Bislang ist nur ein Grundstück zu sehen, das Planierraupen eingeebnet haben. Am Rande der Fläche steht ein Schild mit der Aufschrift, dass die Bauarbeiten vom Bundesverkehrsministerium gefördert würden, und zwar „auf Beschluss des deutschen Bundestages“. Was hier am nördlichen Zipfel des Industrieparks A7 auf Giengener Gemarkung entstehen könnte, hat sogar gleich mehrere Aspekte. Konkret: Dort könnte ein wichtiger Baustein einer klimaneutralen Mobilität der Zukunft entstehen.
Das Berliner Verkehrsministerium bestätigt auf Anfrage zumindest, dass in diesem Bereich des von den Städten Herbrechtingen und Giengen betriebenen Industrieparks „mit Mitteln des Bundes die Schaffung von 39 neuen Lkw-Stellplätzen“ gefördert werde. Grundlage für diese Maßnahme ist ein Programm, das zur Verbesserung der Parksituation für Lkw beitragen soll. Bundesweit sollen so Anreize zur Schaffung von 4000 zusätzlichen Lkw-Stellplätzen durch private Investoren geschaffen werden. Wann dieser Lkw-Parkplatz gehen soll, ist aber noch unklar, in der Region hält man sich auch bedeckt darüber, wer ihn betreiben soll.
39 zusätzliche Lkw-Stellplätze unmittelbar an der Autobahn?
Das ist der dennoch einigermaßen handfeste Teil der Geschichte, wie das aufgewühlte Gelände beweist. Zumindest auf gedanklicher Ebene schwebt über dem Areal aber noch ein zweiter Ansatz: Nach den Ideen der Partner im bundesweiten Projekt „HyExperts“ könnte in der Nähe auch ein sogenannter Wasserstoff-Hub entstehen. So war es jedenfalls bei der Vorstellung des „HyExperts“-Abschlussberichts im Januar in Königsbronn auf einer dort präsentierten Folie zu sehen.
Der englische Begriff „Hub“ steht in diesem Zusammenhang für eine Art Verteilstation. Demnach könnte der Wasserstoff, der per Pipelines durch die Region geleitet werden soll, hier abgefüllt werden, bevor er mit Lastwagen zu Abnehmern in der Region transportiert würde. Dies könnten einerseits Tankstellen für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sein, aber auch Industriebetriebe, die Wasserstoff verwenden wollen.
Michael Hueber, Wirtschaftsförderer des Ostalbkreises und Projektansprechpartner für „HyExperts“, betont, diese Idee sei „noch in der Konzeptionsphase“. Danach handelte es sich bei der vorgestellten Grafik auch noch nicht um eine genaue Planung. Dass eine solche Verteilstation aber „im erweiterten Raum Giengen“ angepeilt wird, bestätigt Hueber.
Ein Leitungsnetz soll Wasserstoff in der Region verteilen
Diese zumindest grobe Standortwahl hat einen einfachen Grund: Die Süddeutsche Erdgasleitung (SEL), die als überregionale Pipeline in Zukunft Wasserstoff transportieren soll, wird den Landkreis Heidenheim zwar deutlich weiter im Norden durchkreuzen (wir berichteten). Längst plant man aber in der Region ein davon abzweigendes Verteilnetz, um potenzielle Großabnehmer wie das Mergelstetter Zementwerk von Schwenk oder die Unterkochener Papierfabrik Palm zu versorgen.
Ein Abschnitt dieses Verteilnetzes könnte demnach auch über den Raum Giengen geführt werden und damit eine Region versorgen, die im „HyExperts“-Programm zum „Logistiknetzwerk Heidenheim“ gezählt wird und als ein „Ankerprojekt“ der regionalen Wasserstoffnutzung gilt. Der Bau eines Verteil-Hubs wäre demnach dann sinnvoll, wenn die SEL-Pipeline und das ergänzende Verteilnetz gebaut sind. Zuletzt sollte die Pipeline bis 2032 fertiggestellt sein, bei der Abschlussveranstaltung in Königsbronn wurde aber auch die Hoffnung geäußert, die Leitungen könnten früher in Betrieb gehen.
In der Verteilstation könnten täglich bis zum 20 Tonnen Wasserstoff abgefüllt werden
Das Potenzial einer solchen Verteilstation wurde in dem Konzept bereits recht detailliert geschildert. Zehn bis zwanzig Tonnen Wasserstoff könnten demnach täglich abgefüllt werden. Auf 2500 Quadratmetern Fläche könnten zehn Stellplätze für entsprechende Fahrzeuge oder sogenannte Wechselbrücken entstehen. In der „rohen“ Form, also direkt aus der Pipeline, könnte der Energieträger Wasserstoff offenbar nicht für den Antrieb von Fahrzeugen genutzt werden. Er müsste laut Konzept „am Ort des Bedarfs“ noch auf einen höheren Reinheitsgrad hin „aufgereinigt“ werden.
Die Giengener Verteilstation soll den Gedankenspielen zufolge nicht nur Abnehmer im Landkreis bedienen können. Angedacht ist vielmehr ein Lieferradius von rund 90 Kilometern, der sich somit bis in den Raum Stuttgart oder südlich bis Kempten erstrecken würde. Eine der Voraussetzungen für die Umsetzung ist jedoch, dass die Region in eine weitere Förderung aufgenommen wird. In diesem sogenannten „HyPerformer“-Programm könnten die Projektpartner unter anderem die Verteilstation umsetzen.
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