Brenzufer, Bahnhof oder Steiff-Areal: Wie könnte Giengen aufgewertet werden?
Wäre es nicht denkbar, die Giengener Marktstraße vom Postberg durch das Steiff-Areal bis hin zum Bahnhof zu verlängern? Es war nur eine erste Idee, die Oberbürgermeister Dieter Henle in der Schranne in den Raum warf. Dort zusammengekommen waren neben einigen Mitgliedern des Gemeinderats und der Stadtverwaltung interessierte Bürgerinnen und Bürger, die wissen wollten, was sich in Sachen städtischer Entwicklung in Zukunft tun könnte. Vielmehr noch sollte es in diesem Rahmen darum gehen, dass die Giengener selbst Ideen einbringen und erklären, wo sie in ihrer Heimat Handlungsbedarf sehen.
Weil diese Planungen nicht so ganz einfach sind, sei vorneweg kurz erklärt, worum genau es dabei eigentlich geht: Zum einen gibt es seit 2007 einen so genannten Stadtentwicklungsplan, der immer wieder mal in Teilen fortgeschrieben worden ist. Zuletzt passierte das 2020 und es dürfte klar sein, dass dieser Plan unserer Zeit längst nicht mehr gerecht wird. Bei dem 2007 entworfenen Konzept handelt es sich um einen strategischen Leitfaden für den Gemeinderat, die Verwaltung und die Bürger, Ziel sind die Verbesserung der Lebensqualität in Giengen und der Wandel hin zu einer gerechteren, grünen und produktiven Stadt.
Gerecht, grün und produktiv
„Gerecht“, so erklärte es Henle, meint Chancengleichheit unter anderem im Hinblick auf Daseinsvorsorge, auf Wohnraum- und Energieversorgung, Aus- und Weiterbildung. „Grün“ beschreibe den Zugang zu Grün- und Freizeitflächen ebenso wie Klimaneutralität, Mobilitätssysteme und Ressourcenschutz. "Produktiv“ schließlich lenke den Blick auf eine breit aufgestellte Wirtschaft mit Fokus auf Arbeitskräfte und Infrastruktur sowie Gewerbeflächen.
Zum anderen hat sich die Stadtverwaltung beim Land um eine Förderung fürs Sanierungsgebiet Burgwiesen beworben. Die Grenzen dieses Gebiets können sich noch verändern, dem aktuellen Stand nach aber sieht es wie folgt aus: Die Burgwiesen erstrecken sich von der Friedrich-List-Straße (zwischen Realschule und Lina-Hähnle-Schule) bis zur Bahnhofsstraße. Im Westen wird es von der Herbrechtinger Straße und der Richard-Wagner-Straße limitiert, im Osten von der Heidenheimer Straße, der Burgstraße und der Margarete-Steiff-Straße. Damit fällt auch das Areal rund ums Steiff-Museum ins Sanierungsgebiet, auch dieses soll im Laufe der nächsten Jahre aufgewertet werden.
Eine erste Summe gibt's schon
Noch steht nicht fest, ob dieser Teil Giengens in Stuttgart ins Förderprogramm aufgenommen wird, die Entscheidung könnte rund um Ostern fallen. Klar aber ist, dass es für die Förderung ebenfalls eines aktuellen Stadtentwicklungsplans bedarf. Obendrein erhielt die Stadt Giengen erst vor kurzem gute Nachrichten für die Fortschreibung: Durch das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ fließen schon mal 20.000 Euro in die Stadt an der Brenz.
So viel zur trockenen Theorie, was aber könnte sich in Giengen konkret verändern? Kara Bader und Sophia Ungerer von der Firma Wüstenrot Haus- und Städtebau in Ludwigsburg kümmern sich in Zusammenarbeit mit der Stadt um deren künftige Entwicklung und wollten von den Bürgerinnen und Bürgern wissen, welche Orte sie als schön empfinden und an welchen Orten sie das Gefühl haben, dass dort etwas geschehen müsste. Sowohl für die Kernstadt als auch für die Teilorte klebten die Bürgerinnen und Bürger rote und grüne Kreise auf die Pläne.
