Wo früher Stadtgeschichte geschrieben wird, ist es heute eher unansehnlich: Die Rede ist von der Wildbadquelle an der Unteren Marktstraße. Die natürliche Quelle war früher, mindestens ab dem frühen 16. Jahrhundert, sogar Badeanstalt, die bis 1906 betrieben wurde. Heute ist die Quelle mit einem Glashäuschen überbaut.
Das soll sich ändern. Das Häuschen soll abgebaut werden, die Quelle freundlicher gestaltet werden. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, die Quelle mit einem Schacht zu überbauen, deren Abdeckung in einem Pflanzbeet liegt. Umschlossen werden soll dies mit einer runden Sitzbank aus Sichtbetonelementen und Robinienholzauflagen.
Die Stadtverwaltung hatte zudem bereits in einer Ausschusssitzung des Gemeinderats vorgeschlagen, den Platz um eine Skulptur zu bereichern. Abgebildet werden sollte beispielsweise eine badende Frau.
Die Mitglieder des Ausschusses konnten sich nicht einigen und beschlossen, das Thema im Gesamtgremium zu beraten. Im Ausschuss wurde zudem angeregt, dass das Tiefbauamt in Person von Helmut Schönberger Kontakt mit Bildhauer Karl Ulrich Nuss aufnehmen soll. Der Künstler hatte auch die Panscherfigur am Brunnen vor dem Rathaus hergestellt.
Künstler hatte großes Interesse gezeigt
Im Gemeinderat berichtete Schönberger, dass Nuss sehr großes Interesse zeige, eine weitere Figur für Giengen zu schaffen. Doch daraus wird nichts - obwohl Oberbürgermeister Dieter Henle eine Skulptur auch als "Wertschätzung dieses historischen Orts" bezeichnete.
In der Diskussion ging es zunächst nicht um die Skulptur, sondern um Pflanzen: Stadträtin Gabi Fetzer (CDU) meinte, sie müsse sich "sehr darüber wundern, dass als Bepflanzung eine Felsenbirne" angedacht sei. Die mache mit ihren kleinen blauen Beeren „saumäßig Dreck“ und es sei zudem nicht gut, wenn man sie esse.
Außerdem, so Fetzer, müsse sie sich, insbesondere im Hinblick auf die Kosten, fragen, ob man an dieser Stelle wirklich eine Skulptur brauche und ob dieser Platz überhaupt so frequentiert werde. Ohne Skulptur und ohne Felsenbirne könne sie diese Maßnahme gerade noch „so durchwinken“.
Oberbürgermeister Henle hielt die Kosten für die Skulptur, im Gespräch waren etwa 50.000 Euro, für gerechtfertigt. Wenn man sich den Skulpturen-Erlebnispfad anschaue – auch was die Langlebigkeit der Skulptur angehe – stehe das für ihn in einem stimmigen Verhältnis.
Stadtrat Jörg Bayer (CDU) war der Ansicht, man solle kein Geld für eine Skulptur ausgeben, zumal die Historie des Wildbads den meisten sowieso nicht bekannt sei.
Das Wildbad sei laut Aussage von Stadträtin Gaby Streicher (SPD) „historisch bedeutsam“. Ein kleines „Täfelchen“ mit der Aufschrift „Historische Altstadt“ halte sie für nicht ausreichend. Eine Skulptur biete mehr.
Bei 13 Ja- und 11 Nein-Stimmen wurde beschlossen, auf eine Skulptur zu verzichten. Für die sonstigen Vorhaben an der Stelle gab es eine satte Mehrheit. Die Gesamtkostenschätzung beträgt inklusive Nebenkosten 140.000 Euro.
Einst eine Attraktion für "Touristen"
Das Wildbad war Eigentum der Stadt und wurde jeweils an einen Bader oder Chirurgen verliehen. Die Badeordnung legte der Rat selbst fest und ergänzte sie immer wieder. Der Badebetrieb blieb auf die Monate Mai bis September beschränkt. Lange vor dem 30-jährigen Krieg wurde das Bad häufig auch von Fremden besucht. In örtlichen und überortlichen Bäderschriften ist das Giengener Bad bekannt gemacht worden. Es wurde aufgezeigt, bei welchen Leiden eine Badekur Heilung bringen könne.