Flexible Rathausserenade: erst draußen, dann drinnen
Den Verantwortlichen des Musikvereins Stadtkapelle Giengen schwante am Samstag nichts Gutes beim Blick auf die Wetter-App und so entschieden sie sich, die abendliche Sommer-Serenade nicht vor dem Rathaus und in der Fußgängerzone darzubieten, sondern auf dem Vorplatz der Schranne unter lauschigen Kastanienbäumen und mit Blick auf die Stadtkirche. Letztlich wurden es eben wegen des Wetters zwei Spielorte: erst draußen und beim Beginn eines eher kurzen Regenschauers ging es dann in der Schranne weiter. Allerdings flüchtete nur die Hälfte der Zuhörer unters Dach, die anderen bevorzugten den Nachhauseweg. Verständlich angesichts eines eventuell nahenden Unwetters.
Eben diese Besucher allerdings haben dann wirklich etwas verpasst. Das Programm, das das 50 Personen umfassende Blasorchester für diesen Abend einstudiert hatte, war erste Sahne und bekam teils stehenden Beifall und viele Bravorufe. Unter ihrem sicher wie bestimmt führenden Dirigenten Hannes Färber spielte die Stadtkapelle schließlich zwei Zugaben fürs Publikum.
300 Zuhörer und zwei Zugaben
Vorsitzender Rainer Lorenz freute sich in Anwesenheit des früheren Stadtkapellmeisters Edgar Bürger, von Oberbürgermeister Dieter Henle und Bürgermeister Alexander Fuchs über rund 300 Zuhörer und staunte über die Akustik an einem vorher nie bespielten Platz bei der Schranne. Das Besondere an dieser Serenade war das anfängliche Rätsel, das die Kapelle dem Publikum im wenige Takte umfassenden Anspiel aufgab. Moderatorin Nicole Brändel hatte ein musikkundiges Publikum vor sich, das vergleichsweise schnell erkannte, aus welchem Musical diese dargebotene Kurzversion stammte.
Schier unerschöpflich scheint der Fundus an Melodien aus der Welt des Musicals zu sein. Durchaus anspruchsvoll für die Musiker, für die Zuhörer eher ein Hörgenuss, denn viele der Tonschöpfungen sind längst populär. Zum Auftakt, besser als „Ouvertüre“, wurde die Geschichte vom König der Löwen auf die Notenständer gelegt und die herzzerreißende Geschichte mit Happy End erfreute das Publikum wie die Musikanten.
“Tanz der Vampire” mit Biss und Spielfreude
Ein weiteres kurzes Anspiel kündigte den „Tanz der Vampire“ an, der mit viel Biss und Spielfreude dargeboten wurde. Der „Starlight Express“, der seit 35 Jahren durch Bochum rollt und die Kassen füllt, dampfte diesmal durch Giengen – lediglich gestört durch ein paar Autofahrer, die das Konzert mit ihren nicht gerade stimmigen Autohupen oder röhrendem Auspufflärm kurzzeitig störten.
Wenig nach der Pause, eine „Selection from Cats“ war gerade vorgestellt, da setzte ein kurzzeitiger Schauer ein, der Akteure wie Zuhörer in die benachbarte Schranne flitzen ließ. Mit großem Einfühlvermögen, dazu exzellenten Solopartien für Saxophon und Oboe, schließlich unterstützt durch die Klarinetten, „schnurrten“ die Katzen durch die Gegend.
Zu den am meisten aufgeführten Musicals gehört „Les Misérables“. Die spannende Handlung gilt als sehr anspruchsvoll für die Register und wurde bravourös gemeistert. Die Geschichte vom “Glöckner von Notre-Dame” wurde glänzend interpretiert bei „The Hunchback of Notre Dame“. „The Lord of the Dance“ rundete diese feierliche Abendmusik ab und machte zugleich Lust auf weitere unterhaltsame Konzerte der Stadtkapelle.
Viel Einsatz für ein Konzert im Freien
Eigentlich findet die Rathausserenade immer draußen und, wie es der Name sagt, immer vor dem Rathaus statt. Vor der Pandemie musste die Stadtkapelle allerdings wetterbedingt in die Schranne flüchten, anschließend hieß es erst mal Zwangspause – und erst vergangenes Jahr dann klappte es endlich wieder unter freiem Himmel, noch dazu auf dem neu gestalteten Rathausplatz. Schon 2022 zeigte man sich angesichts dunkler Wolken eher mutig, dieses Jahr sahen die Aussichten kaum besser aus. Und so improvisierten die Musiker kurzerhand und verlegten das Konzert an die Schranne.