Fahnen geklaut und Feuerwerkskörper geschossen: Brandanschlag aufs Giengener Rathaus?
In der Nacht zum Samstag ist auf das Giengener Rathaus ein Brandanschlag verübt worden. Außerdem wurden die Flaggen der Ukraine und des Staates Israel, die vor dem Rathaus aufgehängt waren, gestohlen. Wie Sven Vrancken, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ulm, am Samstag sagte, war noch am Vormittag eigens eine Ermittlungsgruppe eingerichtet worden, um die Straftaten aufzuklären.
Staatsschutz und Generalstaatsanwaltschaft ermitteln
Nach aktuellem Ermittlungsstand wurden in der Nacht zum Samstag im Erdgeschoss auf der Seite der Rathausgasse zwei Fenster zerstört. Die Fenster gehören zu Büros des Ausländeramts der Stadt Giengen. In den Räumen wurden Vrancken zufolge Feuerwerkskörper gefunden, weshalb die Polizei auch wegen versuchter Brandstiftung ermittelt.
Ob die Feuerwerkskörper brannten, ob sie ins Gebäude geschossen oder geworfen wurden und um welche Art Feuerwerk es sich handelt, wird dem Pressesprecher zufolge noch ermittelt. Auch über die Höhe des entstandenen Schadens gibt es noch keine Angaben.
Am Samstag waren auch die Kriminalpolizei und die Spurensicherung vor Ort. Da bei den Taten ein politischer Hintergrund nicht auszuschließen ist, werden die Ermittlungen von der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart und der Abteilung Staatsschutz der Kriminalpolizei Ulm geführt. Hinweise zu möglichen Tätern gibt es derzeit noch nicht, aber die Polizei sucht Zeugen, die in der Nacht zum Samstag im Bereich der Innenstadt Beobachtungen gemacht haben.
In einer Erklärung von Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle heißt es, dass es nur durch großes Glück nicht zu massiven Schäden am Gebäude gekommen sei: "Die Stadt Giengen verurteilt diesen Anschlag." Mit dem Hängen der Flaggen dokumentiere die Stadt ihre Solidarität mit den Kriegsopfern in der Ukraine und den Opfern des Terroranschlags der Hamas am 7. Oktober in Israel. "Wir stehen fest zu den unschuldigen Opfern in beiden Konflikten - die Flaggen sind Symbol dafür", heißt es in der Stellungnahme.
Proteste gegen israelische Fahne
Da der Konflikt im Nahen Osten vielschichtig sei, hat die Stadt zur israelischen Flagge eine ergänzende Erklärung abgegeben, die unter anderem im Schaukasten des Rathauses zu finden sei. "Während die ukrainische Flagge vor unserem Rathaus bisher nicht zu Protesten geführt hat, haben wir auf das Hängen der israelischen Flagge hin bereits schriftliche Proteste erhalten. Wir betrachten sie wie alle anderen kritischen Anfragen als wichtige Beiträge, mit denen wir uns ausführlich auseinandersetzen und haben sämtliche Anfragen differenziert beantwortet", schreibt OB Henle.
Wir betonen daher, dass die israelische Flagge unsere Solidarität mit den Opfern des Terrorakts der Hamas beinhaltet.
Dieter Henle, Oberbürgermeister der Stadt Giengen
"Gleichzeitig verwehren wir uns klar gegen gewaltsame Übergriffe. Das Abreißen von Fahnen, das Einwerfen von Fenstern, der Einsatz von Feuerwerkskörpern und vergleichbare Aktionen gehen über die in einer Demokratie akzeptablen Formen der Auseinandersetzung hinaus und werden daher ausnahmslos zur Anzeige gebracht", heißt es in der Erklärung. Zugleich weise die Stadt klar darauf hin, dass der Konflikt der Gruppen im Nahen Osten "nicht bei uns gewaltsam ausgetragen werden kann und darf. Wir sind der festen Überzeugung, dass nur friedliches Miteinander unsere Zukunft weltweit sein kann und bleiben daher für alle Seiten jederzeit auf friedliche Weise gesprächsbereit."
Wie es in der Erklärung zur israelischen Flagge dargestellt wird, sei man sich bewusst, dass die seit Jahrzehnten hochgekochte Stimmung im Nahen Osten verbunden mit Eskalationen aller Seiten zu einer hohen Sensibilität führt, die eine uneingeschränkte Solidarität mit einer Seite erschwere, wenn nicht unmöglich mache. "Wir betonen daher, dass die israelische Flagge unsere Solidarität mit den Opfern des Terrorakts der Hamas beinhaltet. Die Hamas stürzt damit auch ihre friedlichen palästinensischen Mitbürger in eine schreckliche Situation. Es geht uns um klaren Protest gegen diesen Terrorakt im Sinne der Opfer in Israel", heißt es in der Erklärung.
Fahne hing erst kurz
Die Flagge des Staates Israel hing erst wenige Tage vor dem Giengener Rathaus. "Wir haben uns die Sache nicht leicht gemacht, es ist schwierig, sich korrekt zu verhalten", hatte OB Dieter Henle dazu erklärt. Die Flagge richte sich in keiner Weise gegen palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten und beziehe sich nicht auf die aktuellen Kampfhandlungen.