Krieg, Flucht, Hunger: All das hat Jürgen Fischer in jungen Jahren erleben müssen. „Das hat mich wahrscheinlich abgehärtet“, sagt er im Rückblick. Am Samstag wurde Fischer, der in Langenbielau in Schlesien zur Welt kam, 90 Jahre alt, erfreut sich dabei guter Gesundheit und steckt nach wie vor voller Tatendrang.
Bequemlichkeit ist überhaupt nicht mein Ding
Jürgen Fischer, Jubilar
„Bequemlichkeit ist überhaupt nicht mein Ding. Auf dem Sofa herumsitzen bringt doch nichts“, sagt Fischer, der lieber im Garten zu Werke geht oder Sitzungen des Gemeinderats verfolgt und sich dort als Bürger mit interessanten Fragen einbringt. Das habe er auch weiter vor.
Das Gremium kennt er auch aus anderer Perspektive. Mehr als zwei Jahrzehnte hatte er Sitz und Stimme im Stadtparlament, führte gar den CDU-Wählerblock als Fraktionsvorsitzender an.
Doch der Reihe nach: Fischer wuchs in Oberschlesien auf. 1945 führte die Vertreibung ihn, seine Mutter und die Geschwister nach Bachhagel. 1948 kam der Vater aus der Gefangenschaft und es folgte der Umzug nach Giengen. Dort begann Jürgen Fischer rasch, sich in der katholischen Kirche zu engagieren: als Ministrant, Lektor, Mitglied im Kirchengemeinderat und mehr.
Beruflich schlug er den Weg des Industriekaufmanns ein. Den Beruf hatte er bei Bosch erlernt und übte ihn dort auch aus.
Zehn Jahre war er, der 1960 seine Frau Anna geheiratet hatte, im Rat der Katholiken. Das Interesse galt aber auch der Kommunalpolitik, die fortan den Schwerpunkt seines nebenberuflichen Engagements bilden sollte. 1972 war er der CDU beigetreten, war von 1979 an 20 Jahre CDU-Stadtverbandsvorsitzender, war Mitglied im Kreisvorstand.
Fischer, der weniger durch laute Worte denn durch Akribie auffiel, wurde 1980 erstmals in den Gemeinderat gewählt und übernahm 1987 den Fraktionsvorsitz. Ein Amt, das er bis zu seinem Ausscheiden 2004 innehatte.
Bescheidenheit und Demut zeichnen Fischer, auf dessen Sofa in der Wendezeit die Partnerschaft mit Zeulenroda eingeleitet wurde, aus – und ein vielfältiges Interesse am Lauf der Zeit.
Für sein Wirken erhielt er bedeutende Auszeichnungen: unter anderem die Ehrenmedaille der Stadt Giengen in Gold (2004) und das Bundesverdienstkreuz am Bande (2005).