Wie Ellen Schoor mit ihrem toten Mann spricht
Es war ein Hirnschlag, der Claus Schoor vor sieben Jahren plötzlich aus dem Leben riss. Nach 25 gemeinsamen Jahren mit seiner Frau Ellen. Schon kurze Zeit nach seinem Tod hatte die Gerstetterin das Gefühl, dass er weiter anwesend ist. Sogar, dass sie Kontakt zu ihm ins Jenseits aufnehmen kann. Darüber hat sie ein Buch geschrieben, das vor wenigen Wochen erschienen ist. Im Interview spricht sie über das Diesseits, das Jenseits und eine mögliche Verbindung zwischen den Welten.
Wie Ellen Schoor mit ihrem toten Mann im Jenseits Kontakt aufnimmt
Frau Schoor, Ihr Mann ist vor sieben Jahren gestorben. Sie haben ein Buch über die Gespräche geschrieben, die sie nach seinem Tod mit ihm geführt haben wollen. Ist das wirklich Ihr Ernst?
Ich bin nicht die Erste, die Nachtod-Gespräche führt. Und auch nicht die Erste, die darüber ein Buch geschrieben hat. Es gibt viele Erfahrungsberichte.
Wenn der Partner nach so langer Zeit plötzlich stirbt, ist das ein Schock. Vermutlich sprechen viele Trauernde mit Verstorbenen. Aber nur die wenigsten glauben wohl, dass sie auch antworten. . .
Mir haben immer wieder Leute erzählt, dass sie sich im Geist mit den Verstorbenen unterhalten. Viele sprechen in der Öffentlichkeit nicht oder noch nicht darüber. Wenn mir kurz nach Claus‘ Tod jemand gesagt hat, dass ich mir alles einbilde, hat mich das sehr getroffen und zurückgeworfen, aber inzwischen ist das anders. Wer nicht in diese Richtung schauen will, muss einen anderen Weg gehen.
Hören Sie seine Stimme?
Nein, das sind Gedanken.
Dann ist es doch wahrscheinlicher, dass Sie einen inneren Dialog mit sich führen?
Natürlich könnten es meine eigenen Gedanken sein. Am Anfang hatte ich auch Zweifel. Aber wenn Claus mit mir über das Jenseits oder seinen Tod spricht und ich das danach aufschreibe, dann kommt das wie aus einem Guss. Das ist eher wie eine Durchsage und ganz anders, als wenn ich selbst einen Text schreibe. Da muss ich viel korrigieren, umstellen, verbessern. Der Unterschied ist ganz deutlich.
Ist das eine Gabe oder kann man das lernen?
Ich war immer spirituell und habe mich mit solchen Dingen schon früher beschäftigt. Bei einem Channel-Kurs habe ich gelernt, Vertrauen in das zu haben, was mir in den Kopf kommt.
Ein Channel-Kurs?
Beim Channeln wird man ein Kanal für höhere Energien. Im Kurs haben wir mit unterschiedlichen Energien Kontakt gehabt.
Würden Sie sich als hellsichtig bezeichnen?
Nicht in Bezug auf die Zukunft. Aber ich spüre Energien, die nicht sichtbar sind.
Was haben Sie nach dem Tod Ihres Mannes gespürt?
Mir war klar, dass er nicht einfach weg ist, sondern irgendwie immer wieder da ist. Ich habe seine Präsenz und Unterstützung gefühlt. Wenn er mich nicht unterstützt hätte, hätte ich die Beerdigung wohl nicht durchgestanden.
Müssen Sie Claus rufen? Oder wie nehmen Sie Kontakt auf?
Nein, ich muss ihn nicht rufen. Wenn ich das ganz dringende Bedürfnis habe, mit ihm zu reden, dann fange ich an mit ihm zu sprechen und meistens antwortet er auch.