Das Ergebnis: Im angedachten Sanierungsgebiet, vor allem rund um den Bahnhof, war ziemlich viel rot zu sehen. Ebenfalls im Gewerbegebiet Ried und im Bereich der Schwage, außerdem dort, wo seit Herbst das neue Sundgaucenter eröffnet hat. Grüne Aufkleber waren vor allem auf dem Schießberg und an den Orten rund um Giengen zu finden, die mitten in der Natur liegen. Was die Teilorte betrifft, gab es in Sachsenhausen lediglich einen grünen Aufkleber (Dorfhaus), auch in Burgberg waren alle Aufkleber grün. In Hürben und Hohenmemmingen gab es beides, vor allem im Ortskern von Hohenmemmingen machte Sophia Ungerer von der Wüstenrot Handlungsbedarf aus.
Während an den Plänen munter geklebt worden ist, fiel die anschließende mündliche Beteiligung seitens der Bürgerinnen und Bürger zunächst eher mau aus. Weniger die städtische Entwicklung als vielmehr die Kreuzung Marktstraße/Badstraße/Lange Straße/Hähnlestraße war Thema, weil dort nicht allen die Vorfahrtsregelung klar ist (wir berichteten). Oberbürgermeister Dieter Henle erklärte, dass es für dieses Problem durch ein neues Schild bereits eine Lösung gebe, zufrieden waren damit aber nicht alle. Moniert wurde seitens einer Bürgerin, die im Ried wohnt, zudem, dass die Verkehrslage dort insgesamt untragbar sei. Sie wünscht sich für diesen Bereich eine Anliegerlösung, sodass beispielsweise die Lederstraße nicht von allen als Durchgangsstrecke genutzt werden kann.
Die Brenz renaturieren?
Im Hinblick auf das angedachte Sanierungsgebiet schloss sich Realschulleiter Dietmar Opitz Henles Idee an, die Marktstraße bis zum Bahnhof weiterzuführen. "Die Brenz in diesem Bereich ist wahnsinnig schön. Man könnte den Bereich ein bisschen renaturieren, eventuell Sitzgelegenheiten schaffen und vielleicht Bäume pflanzen", so Opitz. Vor dem Margarete-Steiff-Gymnasium könnte ein schöner Willkommensbereich entstehen, von dem aus man weiter in die Marktstraße gehen könnte.
Abgesehen davon betonte ein Bürger, dass in seinen Augen kein Handlungsbedarf auf dem Schießberg besteht. Im Sportentwicklungsplan ist derzeit angedacht, das Stadion neu zu bauen und den Schießberg damit grundlegend zu verändern. "Er muss aber nicht auch noch verschlimmbessert werden." Um einen "weiten Blick" bat ein weiterer Bürger, der die Entwicklung der Stadt mit der Forstwirtschaft verglich: "Kahlschlag ist in Deutschland in der Forstwirtschaft nicht üblich. Nur weil etwas schief und krumm ist, sollte man es nicht gleich flächig abbrechen, auch das gehört zum Stadtbild dazu." Die Entwicklung solle nicht nur von Investorenentwicklungen abhängen.
Auch private Eigentümer könnten profitieren
Problematisch sind momentan in den Burgwiesen aus Sicht der Stadtverwaltung unter anderem einige Leerstände sowie eine überalterte Bausubstanz an einigen Gebäuden. Über viele Jahre seien dort Gebäude nicht instand gesetzt worden, worunter die Aufenthalts- und Lebensqualität leide. Die Gesamtsituation soll sich erheblich verbessern, dazu zählt auch, dass private Gebäude saniert werden könnten. Eine Förderung vom Land gibt es auch dafür, sofern die Stadt mit den privaten Eigentümern einen entsprechenden Vertrag abschließt.