Leserbrief

Bald wieder ein bisschen stolz auf Giengen?

Leserbrief zum Diebstahl der israelischen Flagge vor dem Giengener Rathaus und zur Reaktion darauf:

Bald wieder ein bisschen stolz auf Giengen?

Gerade mal vier Wochen ist der bestialische Überfall der Hamas auf Israel her. Das Resultat: 1400 ermordete Israelis, über 5000 Verletzte und 230 Entführte von der Oma bis zum Baby. Kurze Zeit später hisst Giengen die israelische Flagge, neben der ukrainischen und der Giengen-Flagge. Super, denke ich: Die Empathie mit den Opfern findet einen Ausdruck, und Israel als Staatsräson ist nicht nur ein Lippenbekenntnis.

Wenige Tage später reißen Kriminelle die Israel-Flagge von der Fahnenstange und versuchen, das Rathaus in Brand zu setzen. Das Entwenden der Flagge teilt Giengen mit über 30 Kommunen im Lande, zum Teil mehrfach. Gut, denke ich: Von solchen verwirrten Bürgern lässt die Stadt sich nicht irritieren und kauft einfach eine neue Israel-Flagge. Ich warte ein paar Tage, dann frage ich im Rathaus nach. Antwort: Die Flagge wird nicht ersetzt, weil wir mit der Siedlungspolitik der Israelis nicht einverstanden sind und weil (Zitat) „in den letzten Jahrzehnten beide Seiten Schuld auf sich geladen haben“.

Ich reibe mir verwundert die Augen. Die Solidarität mit den Opfern endet also, wenn eine Gruppe sich politisch nicht so verhält, wie wir in Deutschland es erwarten. Eigentlich bin ich sprachlos und kann es nicht fassen. Ist das wirklich die Position meiner Stadt? Beschließt das der Oberbürgermeister, die Stadtverwaltung oder der Stadtrat? Wie man es dreht und wendet: Wenn die Israel-Flagge nicht wieder aufgehängt wird, dann haben die Verbrecher gewonnen, welche die Flagge abgerissen haben. Und die Staatsräson ist die Brenz hinunter geschwommen.

Ich habe einen Vorschlag: Wie wäre es, wenn die Israel-Flagge so lange wieder aufgehängt würde, bis die letzte israelische Geisel aus dem Gaza-Streifen freigelassen ist. Die Begründung kann man gut kommunizieren und sogar als Aufsteller unter den Fahnenmasten stellen. Dann wäre ich auf meine Stadt wieder ein bisschen stolz.
Karl-Heinz Müller, Giengen