Erneuerbare Energien

In welchen Stadtgebieten in Giengen Wärmenetze entstehen könnten

Wärmenetze mit zentralen Heizungsanlagen können eine gute Lösung sein, um mit regenerativen Energien zu heizen. Für die Kernstadt in Giengen wurde jetzt untersucht, wo Wärmenetze entstehen könnten.

Eine Möglichkeit, um regenerative Energie zum Heizen einzusetzen, sind Wärmenetze, bei denen in einer Heizzentrale Wärme erzeugt wird, die mittels Rohrleitungen zu angeschlossenen Gebäuden in der Nähe transportiert wird. Inwiefern solche Wärmenetze in Giengen aufgebaut werden könnten, wurde in einer Konzeptstudie ermittelt. Diese ist Teil der kommunalen Wärmeplanung, mit der der Gemeinderat sich in seiner jüngsten Sitzung beschäftigt hat. Jannik Klett von der städtischen Gesellschaft Digikomm berichtete über die bisherigen Erkenntnisse.

Zwei Wärmenetze gibt es in der Giengener Kernstadt bereits, wobei eine Heizzentrale in der Bühlschule und eine in der Walter-Schmid-Halle steht. Das Wärmenetz rund um die Stadthalle wird dabei als Keimzelle für den weiteren Ausbau dieser Heizmöglichkeit gesehen. Von diesem Standort aus könnte die ganze Innenstadt versorgt werden. Angeschlossen werden könnten sowohl private als auch städtische Gebäude. Allerdings ist die Heizanlage der Walter-Schmid-Halle, mit der auch die angrenzenden Schulgebäude versorgt werden, nach einem Wasserschaden defekt und basiert zudem auf fossilen Brennstoffen. Derzeit wird die Wärme mit einer Übergangslösung erzeugt. In Zukunft soll dafür eine Lösung mit hohem und zunehmendem Anteil an erneuerbaren Energien gefunden werden. Außerdem würde für eine größere Heizleistung eine separate Heizzentrale gebraucht werden, da der Platz in der Walter-Schmid-Halle begrenzt ist. Diese könnte laut Konzeptstudie nahe dem Steiff-Areal errichtet werden.

Vor 20 Jahren wurden Kunststoffleitungen zwischen Realschule und Schwageschule verlegt, um die Grund- und Hauptschule ans Wärmenetz der Walter-Schmid-Halle anzuschließen. Archiv/Marc Hosinner

Geprüft werden soll nun, ob ein Wärmenetz in diesem Bereich schrittweise aufgebaut werden könnte, das anfangs von der Walter-Schmid-Halle aus versorgt und dann um eine zweite Anlage erweitert werden würde. Eine weitere Option wäre der Anschluss an das Bio-Heizkraftwerk Herbrechtingen. Die Kosten für die Zuleitung würden laut Studie ungefähr den Kosten für eine eigene Heizzentrale entsprechen.
Auch das Bühlschul-Areal wird bereits durch ein Wärmenetz versorgt, das aber auch auf fossilen Brennstoffen beruht. Hier wurde ein Konzept erarbeitet, um das bisherige Blockheizkraftwerk durch Luft-Wasser-Wärmepumpen zu ersetzen. Die Hauptlast des benötigten Stroms könnten die Photovoltaik-Anlagen liefern, die bereits auf der Bühlschule installiert sind und die auch noch durch weitere PV-Anlagen ergänzt werden können. Dafür wäre nach einer ersten Schätzung eine Investition von ungefähr zwei Millionen Euro notwendig, wovon ca. 600.000 Euro gefördert werden könnten.

Der Bereich der Innenstadt ist laut Jannik Klett besonders geeignet für den Ausbau eines Wärmenetzes. Es gibt dort mehrere kommunale und öffentliche Gebäude, die als Ankerkunden dienen könnten, außerdem seien regenerative Einzelheizungen in den vielen historischen, teils auch denkmalgeschützten Häusern schwer zu realisieren. Denkbar wäre eine Anbindung an das Bestandsnetz der Walter-Schmid-Halle oder eine neue dortige Wärmezentrale, möglicherweise aber auch an ein Wärmenetz in der Memminger Wanne.

Für die Memminger Wanne würde sich laut Konzeptstudie die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Aufbaus und Betriebs eines Wärmenetzes ergeben, weil dort viele Bestandsheizungen aufgrund des Alters des Wohngebiets in nächster Zeit ausgetauscht werden müssten. Deshalb würde man mit vielen potenziellen Interessenten für einen Anschluss an das Wärmenetz rechnen. Die Stadt hat in der Memminger Wanne zwei mögliche Standorte ausgemacht, an denen private Investoren eine Heizzentrale betreiben könnten. Wenn diese den Grundwärmebedarf liefern würden, lägen die Investitionskosten für die Stadt bei rund 8,5 Millionen Euro, wovon rund drei Millionen Euro über Fördergelder abgedeckt werden könnten.

Weniger erfolgversprechend wäre der Aufbau eines Wärmenetzes im Neubaugebiet Bruckersberg-Ost. Dort rechnet man mit einem hohen technischen und administrativen Aufwand, der sich nur lohnen würde, wenn 80 Prozent der Gebäude angeschlossen werden würden und zudem alle privaten Dächer mit PV-Anlagen belegt würden. Dafür gebe es aber keine rechtliche Grundlage, so Klett.

Es ist wichtig, durch den Ausstieg aus der fossilen Energie aktiv zur Erfüllung der Klimaziele beizutragen.

Dieter Henle, Oberbürgermeister

Oberbürgermeister Dieter Henle hat durchaus im Blick, dass die Energiewende eine große Aufgabe ist: „Die Kommune muss deutlich mehr Geld als üblich für die Versorgungsinfrastruktur bereitstellen, dadurch entstehen Konflikte.“ Es gebe ein Spannungsfeld zwischen der bestehenden und der zukünftigen Versorgungstechnologie, so Henle. Der nötige Umbau der Versorgungsnetze bringe Bautätigkeiten und nicht zuletzt auch Diskussionen in der Stadtgesellschaft mit sich. Trotzdem sei es wichtig, „durch den Ausstieg aus der fossilen Energie aktiv zur Erfüllung der Klimaziele beizutragen.“ Die nachhaltige Energieversorgung hat seiner Meinung nach das Potenzial, „die bisher ziemlich sorglos aufgebauten Belastungen für zukünftige Generationen nach und nach aufzulösen.“

Der nächste Schritt hinsichtlich der Wärmenetze ist eine Machbarkeitsstudie, die wegen des „Henne-Ei-Problems“ notwendig sei, so Jannik Klett: „Wir müssen wissen, wie viele Bürger mitmachen würden, um feststellen zu können, wie groß das Wärmenetz sein muss.“ Priorisiert wird eine Untersuchung der neuen Heizanlage an der Walter-Schmid-Halle, die dringend benötigt wird, ebenso die Transformation des Wärmenetzes an der Bühlschule. Das Wärmenetz für das Neubaugebiet Bruckersberg-Ost wird nicht weiterverfolgt.

Warum Wärmenetze wichtig sind

Ein wichtiger Baustein für klimaneutrales Heizen sind Wärmenetze deshalb, weil durch sie viele Wärmequellen eingesetzt werden können, die dezentral weniger effizient oder gar nicht genutzt werden können. Beispiele dafür sind Abwärme aus Rechenzentren oder Industrie, Solarthermie, Biomasse sowie Wärme aus Abwasser und Großwärmepumpen. Auch bieten sie Puffer, die ein zunehmend auf erneuerbaren Energien beruhendes Stromnetz stabilisieren können.

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