Junge Talente

Wofür fünf junge Menschen aus Gerstetten einen begehrten Preis erhielten

Zum 33. Mal wurde der Preis der Gerstetter Wirtschaft verliehen. Diesmal wurden fünf junge Menschen aus Gerstetten ausgezeichnet. Drei von ihnen wählten einen ungewöhnlichen Start in die akademische Laufbahn.

Was haben Lebensmittelchemie, Holzbearbeitung oder Motorentechnik miteinander zu tun? Auf den ersten Blick wenig, aber die Gäste der Verleihung des Preises der Gerstetter Wirtschaft lernten am Freitagabend im Bahnhotel manches über diese und weitere Themenfelder.

Fünf junge Menschen zeichnete der Vorsitzende der Stiftung „Preis der Gerstetter Wirtschaft“, Jürgen Truckenmüller, aus. Eigentlich hätten es nur drei sein sollen, aber das hohe Niveau der eingereichten Bewerbungen habe der Jury keine Wahl gelassen. Es mag schlimmere Qualen für ein Auswahlgremium geben.

Bewerbungen hatten wieder ein hohes Niveau

Mit dem mit 1500 Euro dotieren ersten Preis zeichnete T+H-Geschäftsführer Truckenmüller Vanessa Partsch aus. Die 26-Jährige besuchte in Gerstetten die Grundschule, machte ihr Abi am Heidenheimer Werkgymnasium, studierte Ernährungswissenschaften in Hohenheim und erhielte die glatte 1,0 für ihre Bachelorarbeit wie für die Master-Arbeit in Lebensmittelchemie, die sich an der Uni Wien schrieb. Seit gut einem Jahr ist sie in Wien Doktorandin.

Alexander Hitzler schloss an seinen Realschulabschluss in Gerstetten eine Mechatroniker-Ausbildung bei Voith in Heidenheim an, bevor er bei Röhm (Sontheim/Brenz) ein duales Maschinenbau-Studium aufnahm. Die Untersuchungen für seine 1,0-Masterarbeit absolvierte Hitzler bei BSH in Giengen. Mittlerweile ist der 27-Jährige bei Zeiss SMT in Oberkochen Ingenieur. Hitzler erhielt ebenso einen mit 1000 Euro dotierten zweiten Preis wie Jens-Sebastian Nieß, der gleich zu Beginn für Heiterkeit mit der Ansage für Heiterkeit sorgte, er werde keinesfalls Hochdeutsch sprechen. Er hielt sein Wort.

Dem Holz über die ganze Ausbildung hinweg treu geblieben

Der 31-Jährige nahm nach dem Abitur am Heidenheimer Hellenstein-Gymnasium eine Schreinerlehre auf und wurde glatt Innungsbester. Nieß blieb dem Holz treu und mache sowohl einen Bachelor- als auch Master-Abschluss in Holztechnik und arbeitet jetzt als Anwendungstechniker mit Schwerpunkt Möbelindustrie bei Leitz in Oberkochen („Nicht die mit den Ordnern“).

Nieß warb eindringlich für eine Ausbildung als Start ins Berufsleben. Eine Einschätzung, die sich bei zumindest bei den Preisträgern dieses Jahres zu bestätigen scheint. Neben Hitzler und Nieß hatte auch Fabian Karle (dritter Preis, dotiert mit 500 Euro) nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung absolviert. Nach einem mittelprächtigen Abi habe ihm die Mechatronikerlehre den notwendigen Schub verpasst, um in Stuttgart einen Master in Fahrzeug- und Motorentechnik zu erlangen. Seit Mai 2022 arbeitet Karle als Integrationsingenieur bei Porsche.

Ebenfalls mit einem dritten Preis wurde Tabea Benz ausgezeichnet. Die 30-Jährige bezeichnete den Preis der Gerstetter Wirtschaft als besondere Ehre: „Jeder kennt diesen Preis.“ Nach Grund- und Realschule in Gerstetten und Abitur am Wirtschaftsgymnasium fand Benz nach ihrem Wirtschaftsstudium zunächst ihren „Traumjob“ bei Porsche, wo sie an Vertriebsstrategien mitarbeitete. Seit wenigen Wochen habe sie mit etwas größeren Motoren zu tun – sie arbeitet bei MAN in Augsburg, wo Schiffsmotoren hergestellt werden. Nebenbei hat sie mit ihrer Schwester ein eigenes Unternehmen gegründet.

Landrat Polta sagt weitere Unterstützung für die Bildungslandschaft zu

Angesichts dieser Bildungs- und Ausbildungserfolge blieb Landrat Peter Polta in seinem Grußwort beinahe nichts Anderes übrig, als die Unterstützung des Landkreises bei der Entwicklung der Schulstandorte zuzusagen. Ein, so Polta, „Mammutprojekt“ wird dabei die Sanierung des Berufsschulzentrums im Heidenheimer Heckental sein, das nach derzeitigem Stand 84 Millionen Euro kosten wird.

Als Stellvertreterin von Bürgermeister Roland Polaschek, der zeitgleich die Hauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Gerstetten besuchte, würdigte Gemeinderätin Elisabeth Dauner die Leistungen der Preisträgerinnen und Preisträger. „Ehrgeiz und Wille, Wissen zu erweitern und Erfahrungen zu sammeln“ eine die Geehrten. Gleichzeitig mache ihr Erfolg die ganze Gemeinde stolz, so Dauner, zeige dies doch auf, dass Gerstetten „in den vergangenen Jahren vieles gut und richtig auf den Weg gebracht hat“.

Rassistische Schmierereien sind eine "Schande" für Gerstetten

Wie zuletzt schon im Gemeinderat diskutiert, bedauerte auch Dauner die aufwändigen archäologischen Grabungen auf dem Gemeindegebiet, die Kosten verursachten und für Verzögerungen bei den geplanten Neubauten von Gardena in Heuchlingen sorgten. Dass kurz vor Weihnachten für Obdachlose und Geflüchtete vorgesehene Wohncontainer in Gerstetten mit rassistischen Parolen besprüht worden waren, bezeichnete Dauner als „Schande“ und fügte hinzu: „Ich hoffe, dass die Verantwortlichen sich eines Tages ihrer Tat bewusst werden und zur Rechenschaft gezogen werden.“

Mahnende Worte fand Jürgen Truckenmüller für die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Krisen in der Welt und die Unsicherheit in Bezug auf den künftigen US-Präsidenten seien ebenso problematisch wie die deutsche Wirtschaftspolitik, die „ohne Strategie in die Rezession“ führe. Die Bürokratie müsse abgebaut werden, das Land müsse zu Wachstum zurückkehren können.

Wirtschaft aus ganz praktischer Sicht haben Franz Nerd und Pfarrer Jürgen Bobzin im Sinn, die das Publikum für ihre Vision einer Genossenschaft für den Betrieb des Bahnhotels zu begeistern versuchten.

Erfolge auch in der Musik

Bildungserfolge gibt es in Gerstetten nicht nur in beruflicher Hinsicht: Den musikalischen Rahmen der Preisverleihung gestalteten vier Gerstetter Musikschülerinnen und -schüler, die allesamt zu den aktuellen Preisträgern von „Jugend musiziert“ zählen. Neben Posaunist Frederik Brauer traten Tessa Marie Cikos (Querflöte), Miriam Berger (Posaune) und Polina Latun (Klavier) im Bahnhotel auf.

Jetzt neu: Die HZ auf WhatsApp kostenlos abonnieren – Hier klicken und alle News aufs Handy bekommen.

undefinedundefined