Giengener Köpfe (121)

Warum es Thorsten Weisheit als Vorsitzender des TV Hürben nie aus Hürben rausgeschafft hat

Seit diesem Jahr ist Thorsten Weisheit Vorsitzender des TV Hürben. Dem Giengener Teilort ist er so verbunden, dass er gar nie wegwollte. Warum?

Warum es Thorsten Weisheit als Vorsitzender des TV Hürben nie aus Hürben rausgeschafft hat

Thorsten Weisheit ist zwar schon mehrmals in seinem Leben umgezogen, aus Hürben rausgekommen ist er trotzdem noch nie. Aus dem Elternhaus ging’s in eine Mietwohnung in Hürben, dann ins eigene Haus und erst vor kurzem hat es sogar noch mit seinem Wunschbauplatz geklappt, was ihn dazu veranlasst hat, mit seiner Frau ein weiteres Mal umzuziehen. Schon immer war Weisheit in Hürben zufrieden, spätestens jetzt aber, oben auf dem Berg und nur wenige Meter von seiner zweiten Heimat, dem Sportgelände entfernt, passt wirklich alles. Von Hürben weg? Das scheint bei Thorsten Weisheit, vielen als „Tossi“ bekannt, undenkbar. Zumal er seit kurzem auch noch Vorsitzender des TV Hürben und damit einem Sportverein mit mehr als 700 Mitgliedern ist. Was ist es, das Weisheit so sehr an Hürben fasziniert?

„Es ist die Gemeinschaft“, erklärt Weisheit. In Hürben würden 14-Jährige und 80-Jährige an einem Strang ziehen, auch der Sportverein sei eine große Familie, in der sich alle gegenseitig unterstützten. Zum TV gehört Thorsten Weisheit schon sein Leben lang, angefangen hat alles beim Kinderturnen. Bis ins Jugendalter hat er am Turnen festgehalten, hat gleichzeitig aber auch bei den Leichtathleten mittrainiert und irgendwann gemerkt, dass ihm Letzteres mehr liegt. „Fürs Turnen braucht man oft viel Mut und vielleicht hat mir da ein bisschen das Talent gefehlt“, erinnert er sich.

Vom Turnen zum Zehnkampf gewechselt

Daher konzentrierte er sich fortan auf den Zehnkampf, der gleich zehn Disziplinen in einem Wettbewerb vereint. Für diejenigen, die sich darunter nichts vorstellen können: Weisheit lief bei Wettbewerben erst 100 Meter, es folgten Weitsprung, Kugelstoßen, Hochsprung, ein 400-Meter-Lauf, ein 110-Meter-Hürdenlauf, Diskuswurf, Stabhochsprung, Speerwurf und zum Abschluss Weisheits absolute Horrordisziplin: der 1500-Meter-Lauf. Hätte es nicht auch etwas weniger sein können? „Vielleicht habe ich mir das ausgesucht, weil ich viel konnte, aber doch nichts so richtig“, scherzt er.

Im Kreis Heidenheim, erzählt er, sei er mit seinem Zehnkampf allein auf weiter Flur gewesen. Einen Trainingspartner suchte er vergeblich, trainierte also manche Disziplinen für sich alleine und manche mit Trainern beim TV Hürben. Immer wieder habe er sich mit Ulmer Athleten zusammengetan, die im Mehrkampf besser aufgestellt sind. „Sie haben auch gefragt, ob ich nicht ganz zu ihnen kommen will. Aber dann hätte ich ja aus Hürben rausmüssen“, sagt Weisheit und grinst. Heute tritt er gemeinsam mit seinem Vereinskollegen Benjamin Schätzle tatsächlich für einen anderen Verein an: Die Masters beim LAC Essingen haben Verstärkung gebraucht, erst vor ein paar Wochen trat Weisheit mit den Essingern bei den Deutschen Meisterschaften an. Noch heute denkt Weisheit außerdem gerne ans Heidenheimer Albstadion zurück, in dem er so manche Bestleistung für sich verbuchen konnte.

Lehre zum KFZ-Mechaniker, jetzt Serviceleiter im Autohaus Schön

Sport kam für Weisheit, der in Giengen geboren und in Hürben zur Grundschule gegangen ist, schon immer an erster Stelle. Er bezeichnet sich rückblickend als einen faulen Schüler, der erst während seiner Lehre zum KFZ-Mechaniker gemerkt hat, dass mehr in ihm steckt, sobald er sich darum bemüht. „Meinen Meister habe ich dann berufsbegleitend gemacht. Das war happig, hat aber geklappt.“ Letztlich führte ihn sein Weg zu seinem jetzigen Job beim Autohaus Schön in Herbrechtingen, wo er als Serviceleiter arbeitet. Zehn Stunden am Tag seien üblich, er habe aber Spaß an seiner Arbeit und finde noch ausreichend Zeit für seine Familie und seinen Sport.