Der Gedanke, dass Verstorbene nicht einfach weg sind und einem sogar antworten, ist natürlich tröstlich. Sind Sie auf die Idee gekommen, dass Sie einfach zu stark trauern, nicht loslassen können oder vielleicht eine psychische Erkrankung entwickeln?
Im ersten Trauerjahr hatte ich oft Zweifel, ob ich mir etwas einrede. Aber als ich angefangen habe, die Gespräche aufzuschreiben, war ich mir sicher, dass es nicht so ist. In einer Phase, in der es mir sehr schlecht ging, hat mir Claus versichert, dass ich nicht depressiv werde. An dieses Versprechen habe ich geglaubt.
Haben Sie darüber auch mit anderen Menschen gesprochen?
Eine befreundete Therapeutin hat mich sehr unterstützt.
Ist sie Psychologin?
Nein, Heilpraktikerin und Körpertherapeutin. Bei den Behandlungen hatte sie genau wie ich das Gefühl, dass mein Mann oft präsent ist.
Was heißt präsent?
Wir hatten das Gefühl, dass er an meiner Seite ist.
Als Person?
Eher als Wärme oder als rotes Licht.
Wie eine Wärmelampe?
Eher wie ein Energieball.
Sie wurden also von anderen Leuten in Ihrer Wahrnehmung bestätigt. . .
Ja, auch durch einen Vortrag des Sterbeforschers Bernard Jakoby. Er hat Hunderte oder Tausende Erfahrungsberichte von Leuten erfasst und literarisch zusammengestellt. Das hat mir nochmal gezeigt, dass ich mit meinen Erfahrungen nicht alleine bin. Man kann Nahtoderlebnisse oder Nachtod-Gespräche nicht beweisen, aber es passiert so oft, dass Menschen den Verstorbenen präsent fühlen. Oft wird ein Geruch, der mit der Person verknüpft ist, wahrgenommen. Oder es gibt die Phänomene, dass plötzlich Lampen flackern oder Uhren klingeln. Man kann das natürlich belächeln. Aber ich glaube, das können Zeichen von der anderen Seite sein.
Nahtoderlebnisse sind bekannter als Nachtod-Gespräche. Menschen berichten von einem Licht oder davon, dass sie Bekannte sehen. Aber das ist doch biologisch begründbar. Das Gehirn schüttet Botenstoffe aus, um den Sterbeprozess zu erleichtern.
Ich glaube nicht, dass Nahtoderlebnisse auf Gehirnprozesse zurückzuführen sind. Ein Neurochirurg namens Eben Alexander hat darüber ein Buch geschrieben. Er hat selbst so etwas erlebt und es danach erforscht. Nachdem er sich mit Tollwutbakterien angesteckt hatte, war sein Gehirn eine Weile lang nicht funktionsfähig und er hatte trotzdem ein Nahtoderlebnis. Er kam zu dem Schluss, dass es eine Existenz außerhalb des Körpers geben muss.
Was glauben Sie, wo ist denn Ihr Mann jetzt? Im Himmel? Und was ist er?
Ja, er ist im Himmel, aber auch hier, beides ist gleichzeitig möglich. Und er ist das, was wir nach dem Tod sind. Feinstoffliche energetische Wesen.
Was bedeutet das? Ist er seine Seele?
Das kommt drauf an, wie man Seele definiert. Ich würde sagen, wir sind Schwingung. Und unser Körper ist grobstofflicher Ausdruck dieser Schwingung. Einstein hatte ja auch herausgefunden, dass Materie Schwingung ist.
Wie ist es dort, wo Ihr Mann ist?
Das ist schwierig für uns nachzuvollziehen. Die Wahrnehmung ist auf der anderen Seite viel umfassender. Es passiert praktisch alles gleichzeitig und ist nicht auf einen Ort und eine Zeit beschränkt. Zeit gibt es dort nicht. Das sprengt unsere Vorstellungskraft. Ich habe den Eindruck, dass Claus alles sehen und hören kann, was bei uns passiert.
