Städtischer Neujahrsempfang

Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle: „Gibt keine gute Alternative zur Demokratie“

Der städtische Neujahrsempfang in der Walter-Schmid-Halle in Giengen ist eine gute Gelegenheit, mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern ins Gespräch zu kommen. Er ist aber auch der Anlass, an dem der Oberbürgermeister Stellung beziehen kann. Und eben davon machte OB Dieter Henle deutlich Gebrauch.

Wenn ein offensichtlich irrlichternder Milliardär aus den Staaten den deutschen Wählerinnen und Wählern empfiehlt, bei welcher Partei sie ihre Kreuze bei der Bundestagswahl machen sollen, hat ein Oberbürgermeister beim Neujahrsempfang jedes Recht, den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, wen er nicht für wählbar hält.

„Wir beobachten, wie Konventionen und bisher üblicher Respekt verschwinden. Wozu ein Schafspelz, wenn er doch gar nicht nötig ist. Die bittere Wahrheit bleibt: Autokraten treten nicht an, weil ihnen die jeweilige Bevölkerung oder gar demokratische Strukturen am Herzen liegen. Es geht um Macht. Es geht um Allmacht. Es geht um Imperialismus. Noch vor seinem Amtsantritt kündigt Donald Trump offen an, Grönland, Kanada und Panama zu US-Staaten machen zu wollen. Und in Österreich steht ein FPÖ-Kanzler bereit, der Remigration als natürlichste Sache der Welt bezeichnet“, so Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle am Sonntagabend in der Walter-Schmid-Halle, bei dem er noch deutlicher wurde als im vergangenen Jahr.

Das Klima kümmert sich nicht um Donald Trump!

Dieter Henle, Oberbürgermeister

Es sei die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger, die Demokratie zu verteidigen und zu gestalten. „Auch wenn es schwer erscheint, Potentaten entgegenzutreten: Wir lassen uns nicht von gerissenen Turbokapitalisten einwickeln. Wir betreiben weiterhin aktive Klimapolitik – das Klima kümmert sich nicht um Donald Trump. Wir gehen aus zwischenmenschlicher Überzeugung verantwortungsvoll mit friedfertigen Menschen aus anderen Ländern um, die zu uns kommen oder längst bei uns leben. Und nein: Remigration ist keine Option“, so das Stadtoberhaupt. 

Erinnerung an Ergebnisse von vergangenen Wahlen

Demokratie sei nicht die einfachste, aber eben die Staatsform, zu der es keine gute Alternative gebe. „Ich wünsche mir, dass wir alle das in Gesprächen, die sich alltäglich ergeben, denen bewusst machen, die sich anders äußern: gerade jetzt während des Bundestagswahlkampfs. Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass bei uns in Giengen im vergangenen Jahr zwar insbesondere demokratisch gewählt wurde. Wahr ist aber auch, dass 22,73 Prozent der Stimmen bei der Europawahl und 4788 Stimmen bei der Kommunalwahl an die AfD gingen“, sagte der Rathauschef.

Giengen, so Henle in seiner Rede, sei zwar nicht eine Insel der Seligen, aber doch eine Stadt, in der „die Dinge nach wie vor sehr gut laufen“. In der Folge spannte der Rathaus-Chef einen weiten Bogen, sprach beispielsweise von steigenden Geburtenzahlen, verbesserten Einkaufsmöglichkeiten oder Wohnraum, der entstehen soll.

Orientalischer Markt soll in der Langen Straße öffnen

Für die Innenstadt kündigte er die Eröffnung eines kleinen türkisch-orientalischen Lebensmittelmarkts an, der im Februar an der Langen Straße öffnen soll. Im Hinblick auf den Burger Grill an der Marktstraße soll bis Ende März die Planung stehen.

In Bezug auf den Bau einer neuen Reha an der Ehbachstraße würden intensive Gespräche mit möglichen Betreibern laufen. Der Investor sei nach wie vor an Bord. Beim Thema Gesundheit unterstütze die Stadt bestehende Praxen auf der Suche nach geeigneten Räumen und würde städtische Objekte gegebenenfalls vergünstigt vermieten. „Um bessere Bedingungen für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen – und sie damit für Giengen zu gewinnen – bahnen wir den Weg hin zu Teampraxen, kollegialen Arztpraxen und medizinischen Versorgungszentren“, so Henle.

Schöne Show: Die Trampolin-Springer vom Turnverein Burgberg boten gute Unterhaltung. Foto: Markus Brandhuber

Die Entwicklungen im Industriepark ließ der Oberbürgermeister ebenso nicht außen vor wie die Situation in Kitas und Schulen sowie bei der Integration und die Möglichkeiten der Beteiligung durch Bürgerinnen und Bürger.

Alle Vorhaben der Stadt, so Henle, fußten auf soliden Zahlen: „Wir planen auch 2025 mit einem deutlichen Überschuss von rund 1,66 Millionen Euro – viele Kommunen in Baden-Württemberg können davon nur träumen. In den Folgejahren kommt uns zugute, dass wir in den vergangenen Jahren Überschüsse angespart haben und aus diesen Vorräten auch unter den dann schwierigeren Bedingungen zehren können. Wobei: Mein ehrgeiziges Ziel ist es, die Vorräte auch dann nicht anknabbern zu müssen“, so das Stadtoberhaupt, das am Ende zum gemütlichen Beisammensein bei Getränken, Gesprächen und kleinen kulinarischen Köstlichkeiten einlud.

Ein Stehempfang mit Getränken, Gesprächen und Essen war Teil des Programms. Foto: Marc Hosinner

Deutliche Worte zur FPÖ von Bernd Jammernegg

Unter den vielen Ehrengästen des städtischen Neujahrsempfangs waren auch Vertreter der Partnerstädte. Aus Le Pré Staint-Gervais waren Bürgermeister Laurent Baron und sein Rathauskollege Léopold Hourquet in Giengen. Bürgermeisterin Heike Bergmann führte die Delegation aus Zeulenroda-Triebes an, Gemeinderat Bernhard Jammernegg vertrat Köflach.

Jammernegg sagte, dass Städtepartnerschaften Verbindungen schaffen. Wenn er jetzt sehe, wie Menschen aus anderen Ländern derzeit von der FPÖ mit dem möglichen Kanzler Kickl betrachtet werden, blute ihm das Herz. „Ich treffe jedes Mal liebe Freunde in Giengen“, so Jammernegg.

Das Programm des Neujahrsempfangs wurde umrahmt von zwei Trampolin-Shows des Turnvereins Burgberg, Beiträgen von „Mann-Oh-Mann – der gemischte Chor ohne Frauen“ und der Stadtkapelle Giengen.