Sommerserie „Ganz nebenbei“

Erst Abneigung, dann Applaus: wie sich der Blick von außen auf Giengen verändert hat

Passend zum Temperatursturz erscheint der letzte Teil der HZ-Sommerserie. Marc Hosinner, inzwischen in Giengen gut integriert, betrachtet das Image der zweitgrößten Stadt im Landkreis. Es hat sich was getan.

Wie? Du wohnst jetzt in Giengen? – Verbunden mit mitleidigen Blicken wurden mir diese Fragen des Öfteren gestellt. Bevorzugt von Heidenheimerinnen und Heidenheimern, die es nicht fassen konnten, dass man in eine Stadt zieht, die wahrlich keinen guten Ruf genoss.

Zugegeben: Ganz freiwillig war die Anmietung einer Wohnung seinerzeit nicht. Nach Studium und Volontariat war die ehemals Freie Reichsstadt der Arbeitsplatz. Als Jungredakteur ergab es Sinn, auch außerhalb der Bürozeiten vor Ort zu sein.

Verstehen konnte ich die Ressentiments gegenüber Giengen schon damals nicht. Klar: Es gab da eine Kriminalitätsstatistik, ich meine aus den 1980er-Jahren, in der Giengen gleich nach Frankfurt rangierte. Aber das war schon einige Jahre her. Kriminalität gab es in Giengen Anfang des neuen Jahrtausends, als ich dort als Redakteur begann, schon. Hauptsächlich waren es Drogendelikte – viele kleinere, aber auch größere.

Ich habe einige Zeit zur Berichterstattung in Gerichtssälen verbracht. Ein paar schwere Jungs wurden auch für längere Zeit eingebuchtet. Allerdings: Die „Tatorte“ beschränkten sich auf einige Gebäude in einem östlichen Stadtteil sowie auf ein Haus in der Innenstadt. Und: Es waren, vorwiegend bei kleineren Vergehen, immer wieder die gleichen Personen, die vor dem Kadi landeten. Oft ging es damals um Heroin, und die Schicksale der Konsumentinnen und Konsumenten waren bedrückend.

Kurze Wege: in zwei Minuten im Büro

Davon abgesehen war das Leben in Giengen schon damals sehr angenehm: Kurze Wege – zwischen der Wohnung in der Marktstraße und dem Büro in ebendieser lag sogar ein Bäcker. Später war die Haussuche ziemlich einfach, Kindergarten, Grundschule und Büro lagen eng beieinander. Nicht zu vergessen: Im Giengener Gymnasium gab und gibt es einen neunjährigen Weg zum Abitur – ein Alleinstellungsmerkmal im Landkreis.

Das Einhorn spielt in Giengen genauso eine Rolle wie Teddybären. Foto: Oliver Vogel

Und die Giengenerinnen und Giengener? Fast durchweg sympathisch und aufgeschlossen. Ob im Sportverein, im größer werdenden Bekanntenkreis oder im täglichen Umgang bei der Arbeit. Was ich von Beginn an angenehm empfand: Den Panscherinnen und Panschern ist mitunter Stolz aufgrund der Historie anzumerken – lange war die Stadt nur dem Kaiser unterstellt –, doch ansonsten sind sie äußerst unprätentiös.

Wer Geld hat, lässt es nicht heraushängen. Eher wird der Reichtum versteckt. Und: Anders als in der größeren Nachbarstadt war es lange nicht nötig, bei gut besuchten Veranstaltungen die ersten Reihen für „Promis“ zu reservieren und persönliche Sitzplätze zu verteilen. Man kam, setzte sich irgendwo hin und sah sich das Geschehen an. Herrlich unkompliziert!

Fast zweieinhalb Jahrzehnte lebe ich nun schon in der zweitgrößten Stadt im Landkreis. Wenn ich gefragt werde, auf welcher Schule ich in Giengen gewesen bin, fühle ich mich fast geehrt. Ich nehme es als Beweis einer gelungenen Integration – wohl wissend, dass, um waschechter Giengener zu sein, meine Vorfahren am besten schon vor dem Stadtbrand 1634 Giengener gewesen sein müssten.

Mittlerweile scheint sich das, nennen wir es mal Image der Stadt, verändert zu haben. Weshalb der Blick von außen ein positiverer geworden ist, lässt sich nur vermuten: Liegt es daran, dass Auswärtige gemerkt haben, dass man in Giengen ziemlich lecker essen gehen kann? Oder an den Freiluft-Konzerten ohne Eintritt? Oder am Steiff-Museum? Am Bergbad? Am Panscherbrunnen? An der Barfüßer-Baustelle?

Eine von Giengens neuen Attraktionen: der Panscherbrunnen. Foto: Rudi Penk

Oder liegt es ganz einfach daran, dass behördlicherseits kräftig am Image der Stadt gearbeitet wurde und wird, nach dem Motto: Stoß was an und sprich auch darüber – während andernorts Stillstand zu herrschen scheint?

Eigentlich egal. Für mich ist Giengen ein „place to be“, auch wenn längst nicht alles glänzt. So schön ist es dann auch nicht. Inzwischen ist es sogar so, dass Giengenerinnen und Giengener die Stadt kritischer sehen als Besucherinnen und Besucher.

Imagefilm der Stadt in Lang- und Kurzversion

Die Stadt Giengen hat im Jahr 2017 einen Imagefilm herausgebracht. Die Initiative dazu kam von Oberbürgermeister Gerrit Elser, dem Vorgänger von Dieter Henle. Intention des Films war es, die schönen Seiten Giengens zu vermitteln. Angefertigt wurde eine Langversion mit etwa sechs Minuten und eine Kurzversion (3,38 Minuten lang). Abrufbar ist das Ganze auf der Homepage der Stadt www.giengen.de oder auf Youtube.

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