Allwissenheit ist im Christentum eigentlich nur Gott vorbehalten. . .
Das stimmt. Aber eigentlich hat jeder das Göttliche und das Wissen in sich. Menschen, die sich dessen bewusst sind, kann man aber schlechter kontrollieren. Es war die Kirche, die die Kommunikation mit Gott nur Pfarrern oder höher Geweihten vorbehielt. Das machte die Menschen klein und man hatte sie leichter im Griff. Menschen, die mehr wussten, etwa Hebammen, wurden früher als Hexen verbrannt. Zum Glück muss man heutzutage keine Angst mehr haben. Es ist erlaubt, dass jeder den göttlichen Kern in sich entdeckt.
Wenn ich Ihr Buch richtig verstehe, glauben Sie daran, schon öfter gelebt zu haben. Sind Sie Buddhistin oder Christin?
Inzwischen würde ich sagen, ich bin Christin. Aber es ist für mich schlüssiger, an weitere Leben davor zu glauben.
Das klingt doch sehr nach buddhistischen Lehren . . .
Ich dachte auch lange, dass ich meine Wurzeln im Buddhismus suchen muss. Aber der Glaube an frühere Leben ist nicht nur dem Buddhismus vorbehalten, auch im christlichen Glauben war die Reinkarnation bis zum vierten Jahrhundert ein Thema. Ich habe mit ungefähr 20 angefangen zu meditieren, da erfährt man Dinge, die man im normalen Tagesbewusstsein nicht wahrnimmt. Aber auch Menschen in christlichen Klöstern meditieren und erfahren erweiterte Bewusstseinszustände. Es gibt verschiedene Wege, seinem Innersten näherzukommen.
Sie suchen sich also nicht nur aus allen Religionen aus, was Ihnen am sympathischsten ist, sondern glauben, dass alle Religionen eine Wurzel haben und die Unterschiede nur von Menschen gemacht sind?
Ich habe keine Forschungen betrieben. Aber das Zentrale ist für mich die allumfassende Liebe und die gibt es in jeder Religion.
Glauben Sie an einen Gott?
Prinzipiell tue ich mich mit dem Begriff Gott schwer. Er ist belegt mit dem unerreichbaren Vater. Ich denke, es gibt eine allumfassende Existenz, aus deren Energie und Liebe alles entsteht.
Dann muss man natürlich die Theodizee-Frage stellen: Es gibt so viel Elend und Schlechtes in der Welt. Warum greift diese allumfassende Existenz nicht ein? Und wenn es so wäre, dass jeder im Jenseits alles sieht und hört, dann könnten die doch auch eingreifen?
Sie meinen, wozu das ganze Spiel hier gut sein soll. Ja, das ist die Frage. Irgendwie ist die Erde ein Spielball. Und wir sollen alle Tiefen und Höhen erfahren.
Das hier ist ein Versuchslabor?
Man könnte es manchmal meinen. Aber wenn man von der ganzheitlichen Seite kommt, dann haben wir uns selbst vor unserem Leben entschieden, was wir hier erfahren wollen. Das ist schwierig vorstellbar. Aber ich denke, wir hatten alle schon dunkle und helle Leben. Und in dunklen Leben macht man schlechte Erfahrungen und muss versuchen, bessere Wege zu finden.
Sie schreiben, dass Sie und Claus die Aufgabe haben, das Diesseits und das Jenseits miteinander zu verbinden. Das ist ja nun wirklich, sagen wir mal, eine immense Aufgabe. Warum sind Sie und Claus dafür vorgesehen?
Wie gesagt, wir sind damit nicht allein. Es gibt viele Menschen, die das versuchen. Das Besondere ist vielleicht, dass Claus mir Zugang zu Weisheiten geben kann, aber er auch über ganz konkrete Dinge spricht.
