Gut möglich, dass der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer bald die Vorwahl „07322“ auf dem Display seines Telefons erblickt. Sein Giengener Amtskollege Dieter Henle sagte in der jüngsten Gemeinderatssitzung jedenfalls zu, Kontakt mit der Tübinger Verwaltung aufzunehmen.
Hintergrund war eine Anfrage von Stadtrat Michael Zirn (CDU-Wählerblockfraktion), der sich erkundigt hatte, ob auch die Giengener Stadtverwaltung erwäge, eine Steuer auf Einweg-Verpackungen zu erheben. Der Anlass für Zirns Frage war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, das der Stadt Tübingen im Streit mit einer Franchise-Nehmerin der Fast-Food-Kette „McDonald’s“ recht gegeben hatte.
Ein Einweg-Kaffeebecher kostet in Tübingen 50 Cent Steuer
Tübingen hatte 2022 eine Steuer von 50 Cent beispielsweise auf nicht wiederverwertbare Kaffeebecher oder Einweg-Essensschalen sowie von 20 Cent auf Einwegbesteck oder -Strohhalme erhoben. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hatte die Steuersatzung zunächst kassiert, dagegen hatte Tübingen Revision eingelegt, woraufhin das Bundesverwaltungsgericht der Stadt recht gegeben hatte. Dagegen hatte die Fast-Food-Unternehmerin zuletzt erfolglos Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Zirn betonte im Gemeinderat, es gehe ihm nicht darum, neue Steuereinnahmen zu schaffen, sondern um „eine Lenkungswirkung“. Wie realistisch dieses Ziel ist, hat das Fachblatt „Kommunal“ im Januar erörtert: Demnach hatte sich in Tübingen bereits im ersten Jahr nach der Einführung der Steuer die Zahl der Betriebe vervierfacht, die Essen und Getränke in Mehrwegverpackungen verkaufen. Zudem hatte Tübingen allein 2022 Steuerbescheide in Höhe von etwas mehr als einer Million Euro verschickt. Offenbar ist auch das Müllaufkommen spürbar gesunken.
OB Henle wertete Zirns Vorstoß als „guten Hinweis“. Man werde Kontakt aufnehmen, bevor man dem Gemeinderat einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten werde.