Gastronomie in der Innenstadt

„Die Gartenarbeit ist getan“: Nach dem Spatenstich freut sich Giengen auf den Barfüßer

Es war ein langer und nicht immer leichter Weg, jetzt aber kann es mit dem Bau des neuen Giengener Barfüßers mitten in der Innenstadt losgehen. Worin sich Oberbürgermeister Dieter Henle und Investor Eberhard Riedmüller nicht einig sind, welchen Psalm Pfarrer Dr. Joachim Kummer mit Bier verbindet – und worauf sich der neue Bierbrauer Noel Schaumburg freut.

„Die Gartenarbeit ist getan“: Nach dem Spatenstich freut sich Giengen auf den Barfüßer

Es gibt da eine Sache, in der sich Oberbürgermeister Dieter Henle und Eberhard „Ebbo“ Riedmüller, Investor für den neuen Barfüßer in der Giengener Innenstadt, nicht einig sind: Der eine bevorzugt das Barfüßer Schwarze, der andere die Barfüßer Blonde. Beim Spatenstich für die neue Gastronomie mit Hotelzimmer und Wohnungen zog Henle den Kürzeren: Riedmüller hatte in seinem Getränke- und Würstchenwagen an diesem Freitag gar kein Schwarzbier dabei. Allzu schlimm aber ist das nicht. Henle kann vorerst noch in Ulm sein Bier genießen – und in zwei Jahren schon sollte es nach Feierabend direkt neben dem Rathaus im Giengener Barfüßer möglich sein. Sitzplätze jedenfalls, 300 drinnen und 150 draußen, sollte es immer ausreichend geben. „In dieser Hinsicht laufen wir Ulm sogar den Rang ab“, so Henle.

Erst ein Plan, dann eine Zitterpartie

In vielen anderen Punkten war er sich in den vergangenen Jahren mit Riedmüller dann aber doch einig. Sonst hätte am Freitagnachmittag kein Spatenstich stattfinden können, sonst könnte sich in Giengen jetzt keiner auf das neue gastronomische Angebot freuen. Riedmüller erinnert sich noch gut daran, wie er mit Henle in Ulm beim Essen gesessen und sich dessen Pläne für die Innenstadt angehört hat. Es war eine schöne Vision, schließlich ein Plan, später eine Zitterpartie: Die Rahmenbedingungen für das Bauprojekt hatten sich in den vergangenen Jahren durch die weltweiten Krisen drastisch verschlechtert. Weil die Kosten immer höher wurden, stand die ganze Geschichte schließlich auf der Kippe, weshalb sich Riedmüller und Henle letztlich dazu entschlossen haben, noch mal neu zu planen. Statt neun Wohnungen werden jetzt 29 gebaut, statt 60 Hotelzimmern werden es 42. Was natürlich bleibt: gutbürgerliche Küche und Bier im Barfüßer.

„Eine Familie, die gastroerprobt, ja, infiziert ist“: Investor Eberhard Riedmüller (am Mikrofon) stellte die verantwortlichen Köpfe für Giengens Barfüßer vor – seine Tochter Nina Röhrig (links von ihm), deren Sohn Noel Schamburg (ganz links) und deren Mann Jonas Röhrig (in Blau). Rudi Penk

Brauen wird das für die Giengener Noel Schaumburg. Gemeinsam mit seiner Mutter Nina Röhrig und deren Mann Jonas Röhrig übernimmt er die Geschäftsleitung des neuen Barfüßers und den Posten des Bierbrauers. Der 21-jährige Ulmer ist mit der Gastronomie aufgewachsen, „ich habe meine Hausaufgaben da gemacht“, erzählt er schmunzelnd. Für ihn war immer klar, dass er auch diesen Weg einschlagen würde, nun führt er ihn in Giengens Innenstadt, wo Schaumburg mit seiner Familie wohnen wird, um nah am Geschehen dran zu sein. „Ich freue mich jetzt schon auf die Gäste, wir wollen für jeden etwas bieten“, sagt er.

Ich glaube an Giengen und die Region und dass das Ergebnis wunderbar wird.

