Integration

"Meine Arbeit gibt mir viel zurück": Wie Lukas Schuler Giengens Beauftragter für Geflüchtete wurde

Bei Lukas Schuler laufen in Giengen alle Fäden zusammen, wenn es ums Thema Integration geht. Wie der 28-Jährige zu seinem Posten kam, warum er diesen Job gerne macht – und welche Probleme sein Team und er oft erleben.

"Meine Arbeit gibt mir viel zurück": Wie Lukas Schuler Giengens Beauftragter für Geflüchtete wurde

Vermutlich kennt das jeder von uns: Wir brauchen einen Arzttermin, vielleicht auch nur für eine Kleinigkeit, aber kriegen einfach keinen. Wir kommen nicht durch, werden weiterverwiesen, vertröstet. Vermutlich kennt auch das jeder von uns: Wir sollen Formulare von Behörden ausfüllen, scheitern aber an den Formulierungen, und wissen letztlich nicht unbedingt, was da von uns verlangt wird. Vermutlich wissen auch die allermeisten von uns, wie es sich anfühlt, eine passende Wohnung zu suchen, und lange keine zu finden. Für Lukas Schuler und sein Team im Treffpunkt Integration in der Giengener Marktstraße sind solche Schwierigkeiten Alltag. Nicht, weil er dauernd umziehen oder seinen Arzt wechseln will, sondern weil er die Anlaufstelle für Geflüchtete betreut, die ihr Heimatland verlassen mussten und jetzt versuchen, in Giengen ein neues Leben aufzubauen. Momentan, sagt Schuler, kämen überwiegend Menschen aus der Ukraine und aus Syrien, der Kundenstamm sei aber vielfältig und erstrecke sich von Afrika über Europa bis nach Asien.

Gehen wir für den Anfang, geografisch, nicht ganz so weit weg: Schuler selbst kommt aus Schwäbisch Gmünd. Eine Stunde setzt er sich täglich morgens und abends in den Zug, um zur Arbeit zu kommen. Am Abend hilft ihm das dabei, abzuschalten. Seit er vom Integrationsmanager zum Integrationsbeauftragten wurde, führen ihn manche Zugfahrten auch nach Heidenheim oder mal nach Stuttgart, weil dort Treffen stattfinden mit anderen Beauftragten oder Organisationen, die sich mit Integration beschäftigen.

Im Austausch mit dem Freundeskreis Asyl

Vor Ort in Giengen, betont er, sei die Netzwerkpflege ebenfalls sehr wichtig. So befinde sich der 28-Jährige immer im Austausch mit der Stadtverwaltung und mit den Ehrenamtlichen des Freundeskreis Asyl, die in Giengen Geflüchtete unterstützen und beispielsweise regelmäßig ein Sprachcafé veranstalten. Mit Schulen und Vereinen will Schuler künftig auch noch enger zusammenarbeiten. Gespräche mit den Geflüchteten selbst führt er seit seinem Positionswechsel immer seltener, natürlich aber gebe es so manche Familie, die er schon länger begleite und die nach wie vor zu ihm komme, wenn es Probleme oder etwas Neues gebe. “Es ist schön, zu sehen, wenn Familien, die schon länger zu uns kommen, jetzt vor der Einbürgerung stehen”, nennt Schuler ein Beispiel.

Schon vor mehr als drei Jahren hat Schuler in Giengen als Integrationsmanager begonnen, seit fünf Jahren arbeitet er bei der Eva. Ehe er sich mit Integration beschäftigt hat, war er bei der Eva für andere Bereiche zuständig. Davor wiederum arbeitete Schuler ein Jahr lang als Kreisjugendreferent für den Ostalbkreis, auch sein Duales Studium Sozialmanagement absolvierte er beim Jugendreferat des dortigen Landratsamtes, gekoppelt mit den Theoriephasen an der DHBW in Heidenheim. “Danach wollte ich etwas Neues machen, meine Kontakte aus der Zeit pflege ich aber immer noch”, so Schuler. Seine Berufswahl erklärt sich Schuler damit, dass schon seine ganze Familie im sozialen Bereich beschäftigt war: “Meine Eltern waren Altenpfleger”, erzählt er.