Da passt es natürlich gut, dass auch seine Frau Nicole Weisheit, die ebenfalls aus Hürben kommt und die er eigentlich schon immer kennt, wie er beim TV Hürben aktiv ist. „Wir sind zusammen, seit ich 16 Jahre alt bin“, freut sich Weisheit, der sehr zu schätzen weiß, wie ihm seine Frau auch zu Hause den Rücken freihält. Die beiden Töchter sind, keine Frage, auch im TV als Sportlerinnen aktiv.

Für schnelles Internet in Hürben eingesetzt

Für den 42-Jährigen zählt in seinem Wohnort aber noch mehr als nur Sport: Gemeinsam mit Benjamin Schätzle hat er sich vor einigen Jahren beispielsweise auch dafür eingesetzt, dass Hürben schnelles Internet bekommt. „Wir sind damals richtig hausieren gegangen, um die Hürbener davon zu überzeugen“, sagt Weisheit lachend. Er weiß noch genau, wie er einmal pro Woche gemeinsam mit einem Vertreter des Telekommunikationsunternehmens Rede und Antwort für die Hürbener Bürger gestanden hat. „Ich werde heute noch angesprochen, wenn es mit dem Internet Probleme gibt“, so Weisheit schmunzelnd.

Er bedauert, dass es in Hürben mittlerweile keinen Bäcker und keinen Metzger, auch keine Volksbank oder Sparkasse mehr für die älteren Mitbürger gibt. „Ich habe bis zum Schluss in Hürben eingekauft, um das zu unterstützen“, sagt er. Umso mehr freut er sich, dass es bis heute eine Grundschule in Hürben gibt und dass diese auch nach und nach saniert worden ist.

Reizvoll am Sport: Auch mal die Zähne zusammenbeißen

Was Weisheit an seiner Heimat schätzt, ist auch die Nähe zur Natur. Im ans Sportgelände angrenzenden Wald geht er heute zwei- bis dreimal pro Woche joggen, obwohl er das früher so gehasst hat. „Das bedeutet für mich Freiheit. Und je nachdem, wie der Tag war, kann ich mich auch mal komplett auspowern“, beschreibt er. Am Sport begeistert ihn seit jeher, dass man an seine eigenen Grenzen und auch mal darüber hinausgehen, die Zähne zusammenbeißen muss. Dabei lerne man viel, was sich aufs ganze Leben übertragen lasse. „Mein großes Vorbild ist mein Vater. Er ist an Lungenkrebs verstorben, blieb aber bis zum Schluss positiv und hat alle um sich herum noch mit aufgebaut“, sagt er.

Kaum vorstellbar, dass Weisheit mal für mehrere Monate überhaupt keinen Sport getrieben hat. „Das war, nachdem ich einige Verletzungen erlitten habe. Es hat mir aber nicht gut getan“, betont er. Während dieser Phase hatte er sich auch beim TV Hürben zurückgenommen, stieg später aber als Trainer wieder ein und ist seit diesem Jahr sogar Vorsitzender. In den vergangenen Jahren hat er gemeinsam mit Schätzle auch den Höhlenbärenlauf organisiert und konnte sich durch den HZ-Landkreis-Laufcup mit vielen Läufern aus dem ganzen Kreis vernetzen. „Über den Sport lernt man so viele tolle Menschen kennen. Wenn ich das nicht hätte, ich würde ganz schön was verpassen.“

Der TV Hürben - ein Erfolgsmodell

Angesichts der 1000 Einwohnern in Hürben ist der TV mit mehr als 700 Mitgliedern ein wirklich großer Verein für einen solchen Teilort. Die Schwerpunkte liegen beim Turnen und in der Leichtathletik, einige Mitglieder kommen von außerhalb. "Bei uns steht der Spaß im Vordergrund", betont Vorsitzender Thorsten Weisheit. Fest zum Programm gehört auch die Möglichkeit am Freitagabend, das Sportabzeichen abnehmen zu lassen. Ziemlich neu etabliert hat sich der Männersport, weil es, so erklärt Weisheit, für Männer mittleren Alters oft keine Angebote in den Vereinen mehr gibt.

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