Ich finde die Aussagen von Claus in Ihrem Buch nicht konkret. Ein paar Beispiele: „Jeder hat seine Aufgabe, kein Leben und keine Erfahrung ist sinnlos, es gibt keine Zufälle.“ Das sind doch Allgemeinplätze.
Ich will nicht behaupten, dass ich nur die allerhöchsten Weisheiten zusammengesammelt habe. Aber ich finde es wert, das nochmal zu sagen. Gerade für Menschen, die auf der Suche sind oder zweifeln.
Das klingt natürlich alles tröstlich. Und Menschen glauben gern daran, weil solche Sätze die Angst vor dem Tod oder vor der Sinnlosigkeit des eigenen Lebens nehmen können. Aber auch wenn jeder hofft, dass diese Dinge zutreffen, müssen sie ja noch lange nicht wahr sein.
Ob man es für wahr hält, ist die Entscheidung jedes Einzelnen.
Sie glauben es zu 100 Prozent?
Ja, ich bin mir inzwischen ganz sicher, dass es so ist.
Im Prinzip würde sich das ja ganz leicht überprüfen lassen. Sie müssten Claus nur eine konkrete Frage stellen. Könnten Sie mit ihm Kontakt aufnehmen und ihn fragen, wie mein Opa mütterlicherseits hieß?
Dieses Prüfenwollen ist schwierig für mich.
Können Sie fragen, um mich zu überzeugen?
Ich kann es versuchen (längere Stille). Hieß der Vater ihrer Mutter Hartmut?
Nein, Georg.
Gut, dann lassen wir das einfach. Es gibt mediale Menschen, die solche Fragen beantworten können, aber ich habe mich mit Claus nie auf so etwas konzentriert. Und im Jenseits lässt man sich auch nicht gerne testen.
In Ihrem Buch zitieren Sie Ihren verstorbenen Mann. Er sagt, dass wenn eine Beziehung zwischen zwei Menschen stark genug ist, dass sie dann nach dem Tod Bestand hat. Das müsste ja bedeuten, dass jedes Elternteil, das ein Kind verloren hat, auch in Kontakt mit ihm treten könnte.
Prinzipiell könnte jeder über diese Grenze hinweg Kontakt haben. Aber man muss eine gewisse Offenheit dafür haben. Es wird oft beschrieben, dass die andere Seite gerne Kontakt aufnehmen würde. Aber wenn man hier im Diesseits denkt: Das geht nicht, dann geht es halt nicht.
Das simple Sender-Empfänger-Modell also?
Ja.
Sie haben Maschinenbau studiert. Wie passt das mit Ihrer Spiritualität zusammen?
Ich bin eigentlich ein sehr konkreter und sehr realistisch denkender Mensch. Mein rationaler Geist hat auch immer viel angezweifelt und das ist auch gut so. Aber von meiner Veranlagung bin ich eben auch spirituell und habe schon während des Studiums meditiert.
Kennen Sie Astro-TV? Da wird auch gechannelt, mit der toten Verwandtschaft gesprochen und in die Zukunft geschaut. Man hat aber schnell den Eindruck, dass es nur darum geht, leichtgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Verbinden Sie sich auch für Geld mit dem Jenseits?
Das habe ich noch nie gemacht und habe es auch nicht vor. Kontakt aufzunehmen ist anstrengend und insofern kann ich es verstehen, dass man als Medium Geld als Gegenleistung nimmt. Aber Zukunftsprophezeiungen sehe ich sehr kritisch. Es gibt einfach unendlich viele mögliche Wege, die man in der Zukunft einschlagen kann. Ich würde da immer die Finger davonlassen.
Haben Sie nicht Angst, dass Ihr Buch als Blasphemie empfunden wird?
Ich habe natürlich Angst, dass das passieren könnte. Aber ich habe das Gefühl, dass es an der Zeit ist, darüber zu reden. Das Buch macht mich angreifbar, aber ich fühle mich dennoch geschützt.