Wieder mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner: Die Freude war groß im Sommer 2022, als Oberbürgermeister Dieter Henle am 3. August verkündete, man habe die Marke knacken können. Seit 2006 war man unter 20.000 Einwohnern gelegen.
Die Zahl von 20.000 Einwohnern war einst die Voraussetzung, um bei der Landesregierung den Antrag auf die Ernennung zur „Großen Kreisstadt“ stellen zu können. Diesen Titel trägt Giengen seit dem 1. Januar 1999, es war die 89. Große Kreisstadt im Land.
„Wir sind stabil über der 20.000er-Marke“, so Oberbürgermeister einige Wochen später. Exakt 20.232 Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder lebten der städtischen Zählung zufolge am 18. Oktober 2022 in Giengen und den Teilorten. 185 Menschen galten zu diesem Zeitpunkt als Geflüchtete.
Doch dann kam die Volkszählung. Dabei wurden repräsentativ Menschen und Haushalte befragt, um Informationen zu erhalten. Der Zensus 2022 mit Stand Juni umfasste eine Bevölkerungszählung, eine Gebäude- und Wohnungszählung, eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis und Erhebungen an Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften.
Von allen Kommunen im Kreis hat Giengen die größten Verluste
Nun liegen die Ergebnisse vor, die für Giengen deutlich weniger Einwohnerinnen und Einwohner aufweisen als einerseits statistisch angenommen und andererseits von der Stadtverwaltung veröffentlicht wurden. Denn: von allen elf Kommunen im Landkreis Heidenheim musste Giengen die mit weitem Abstand größten Verluste hinnehmen: War man beim Statistischen Landesamt davon ausgegangen, dass die Zahl der Bewohner Mitte 2022 bei 19.899 lag, so gehen die neuen Zahlen von 19.433 aus, das sind 466 Giengener weniger. Im Vergleich zu den von der Stadt für Oktober 2022 genannten 20.232 Bürgerinnen und Bürger macht das gar ein Minus von 799 Personen.
Wie kann das sein? In Anlehnung an das einst von Marlene Dietrich gesungene Lied „Sag'mir, wo die Blumen sind“ möchte man fast fragen: Sag' mir, wo die Menschen sind? Oberbürgermeister Dieter Henle sagt dazu auf Nachfrage: „Grundsätzlich sind die Anpassungen im Zensus systemimmanent. Sie resultieren aus Doppelmeldungen, fehlenden Abmeldungen bei Umzügen und mehr – die Berichtigung durch regelmäßige Volkszählungen ist daher wichtig. Keine Frage ist: Wir hätten uns gefreut, wenn das Ergebnis im Hinblick auf die Entwicklung neutral oder gar positiv ausgefallen wäre.“
Wesentliche Aspekte sorgten jedoch dafür, dass sich die Stadt Giengen im Hinblick auf die nun veröffentlichten Zahlen keine Sorgen mache und das auch nicht müsse. Der Erste beziehe sich auf die Betrachtung an sich: Die Datenbasis für den neuen Zensus sei nunmehr zwei Jahre alt, er vergleiche Zahlen aus dem Jahr 2022 mit denen aus dem Jahr 2011 - auch da gab es eine Volkszählung.
Stadtverwaltung richtet den Blick auf Gegenwart und Zukunft
„Als positive Auswirkung unserer Stadtpolitik verzeichnen wir insbesondere seit dem Jahr 2022 eine sehr starke Zunahme im Hinblick auf die Bevölkerungszahlen. 1000 neue Mitbürgerinnen und Mitbürger sind seither nach Giengen gekommen. Dabei stammt, wie in anderen Kommunen auch, eine relevante Zahl an Menschen aus Kriegsgebieten – wir heißen sie herzlich willkommen und helfen ihnen, wo wir können“, so das Stadtoberhaupt.
Weitaus mehr Menschen hätten sich, so der Oberbürgermeister, jedoch aus freien Stücken für Giengen entschieden: weil sie die Stadt als attraktiven Lebensmittelpunkt empfänden, hier gebaut, eine Wohnung gemietet und/oder einen neuen Arbeitsplatz gefunden hätten.
„Wir haben in Giengen viele Neubaugebiete und Innenverdichtungen, Familien ziehen hierher, Kinder werden geboren, allein das seit 2023 bezogene neue Gewerbegebiet Giengener Industriepark A7 wird am Ende über 1000 neue Arbeitsplätze bieten – aktuell sind es bereits über 650. Mit der Zunahme an Bürgerinnen und Bürger verbinden sich höhere Schlüsselzuweisungen“, sagt Henle.
Zweifellos würden die Zensus-Ergebnisse finanzielle Auswirkungen – in Form von Zuweisungen vom Land pro Kopf – für Giengen haben. „Wir können sie allerdings erst bewerten, wenn der tatsächliche Bescheid vorliegt – die Zahlen sind auch abhängig von zu erwartenden landesweiten Verschiebungen. Was wir bereits heute sagen können, ist, dass uns die Auswirkungen nicht wesentlich belasten werden. Unsere Stadt agiert finanziell sehr stabil und zukunftsorientiert, wir sehen der entsprechenden Mitteilung daher in Ruhe entgegen“, sagt der Rathaus-Chef.
Herkunftsländer der ausländischen Mitbürger
Die Ergebnisse des Zensus von 2022 liefern auch Zahlen, aus welchen Ländern die in Giengen lebenden Ausländerinnen und Ausländer kommen. An der Spitze steht die Türkei gefolgt von Italien, Griechenland, Rumänien und Ungarn. Es folgen Bulgarien, Syrien, Polen, Kosovo, Kroatien.
Wobei darauf zu achten ist, dass die Daten auf dem Stand Juni 2022 beruhen. Insofern kann es heute, nicht zuletzt aufgrund des Kriegs in der Ukraine, durchaus zu größeren Veränderungen gekommen sein.