Freundschaftlicher Umgang mit den Geflüchteten

Jetzt also Integration. Schuler gefällt die Arbeit vor allem deshalb, weil er “viel zurückkriege” und “extreme Dankbarkeit” erfahre. Außerdem lerne er durch die Menschen viele Kulturen kennen. Der Umgang mit den Menschen, die in den Treffpunkt kommen, sei sehr freundschaftlich, wodurch es gelinge, auch schwierige Probleme gemeinsam aus der Welt zu schaffen. Probleme wie die Wohnungssuche, die Jobsuche, die Ärztesuche. “Oft geht es nur um eine Impfung, aber es dauert ewig, bis wir das organisiert kriegen”, bedauert Schuler. Die Wohnungssuche falle ebenfalls schwer und sei vor allem deshalb frustrierend, weil die Chancen auf eine Wohnung oft davon abhingen, woher die Geflüchteten kommen. “Menschen aus der Ukraine haben bessere Chancen als welche aus Syrien”, vergleicht Schuler, und ergänzt: “Wenn ich bei den Vermietern anrufe, ist alles okay. Wenn ich aber sage, dass ich für jemand anderen suche, der keinen deutschen Namen hat, ist die Wohnung auf einmal weg.” Erfreulich hingegen sei, dass viele der Geflüchteten ziemlich schnell einen Job fänden, beispielsweise bei Amazon im Industriepark an der A7.

Schulers Team besteht momentan aus drei Integrationsmanagern, vor kurzem kam noch eine Integrationsmanagerin dazu, was im Umgang mit geflüchteten Frauen sehr hilfreich sei. “Jeder Mitarbeiter hat andere Stärken und wir ergänzen uns perfekt”, freut sich Schuler. Beim Treffpunkt Integration lege man viel Wert darauf, dass die Menschen spontan und ohne Termin vorbeikommen könnten. “Ich wusste selten, was der Tag so bringt”, beschreibt Schuler.

“Jobcenter ein großes Problem”

Die Kommunikation funktioniere mit den meisten Geflüchteten recht gut: Entweder sprächen sie selbst deutsch oder englisch oder aber die Kinder würden das Übersetzen übernehmen. Weit nervenzehrender sei die Kommunikation mit dem Jobcenter: “Das ist ein großes Problem. Eigentlich sollten dort Leute beraten werden, das passiert aber nicht. Sie stehen dann bei uns und fragen nach”, erklärt Schuler, und ergänzt, dass die Bearbeitungszeiten bei Leistungsträgern wie dem Jobcenter momentan sehr lange seien. Immer wieder komme es vor, dass sich der Treffpunkt auch Menschen annehme, für die die Mitarbeiter streng genommen gar nicht zuständig seien. Menschen aus Bulgarien oder der Türkei ohne Flüchtlingsstatus beispielsweise oder Menschen, die schon länger als drei Jahre in Giengen lebten. Letztlich, schildert Schuler, könne sein Team nur Hilfestellung geben, verantwortlich seien die Menschen für sich selbst: “Es ist eine reine Kann-Leistung, die wir anbieten. Wenn wir jemandem dreimal sagen, dass er eine Sache regeln muss, er es aber nicht macht, dann sind uns die Hände gebunden.”

Integrationsarbeit übernimmt die Eva

Als Lukas Schuler in Giengen angefangen hat, arbeitete er noch mit Kolleginnen zusammen, die bei der Stadt angestellt waren. Mittlerweile aber hat die Stadtverwaltung die Integrationsarbeit ganz an die Eva vergeben, die jetzt das fünfköpfige Team für den Treffpunkt Integration stellt.