Eberhard Riedmüller, Investor

Opa „Ebbo“ Riedmüller lässt in Giengen gern seine Familie die Arbeit machen, „ich selbst bin schon das Auslaufmodell“, scherzte er. Immer wieder habe er sich in den vergangenen Jahren gefragt, was er sich da eigentlich angetan habe. „Aber ich glaube an Giengen und die Region und dass das Ergebnis wunderbar wird“, so Riedmüller, der mit seiner ersten Pilsbar 1978 seine gastronomische Laufbahn begonnen hat. Beim Spatenstich nutzte er gleich noch die Chance, mit den Vertretern der Banken ins Gespräch zu kommen, denn Geld, betonte er, habe er selbst nie gehabt. „Mir wurde da vorhin ein niedriger Zins für die Finanzierung hier versprochen“, verriet der Investor lachend. 25 Millionen statt ursprünglich geplanter 14 Millionen Euro investiert er in das Giengener Projekt.

OB Henle erinnerte in seiner Ansprache daran, was der Gemeinderat schon 2019 für die Innenstadt beschlossen hatte: Von modernen, zeitgenössischen Gebäuden war dort die Rede, von einer Revitalisierung des Stadtkerns, von der Möglichkeit, dass Bauherr und Entwerfer einen oder mehrere baulich zusammenhängende Gebäude erschaffen können. „All das wird nun verwirklicht“, so Henle.

Große Dachterrasse

Das neue Gebäude warte mit vielen Highlights auf, beispielsweise mit einer 360 Quadratmeter großen Dachterrasse. Projektleiterin Melisa Mujezin von den hrb Architekten in Weißenhorn war, auch stellvertretend für den Architekten Lukas Blaha, zum Spatenstich gekommen, außerdem Steffen Heger, Geschäftsführer von Lindel Bau in Hermaringen, der die Bauarbeiten übernimmt.

So soll das neue Gebäude in Giengens Innenstadt aussehen. hrb Architekten Weißenhorn

Eberhard Riedmüller hatte mit Marcus Krüger den zweiten Geschäftsführer der Barfüßer-Gastronomie GmbH und damit Mitinvestor an seiner Seite und auch einige Stadträtinnen und Stadträte ließen es sich nicht nehmen, diesem großen Giengener Moment beizuwohnen. Trotz Hitze traten die Hohenmemminger Goißlschnalzer und die Fidelen Melkkübel auf, fast schon herrschte Festzeltstimmung auf der Baustelle – ein Vorgeschmack darauf, wie viel Trubel hier auch in zwei Jahren herrschen könnte. Für den Segen der Baustelle waren die beiden Pfarrer Dr. Joachim Kummer und Mathias Michaelis gekommen, Kummer zitierte passend den Satz „Er erquicket meine Seele“ aus dem Psalm 23: „Da denke ich an den ersten Schluck eines frischen Bieres”, so Kummer.

Doch erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Ehe sich die Beteiligten in den Schatten zurückziehen konnten, griffen sie selbstredend zum Spaten, um die Baustelle nach so langem Bangen dann doch noch zu eröffnen. Oder, wie Henle es nannte: „Die Gartenarbeit ist getan.“

55 Parkplätze und 5 Ausschanktanks

Circa 1750 Quadratmeter des insgesamt knapp 2200 Quadratmeter großen Grundstücks werden bebaut. Die Bauzeit für den Rohbau soll 17 Monate betragen, Mitte 2025 wird das Gebäude bezugsfertig sein. Der erste Bauabschnitt beginnt mit dem restlichen Aushub für die Tiefgarage, die neben 55 Pkw-Stellplätzen eine größere Anzahl E-Ladestationen und etwa 40 Fahrradstellplätze bietet.

Im Erdgeschoss entsteht die Hausbrauerei mit einem 400 Quadratmeter großen Gastraum. Dazu kommen zwei Tagungsräume, Lobby, Empfang und Frühstücksraum. Die Brauerei selbst besteht aus einem Fünf-Hektoliter-Sudhaus, fünf Ausschanktanks, Malzlager und Schroterei, der Brauereitechnik sowie sechs Gär- und Lagertanks.