dennis Straub

Der Pfarrer und „Die Räuber“

Dass dieser auch in Dettingen bauen konnte, ist, wenn man weiß, dass Dossenberger Katholik war, durchaus eine kleine Sensation. Es gab denn diesbezüglich, wie überliefert ist, auch heftige Querelen im Vorfeld, die dann allerdings wohl der aus der Vergangenheit herrührende kurze und direkte Draht des damaligen Dettinger Pfarrers Philipp-Ulrich Moser zu Herzog Carl-Eugen beendete.

Dieser Philipp-Ulrich Moser wiederum, Pfarrer in Dettingen von 1767 bis 1792, war ebenfalls eine recht schillernde Gestalt, wenn man bedenkt, dass er als furchtloser Pastor Moser einen Auftritt im Schlussakt von Friedrich Schillers 1781 erstmals veröffentlichten und 1782 in Mannheim uraufgeführten Drama „Die Räuber“ hatte und immer noch hat. Schiller setzte damit seinem ehemaligen Hauslehrer, der ihn in Lorch bei Schwäbisch Gmünd in Latein und Griechisch unterrichtet hatte, ein ewiges Denkmal – und Dettingen, wenn man so will, gleich mit auf die literarische Weltkarte.

Die Orgelempore in der Peterskirche in Dettingen. Foto: Dennis Straub

Die Glocke im Dorf

Im Glockenstuhl der Peterskirche hängt, zusammen mit drei sehr viel jüngeren Geschwistern, eine der ältesten noch erhaltenen Kirchenglocken im Landkreis Heidenheim: die 760 Kilo schwere und im Jahr 1518 gegossene Herrenglocke, die sogar den Einsturz des Kirchturms am Morgen des Faschingsdienstags des Jahres 1835 unversehrt überstand, obwohl sie an jenem Tag sogar eine ganz Strecke bergab durchs Dorf gepoltert war.

Festgottesdienst und Festkonzert

Die Wiedereinweihung der Bornefeld-Link-Orgel in der Peterskirche in Dettingen wird am kommenden Sonntag, 27. Oktober, selbstverständlich gefeiert. Zunächst ab 9.30 Uhr mit einem Festgottesdienst. Und sodann ab 18 Uhr mit einem Festkonzert, bei dem Bezirkskantor Leonard Hölldampf und der aus Gerstetten stammende und an der Musikhochschule Würzburg studierende Posaunist Frederik Brauer mit Musik von Johann Sebastian Bach, Alexandre Guilmant, Benedetto Marcello und anderen Komponisten zu erleben sein werden. Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten der Orgelsanierung werden angenommen. Mehr zu Orgeln und Glocken im Landkreis Heidenheim unter www.link.hz.de/glocken beziehungsweise www.link.hz.de/orgeln

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