Mikroabenteuer

Einfach mal abtauchen? Warum mein erster Versuch im Giengener Bergbad nicht so entspannt lief, wie es aussieht

Das Wasser ist mein Element. Ich liebe es, zu schwimmen, zu tauchen und unter Wasser einfach abzuschalten. So richtig mit Pressluftflasche habe ich mich das aber noch nie getraut – bis jetzt im Giengener Bergbad. Welche meiner Befürchtungen sich bewahrheitet haben.

Einfach mal abtauchen? Warum mein erster Versuch im Giengener Bergbad nicht so entspannt lief, wie es aussieht

Fast schade, dass es im Giengener Bergbad kein buntes Korallenriff, keine Rochen oder schillernden Fische zu bewundern gibt. Denn auf meinen ersten Tauchversuch, der im Schwimmerbecken des Freibads stattgefunden hat, wird vermutlich kein zweiter folgen. Gleich vorneweg muss aber eines deutlich gesagt werden: Dass ich mir keine Pressluftflasche mehr auf den Rücken schnallen und mir Blei in meine Westentaschen schieben werde, hat rein gar nichts mit denjenigen zu tun, die mir diese Chance ermöglicht haben. Sie haben alles einwandfrei organisiert, haben mich beruhigt, mich angeleitet, haben sogar Unterwasserfotos gemacht. Gunther Ostrowski war mein Mann an Land, Wolfgang Suckut mein Mann im Wasser – sie beide tauchen schon sehr lange und haben vor knapp zwanzig Jahren mit zwei weiteren Tauchern die Giengener Tauchschule Kaulquapp gegründet. Sie lieben es zu tauchen, im Urlaub machen sie das bis zu vier Mal am Tag. Und auch vor der eigenen Haustüre kann sich Ostrowski nichts Entspannteres vorstellen, als schon vor dem Frühstück im See eine Runde abzutauchen.

Eigentlich war das mein ursprünglicher Plan. Jetzt im Sommer, dachte ich, ließe es sich bestimmt gut im See tauchen. Theoretisch spricht nichts dagegen, praktisch aber ist es nun mal so, dass man in den hiesigen Seen derzeit kaum die eigene Hand vor Augen sieht. Wenn ich rückblickend darüber nachdenke, bin ich vielleicht sogar ganz froh, dass ich keinen der großen Fische gesehen habe, die sonst unter mir herumschwimmen, wenn ich ins Wasser hüpfe.

Nach Feierabend ins Bad

Daher also das Bergbad, in dem ich viele Tage meiner Kindheit und Jugend verbracht habe. Nach Feierabend war ich noch nie hier drinnen, allein das ist einfach cool. An diesem Donnerstagabend haben die Schwimmerinnen und Schwimmer der DLRG die Möglichkeit, das Tauchen kennenzulernen. Dankenswerterweise hat Ostrowski von der Tauchschule auch mich dazu eingeladen.

Eigentlich habe ich mich wegen der Hitze an diesem Tag dagegen wehren wollen, einen Neoprenanzug anzuziehen. So ein Teil ist eng und vor allem wird es darin super heiß. Ostrowski aber erklärt mir, dass ich sonst zu schnell auskühlen würde – also quetsche ich mich, nachdem wir auch die Pressluftflaschen, die Taucherbrille und die Flossen von der Tauchschule im Ried ins Bergbad gefahren hatten, als erstes in einen von Ostrowskis Anzügen, wohlgemerkt Männergröße 52. Aber die Anzüge, so heißt es, würden mit der Zeit stark eingehen.

Tolle Stimmung am Abend: Das Bergbad, ausnahmsweise nicht während der Öffnungszeiten. Gunther Ostrowski

Also gut. Im Männeranzug Größe 52 stapfe ich zum Schwimmerbecken, in dem sich schon einige Taucher versuchen. Immer zu zweit, ein Tauchschüler und ein Lehrer, ziehen sie ihre Runden im Becken. Wie viel lieber es mir jetzt wäre, mich einfach wieder aus diesem Neo zu schälen, ins Wasser zu springen und meine Bahnen zu schwimmen. Aber ich wollte das ja unbedingt ausprobieren und gut vorbereitet worden bin ich auch. Ostrowski hat mir während der Taucherbrillen-Anprobe erklärt, was ich beachten muss.

Das ist der schlimme Part für die Frauen.

Tauchlehrer Wolfgang Suckut darüber, dass man in die Taucherbrille spucken soll

Erstens: Beim Abtauchen immer wieder die Nase zuhalten und ausatmen. Druckausgleich, dass die Ohren nicht schmerzen. Zweitens: Antworten, wenn Wolfgang mich etwas fragt. Ein Kreis mit Daumen und Zeigefinger, die anderen drei Finger gestreckt, bedeutet: Alles okay. Die flache Hand hin- und herkippeln heißt: Nicht alles okay. Und drittens: Ganz langsam auftauchen und nicht auf die Idee kommen, dabei die Luft anzuhalten. Was mir vorher keiner gesagt hat: Dass ich, mit Blei versetzt auf dem Wasser treibend, als allererstes in meine Taucherbrille spucken und sie auswaschen muss, damit sie unter Wasser nicht sofort beschlägt. “Das ist der schlimme Part für die Frauen”, sagt Suckut grinsend – und leider hat er damit total recht. Es kostete mich mehr Überwindung, in diese Brille zu spucken, als abzutauchen.

