Kritik an Rewe, am Sundgau-Center und der Innenstadtentwicklung: Was OB Dieter Henle dazu sagt
„Gute Beispiele": Unter dieses Motto stellt Oberbürgermeister Dieter Henle das Jahr 2024 in Giengen. Damit eröffnete er auch die erste Austragung von „Henle hautnah" in der Kernstadt, genauer im Bürgerhaus Schranne. Nachdem der Bürgerdialog in der Vergangenheit schon in den Teilorten auf viel Interesse gestoßen war, kamen auch am Mittwochabend viele Giengener zusammen, um Kritik oder Anregungen vorzubringen.
Bei dieser Gelegenheit sprachen Bürgerinnen und Bürger die Schließung der Rewe-Filiale in der Giengener Südstadt an. Eine Zuhörerin monierte, dass vor allem ältere Menschen aus den umliegenden Wohngebieten nun keine Gelegenheit mehr zum Einkaufen hätten. Eine andere Zuhörerin beklagte gar, dass „die ganze Südstadt trauert".
Bäckereicafé und Bankautomat bleiben
Henle pflichtet ihr bei, auch er halte das für einen herben Verlust: „Wir wissen, dass dieser Markt in der Südstadt wichtig ist, ganz unabhängig von dem in der Sundgaustraße", so Henle. Er sei davon ausgegangen, dass Rewe zur vertraglichen Verpflichtung, den Markt bis 2025 geöffnet zu lassen, stehen würde. Er ergänzte: „Mich hat es schwer gewundert, dass ein Unternehmen heutzutage so agiert." Die großen Einzelhandelsunternehmen seien erfahren, Rewe müsse also schon einschätzen können, ob drei Märkte in einer Stadt koexistieren können oder nicht.
Nach Bekanntwerden der Schließung habe er sich dafür eingesetzt, dass zumindest das Bäckereicafé bleiben kann, so Henle. Glücklicherweise habe man mit der Firma Gnaier schnell eine Lösung gefunden. Zudem könne er inzwischen mitteilen, dass auch der Bankautomat bleiben wird. Henle versprach: „Wir werden unser Möglichstes tun, dass diese Marktlage so schnell wie möglich wieder belegt wird." Man sei schon mit mehreren Interessenten im Gespräch, aber da es sich um eine Privatimmobile handle, müsse die Eigentümerin mit einbezogen werden. Er gehe davon aus, den Markt im neuen Jahr neu besetzen zu können.
Nachbesserungen in der Sundgaustraße
Auch zum neuen Einkaufszentrum an der Sundgaustraße, das ebenfalls einen Rewe enthält, gab es verschiedene Anmerkungen. Es kam zur Sprache, dass das Einkaufszentrum für ältere Menschen zu Fuß nur sehr schwer zu betreten sei. Henle war das Problem bereits bekannt, er versprach, dass ein Aufzug möglichst bald nachgerüstet wird.
Ein Zuhörer kritisierte das Aussehen des Gebäudekomplexes und erklärte, dass sich keine Mehrheit für den Bau ausgesprochen hätte, wenn dieser Thema eines Bürgerentscheids gewesen wäre. Henle entgegnete, dass es eine Auslagezeit gegeben habe, während der Bürger Bedenken einbringen konnten. Es habe nur drei Stellungnamen von Privatpersonen gegeben, auf die die Stadtverwaltung trotzdem eingegangen sei. Henle betonte erneut, warum er das Einkaufszentrum für richtig hält: „Heutzutage ist es wichtig, dass man an einem Ort alles findet. Und wenn wir in der Sundgaustraße nicht gebaut hätten, wäre der Müller-Markt aus Giengen weggegangen."
Mehrere Bürger wollten wissen, warum die Stadt bei der Planung des Einkaufszentrums keine verpflichtenden Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach vorgeschrieben hatte. Henle gab zur Antwort, dass sich die Technik und die Prioritäten in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hätten: „Damals wollten wir eine Dachbegrünung, auch im Hinblick auf einen besseren Schutz vor Hitze", so der Oberbürgermeister.
Mehr Photovoltaik auf Dächern
Beim Giengener Industriepark A7 wurde ebenfalls das Fehlen von Dachphotovoltaik kritisiert. Henle erklärte, dass für die dort ansässigen Unternehmen die Möglichkeit bestehe, die Dächer nachzurüsten und Solarplatten anzubringen. Ein Zuhörer beklagte die Unsinnigkeit von Freiflächen-Photovoltaik, während noch Dächer auf dem Stadtgebiet frei seien. Henle betonte die Verantwortung der Stadt Giengen: „Wenn wir die Klimaneutralität in Giengen bis 2035 erreichen wollen, müssen wir Dachflächen nutzen, aber auch Windräder und Freiflächen." Die städtischen Gebäude seien diesbezüglich untersucht worden, zunächst sollen 18 davon mit Dachflächen-Photovoltaik ausgestattet werden. „Weitere Solarparks sind in Giengen im Moment nicht geplant", so Henle. Die Stadtverwaltung müsse sich bei dem Thema weiter mit dem Regionalverband Ostwürttemberg abstimmen.
Ist der Barfüßer zu groß?
Auch die Entwicklung der historischen Innenstadt war beim Bürgerdialog Thema. Mehrere Bürgerinnen und Bürger hegen Zweifel an geplanten Neubauten wie dem Barfüßer. Ein Zuhörer gab zu bedenken, dass es früher nur zwei große Gebäude in der Giengener Innenstadt gegeben habe, die Stadtkirche und das Rathaus. Nun werde der Barfüßer gebaut, der mit vier Vollgeschossen im Vergleich einfach zu hoch sei. Zudem würden dafür zu viele historische Gebäude abgerissen. Ein großes Gebäude könne in 30 Jahren veraltet sein, während viele kleinere Gebäude sich besser an die Anforderungen der Zeit anpassen könnten. Auch das Stadtbild sei zu bedenken: „Es kann passieren, dass wir hier so massiv eingreifen, dass man später nichts mehr wiedererkennt."
Sorge um historische Gebäude
Nicht auf den Abriss, sondern auf den Verfall von alten Gebäuden in der Innenstadt wollte ein anderer Zuhörer hinweisen: „Jeder, der durch Giengen läuft, kennt vier bis fünf Gebäude, die verrotten und verfaulen." Manche davon würden sogar unter Denkmalschutz stehen. Er könne nicht verstehen, warum das Denkmalamt und die Stadt nichts dagegen unternehmen würden.
Henle gab an, dass ihm das Problem schon bekannt sei. Die Stadtverwaltung könne aber meist nicht viel tun, weil die Gebäude oft im Privatbesitz seien und die Besitzer außerhalb von Giengen leben würden. "Es ist nicht unmöglich, an die ranzukommen, aber es braucht teilweise Jahre", so der Oberbürgermeister.
Noch mehr Informationen in der Schranne
Am 28. November kehrt Oberbürgermeister Dieter Henle in die Schranne zurück, um bei einer Bürgerinformationsveranstaltung über das Sanierungsgebiet Burgwiesen zu sprechen, das von der Bahnhofstraße bis zu den Schulen in der Innenstadt reicht. Dabei soll es ab 18 Uhr um das Stadtentwicklungskonzept im Allgemeinen gehen, danach findet ein offener Austausch über das Sanierungsgebiet statt.