Sollte es in Giengen je auf breiter Linie eine Euphorie für den Glasfaserausbau gegeben haben, ist davon nicht mehr viel zu spüren. In der jüngsten Giengener Gemeinderatssitzung war jedenfalls in Bezug auf den Anbieter BBV, mit dem die Stadt eine Kooperationsvereinbarung geschlossen hat, mehr oder minder deutliche Kritik zu hören.
Sie haben noch nicht einmal angefangen.
Alexander Fuchs, Bürgermeister Giengen
Stadträtin Karin Häußler (CDU-Wählerblockfraktion) berichtete, es gebe bei etlichen Interessenten an einem Glasfaseranschluss Unsicherheit, wie es mit dem geplanten Ausbau weitergehen wird. Etliche Grundstückseigentümer seien sich nicht sicher, wie sie etwa mit Hausanschlüssen umzugehen hätten. In Vorleistung gehen und selber Leerrohre verlegen, wenn der Vorgarten eh neugestaltet wird? Auf den Anbieter warten? Oder könnte womöglich die Stadt Hausanschlüsse vorverlegen?
Der Zeitplan für Giengen ist längst überholt
Letzterer Idee erteilte Bürgermeister Alexander Fuchs eine Absage. Schon aus rechtlichen Gründen könne die Stadtverwaltung nicht in das Marktgeschehen eingreifen. Allerdings sei es schon jetzt Praxis, dass die Breitbandversorgung Deutschland, kurz BBV, bei größeren Tiefbaumaßnahmen Leerrohre mitverlege.
Was allerdings den größten Brocken angeht, nämlich den Glasfaserausbau für weite Teile des Stadtgebiets, fischt mittlerweile auch die Stadtverwaltung im Trüben. In der im Oktober 2022 geschlossenen Vereinbarung sei von einem Abschluss der Arbeiten im Jahr 2025 die Rede gewesen. „Sie haben aber noch nicht einmal angefangen“, so Fuchs mit Blick auf die BBV.
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Aus Verhandlungen mit der BBV berichtete Bürgermeister Fuchs im Gemeinderat, in Bezug auf Giengen sei „alles safe“. Zu Details eines möglichen Zeitplans äußere sich BBV aber auch gegenüber der Stadtverwaltung nicht, die Gespräche seien „sehr zäh“. Die Planungen für den Ausbau liefen zwar weiter, man sei aber „hoffnungslos hintendran“.
Mit genauen Terminen ist man seitens des Anbieters mittlerweile zurückhaltend geworden. Die Übernahme der BBV-Muttergesellschaft Infrafibre Germany durch das Unternehmen Unsere Grüne Glasfaser (UGG) sei zwar Anfang Dezember 2024 von den zuständigen Behörden genehmigt worden, so BBV-Sprecher Olaf Urban-Rühmeier auf Anfrage der HZ. Dies habe jedoch „mögliche innerbetriebliche Änderungen und Anpassungen zur Konsequenz, die derzeit geprüft werden“. Daher könne das Unternehmen „heute noch keine konkreten Aussagen zu Baustarts sowie weiteren Projekten treffen“.
Gespräche zwischen Stadt und BBV gelten als „zäh“
Ende 2024 war die BBV von UGG gekauft worden. Das 2020 von Allianz und Telefónica gegründete Gemeinschaftsunternehmen versteht sich als Anbieter moderner FTTH-Netze, die Glasfaserkabel werden also bis ins Haus verlegt. Diese Netze stellt UGG auch anderen Internet-Anbietern zur Verfügung. In der traditionellen Weihnachtspressekonferenz der Stadt Giengen im vergangenen Dezember ging Oberbürgermeister Dieter Henle davon aus, dass sich die Übernahme der BBV positiv auswirken und beispielsweise die finanzielle Basis der BBV stärken werde.
Damals nahm Henle auch noch an, dass im Frühjahr 2025 der lange erwartete erste Spatenstich für den Glasfaserausbau durch die BBV stattfinden werde. Wenige Monate zuvor war seitens der BBV sogar noch ein Baustart im Herbst 2024 kommuniziert worden. Ganz konkret sollte es in Hürben losgehen. Diese Termine sind hinfällig.
Stadt hat Leerrohrnetz verkauft
Das Unternehmen BBV will für die Errichtung des Glasfasernetzes nicht nur selbst Leitungen verlegen, sondern greift auch auf bereits bestehende Infrastruktur zurück. Aus diesem Grund hat der Giengener Gemeinderat im April 2024 beschlossen, das vorhandene Leerrohrnetz für gut 600.000 Euro an die Firma Infrafibre Germany zu verkaufen. In den Vertrag sollte ein Rückkaufsrecht für die Stadt integriert werden, um sich abzusichern, dass der Ausbau auch tatsächlich erfolge.