Geplantes Dienstleistungszentrum in der Innenstadt: "Wir haben nur diese eine Chance"
Stadtrat Werner Bader (CDU) brachte es auf den Punkt: “Wir haben nur diese eine Chance”, betonte er, und: “Der erste Schuss muss ein Treffer sein.” Noch vor ein paar Jahren sei es vielleicht eine Vision gewesen, dass Giengen mal ein, wie er es nennt, neues Stadthaus bekommen würde. Jetzt soll aus dieser Vision Wirklichkeit werden. Bader erhofft sich ein Gebäude, das die Marktstraße aufwertet, das sich gegen den Onlinehandel durchsetzt und das auch Besucher von weiter weg anzieht. Was dafür wichtig ist? “Vor allem das Parken. Das muss einfach und schnörkellos funktionieren”, so Bader, dessen klarer Appell ans Gremium lautete: “Wir müssen alle darauf achten, dass wir hier keinen Fehler machen.”
Der erste Schuss muss ein Treffer sein.
Werner Bader, Stadtrat (CDU)
Um keinen Fehler zu machen, hat sich der Gemeinderat jetzt darauf verständigt, wie die Planung für das neue Areal, das der Stadt Giengen gehört, ablaufen soll. Begrenzt ist es durch die Marktstraße, die Niedere Straße und die Scharenstetterstraße und umfasst eine Gesamtfläche von 2677 Quadratmetern. “Eine solche Arrondierung zu realisieren, ist nicht selbstverständlich. Ich bin mit diesem Ergebnis sehr zufrieden”, stellte Oberbürgermeister Dieter Henle den Beratungen voran. Auch er bezeichnet das Vorhaben als einmalige Chance und ist überzeugt: “Jetzt ist die richtige Zeit. Die Förderkulisse steht und wir verzeichnen seitens der Investoren großes Interesse an Giengen.”
Bau zwischen 2025 und 2027
Der Neubau des Dienstleitungszentrums soll von 2025 bis 2027 realisiert werden. Dem vorangehen soll im ersten Quartal des kommenden Jahres eine EU-weite Ausschreibung. Mehrere Investoren, so Henle, seien bereits als Interessenten auf die Stadt zugekommen. Roman Holl, Sachgebietsleiter für die Stadtplanung in Giengen, beschrieb die weitere Vorgehensweise. Er betonte, dass sich die Verwaltung Zeit nehme, um den richtigen Weg zu finden. “Wir sprechen hier vom Herzen der Stadt, deshalb brauchen wir als erstes eine Konzeptvergabe.” Konkret bedeutet das einen öffentlichen Teilnahmewettbewerb, an dem sich “theoretisch jeder beteiligen kann”, so Holl. Nachdem alle Interessenten ihren Hut in den Ring geworfen haben, würden acht Teilnehmer von einem Bewertungsgremium näher unter die Lupe genommen. Dem Gremium gehören neben Henle und Holl jeweils zwei Vertreter der Gemeinderatsfraktionen sowie Bürgermeister Alexander Fuchs und Karl-Heinz Walter von Reschl Stadtplanung, das für das Ausschreibungsverfahren zuständig war, an. Die Vergabe ist Holl zufolge für Mai 2024 angedacht, Ende 2024 soll das Verfahren ganz abgeschlossen sein, sodass 2025 die Umsetzung startet.
Mit Architektenwettbewerb
Unabdingbar, so Henle, sei ein Architektenwettbewerb. Das reichsstädtische Erscheinungsbild soll in zeitgemäßer Architektursprache wiedergegeben werden. Hinzu kämen wichtige energetische und nachhaltige Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Was genau ist der Stadtverwaltung wichtig?
Kreativ und ansprechend solle die Fassade des Gebäudes werden, abwechslungsreich und kleinteilig gegliedert. In den Bereichen, die aus dem öffentlichen Raum einsehbar sind, seien Steildächer erforderlich. Zur Marktstraße hin seien Loggien nur in einem gewissen Maß denkbar, zu den anderen Straßen heraus aber zulässig. Auch zum Blockinneren des Gebäudes seien Loggien, Balkone oder Terrassen eine Möglichkeit.
In der Marktstraße sollen möglichst frequenzbringende Einrichtungen angesiedelt werden, eine Außenbewirtschaftung beispielsweise könnte diese gewünschte Frequenz ankurbeln. Was die Nutzung des Dienstleistungszentrums angeht, sei ein breites Spektrum denkbar: Handel, auch großflächig, Handwerk, Gewerbe, Verwaltung, Büros, Arztpraxen sowie soziale und kulturelle Einrichtungen könnten im Gebäude einziehen. Fahrradstellplätze sollen zum Konzept dazugehören, ebenfalls E-Lademöglichkeiten in der Tiefgarage.
Umweltschutz im Blick
Um dem Umweltschutz Rechnung zu tragen, erwartet die Stadtverwaltung eine ökologisch und energetisch hochwertige Bauweise und damit eine gut gedämmte Gebäudehülle und Baustoffe mit geringem ökologischem Fußabdruck. Die städtische Wärmeleitplanung müsse berücksichtigt werden, Solarthermie und Photovoltaik seien ausdrücklich erwünscht. Denkbar wären Dachziegel mit integrierter Photovoltaik, sogenannte Solardachziegel, außerdem Fassadenbegrünung. Letzteres war vor allem Stadtrat Dr. Erwin Kleemann (Unabhängige/Grüne) wichtig zu betonen: “Wenn hier nur ein Betonklotz rauskommt, könnte ich dem nicht zustimmen.”
Monika Albrecht-Groß (SPD) äußerte eine andere Sorge: “Wir sollten hier nicht zu lang eine Brachfläche haben und daher nicht zu früh loslegen. Sonst wäre es gekoppelt mit einem nicht fertigen Barfüßer.” OB Henle erwiderte, dass es Hand in Hand gehen müsse, trotzdem aber müsse man schnell sein, um wieder Frequenz in die Innenstadt zu kriegen. Jörg Bayer (CDU) indes hätte gerne konkrete Zahlen bezüglich der auf die Stadt zukommenden Kosten für Interimslösungen während der Bauzeit. “Wir haben auch noch andere Aufgaben”, mahnte er. Oswald Satzger (CDU) kann mit der Planung nicht mitgehen, er sorgt sich um die Schulen und die Wärmeplanung und bezog sich auf seine Kostenschätzung, die von der der Stadtverwaltung deutlich abweiche. Bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme entschied sich der Gemeinderat dafür, die Konzeptvergabe wie vorgestellt in die Wege zu leiten.
Zwei paar Stiefel: das Dienstleistungszentrum und ein Standort für die Stadtverwaltung
Die Neubebauung des Areals in der Innenstadt soll in die Hand eines Projektträgers gelegt werden, der die notwendigen Flächen erwirbt und die Planung und Umsetzung übernimmt. Einen Teil davon jedoch wird die Stadt wieder zurückkaufen, um einen Standort für einen Teil der Verwaltung dort unterzubringen. Angedacht sind vier Geschosse mit einem zusätzlichen Dachgeschoss, untergebracht werden sollen dort das gesamte Technische Rathaus mit Bürgermeisteramt, Baurechts- und Planungsamt, Tiefbauamt, Eigenbetrieb Gebäudemanagement und Eigenbetrieb Stadtentwässerung, aber auch die Bürgerdienste mit den Bereichen Amt für Kultur, Sport und Tourismus, Amt für Bildung und Soziales sowie das Ordnungsamt. Benötigt werden dafür den momentanen Entwürfen zufolge rund 2000 Quadratmeter.