In die Brille gespuckt

Weil es ein bisschen lächerlich wäre, deshalb an dieser Stelle abzubrechen, spucke ich, reibe ein und wasche aus. Die Taucherbrille wieder auf dem Kopf, lässt Suckut mich ein paar Mal tief ein- und ausatmen, dass ich mich ans Mundstück des Lungenapparates gewöhne. Anschließend geht es auch schon nach unten. Meine Aufgabe: die Flossen nach hinten nehmen und mich auf den Boden knien. Suckut nimmt mich dabei an beide Hände und kümmert sich auch um meine Tarierweste, die ich trage. Über einen Knopf kann er damit Luft in die Weste einblasen oder ablassen, um den Auftrieb zu regulieren. Ich kriege davon sowieso nichts mit, ich bin nur mit einer Sache beschäftigt: atmen. Im Grunde bin ich damit sogar ein bisschen überfordert, weil ich nebenbei meine Flossen, die sich wie Fremdkörper an den Füßen anfühlen, in den Griff kriegen muss, und irgendwie verhindern will, dass Wasser in meine Taucherbrille läuft. Suckut hat mir erklärt, dass das oft passiert. Dass man das Wasser wieder rauskriegt, wenn man einmal durch die Nase ausatmet. Das klingt so einfach, aber mich bringt es unter Wasser total aus dem Konzept. Und dann war da doch auch noch was mit Druckausgleich!

Wieder aufgetaucht: Wolfgang Suckut, ein überaus geduldiger Tauchlehrer, und ich. Gunther Ostrowski

Zu meinem Glück beruhigt mich Suckut, obwohl ich ihn nicht hören kann. Er zeigt mir laufend an, dass ich ruhig ein- und ausatmen soll. Er erinnert mich an den Druckausgleich. Er applaudiert mir sogar, als wir am tiefsten Punkt angekommen sind. Er zeigt mir auch einen Purzelbaum unter Wasser, aber natürlich traue ich mich nicht mal das.

Unter Wasser verschluckt – na großartig!

Auch ohne Purzelbaum passiert dann etwas richtig Blödes. Irgendwie habe ich Wasser in die Luftröhre bekommen und muss husten. Obwohl die Wasseroberfläche so nah über mir ist, werde ich hektisch. Doch Suckut kennt das, er schaut mich an und zeigt mir an, dass ich weiter versuchen soll, ruhig ein- und auszuatmen, ehe wir an die Oberfläche tauchen. Den Kopf wieder über Wasser, huste ich. Und huste und huste und huste. “Manche nehmen ihr Mundstück raus, wenn sie sich verschlucken, und gehen ganz schnell hoch. Du bist ruhig geblieben”, sagt Suckut ganz lieb. Ich huste anerkennend weiter. Ob wir es noch mal versuchen sollen? – fragt er.

Also tauchen wir, nachdem ich mich endlich beruhigt habe, nochmal ab. Ich kann die Faszination Tauchen verstehen: Man gleitet langsam vor sich hin, man hat ausnahmsweise völlige Ruhe, und je nach Ort sieht man dabei auch noch Pflanzen und Tiere, die man vorher noch nie gesehen hat. Es ist, das betonte schon Ostrowski vorab in der Tauchschule, ein entspanntes Hobby. Gehe man hektisch an die Sache ran, habe man rein gar nichts davon. Beim zweiten Versuch verschlucke ich mich auch nicht und finde es schön, wie von all den Taucherduos die Luftblasen im Wasser nach oben steigen. Immer wieder schwimmt Melanie Mohr mit ihrem Sohn an mir vorbei, die beiden haben in Giengen ihren Tauchschein gemacht und filmen heute unter Wasser – um aus diesem Film später die Fotos für diesen Bericht anzufertigen.

Aus dem Neo schälen

Nach meinem zweiten Tauchgang übergebe ich meine “Jacket”, wie die Tarierwesten auch genannt werden, an jemand anderen, der das Tauchen heute Abend ebenfalls testen will. Mit den Flossen an den Füssen klettere ich rückwärts die Treppenstufen des Beckens hinaus, übergebe mein zusätzliches Gewicht und ziehe unelegant den Neoprenanzug wieder aus. Ob ich vielleicht noch ein paar Bahnen schwimmen dürfte? Das Schöne am Wasser ist ja ohnehin, dass man sich darin total leicht fühlt. So leicht wie heute aber habe ich mich noch nie gefühlt.

Übungen unter Wasser: als erstes ging es auf die Knie. Melanie Mohr

Wer selbst mal das Tauchen ausprobieren will, kann sich unter www.kaulquapp.de informieren. Per Mail sind die Tauchlehrer unter info@kaulquapp.de und telefonisch unter 07322.958013 erreichbar.

Hier alle Teile der Serie “Mikroabenteuer” der Heidenheimer Zeitung lesen.

Im siebten Teil der Serie versucht sich unser Kollege Maximilian Haller daran, ein Feuer zu machen – allerdings ohne Streichholz oder Feuerzeug.