Last-Minute oder Kreuzfahrt

Absicherung, Zielländer, Urlaubstile: Welche Wünsche Reisebüro-Kunden in Giengen haben

Maren Mesters führt in Giengen seit 2006 ihr eigenes Reisebüro. Die vergangenen Jahre waren an Extremen kaum zu überbieten, zuletzt hielten Flugstreiks und die Waldbrände in Ländern wie Griechenland die Branche in Atem. Wie hat Mesters das erlebt? Und wie reisen die Menschen jetzt?

Absicherung, Zielländer, Urlaubstile: Welche Wünsche Reisebüro-Kunden in Giengen haben

Nur noch ein paar Tage, dann hat auch Maren Mesters eine Woche Urlaub. Sie kann es kaum erwarten, weil die vergangenen Wochen sehr kräftezehrend waren. Die Leute zieht es weg, sie wollen in die Sonne, an den Strand, ans Meer. Zusätzlich zur derzeit extrem hohen Reiselust schwankten auch die Umstände in den vergangenen Monaten von einem Extrem ins andere: Erst waren es die Streiks an den Flughäfen, vor Kurzem die Waldbrände am Mittelmeer, zuletzt das wieder schlecht gewordene Wetter hier in Deutschland, das, wie Mesters erzählt, zu einigen Last-Minute-Buchungen geführt hat. Dabei hatte sich die Reisebranche doch gerade erst wieder aufgerappelt nach der Pandemie. „Und kurz davor hatte uns die Neckermann-Pleite wirtschaftlich sehr getroffen“, so Mesters.

Aber eins nach dem anderen. Vor wenigen Tagen erst war vermeldet worden, dass die Lufthansa nach einem Rekordergebnis im zweiten Quartal auf eines der drei lukrativsten Jahre ihrer Geschichte zusteuert. Dass Fliegen dem Klima nicht gerade zuträglich ist, scheint bei den Reiseplänen der Deutschen nicht ins Gewicht zu fallen. „Mir kommt es so vor, als dass sich die Leute nach der Pandemie noch mehr gönnen als vorher“, beschreibt Mesters – getreu dem Motto: „Man weiß ja nicht, was kommt.“ Mesters macht diesen Eindruck auch daran fest, dass ihre Kunden fürs Reisen jetzt noch tiefer in die Tasche greifen. Kein Wunder also, dass es für die 42-Jährige wirtschaftlich ein „verdammt gutes Jahr war“, wie sie sagt.

In Giengen die Ausbildung gemacht

Mesters und die Reisebranche sind schon seit etlichen Jahren miteinander verbunden. Im damaligen Giengener Reisebüro Keck absolvierte sie ihre Ausbildung zur Touristikkauffrau und übernahm es 2006, als ihr Chef ausgewandert ist. Seither betreibt sie das Reisebüro an der Obertorstraße, nach Giengen gezogen aber ist sie nicht. Sie wohnt in Unterriffingen, einem Ortsteil von Bopfingen, wo sie ebenfalls ihre Stammkunden und ein kleines Büro hat.

In Giengen kommen die meisten ihrer Kunden direkt aus der Großen Kreisstadt oder aus dem Bachtal. „80 Prozent davon sind Stammkunden, die kenne ich zum Teil seit 25 Jahren“, schwärmt sie. Teilweise buchen jetzt schon die erwachsenen Kinder einiger ihrer langjährigen Kunden bei ihr. Es sind Momente, für die Mesters den Beruf so liebt.

Dass ihre Branche durch die Pandemie so erschüttert wurde, hat Mesters beinahe dazu gebracht, ihr Büro zu schließen. „Es war ja überhaupt nicht absehbar, wann sich etwas ändern würde“, erklärt sie. Einen ähnlichen Einschnitt wie Corona hatte sie zuvor erst ein einziges Mal erlebt: nach den Terroranschlägen am 11. September 2011 in den USA. Die „Schockstarre“ der Menschen, die Angst vor Flügen und vor Reisen ins Ausland habe rund zwei Jahre angedauert, ehe sich die Branche wieder erholt habe.

Abgesehen davon ist Mesters einigermaßen verblüfft darüber, wie schnell sich die Gewohnheiten beim Reisen wieder einstellen – so wie jetzt nach den Waldbränden beispielsweise auf der griechischen Insel Rhodos.

Unsicherheit wegen der Brände

„Ich hatte großes Glück. Ich hatte nur einen Kunden in Faliraki, der trotzdem bleiben konnte“, so Mesters. Auswirkungen gespürt habe sie außerdem bei den Kunden, die nach Catania in Sizilien fliegen wollten. Weil die Maschinen dort zeitweise nicht landen konnten, mussten manche Urlauber zum Beispiel in Palermo landen. „Zu der Zeit war auch die Delegation aus San Michele in Giengen. Zu mir sind Sizilianer gekommen, die auch nicht wussten, wie sie wieder zurückkommen sollen“, beschreibt die 42-Jährige.

Mittlerweile laufe alles wieder im Normalmodus. Gestört hat sich Mesters etwas daran, dass in Deutschland der Eindruck entstanden sei, dass ganz Rhodos gebrannt habe – was, so verallgemeinert ausgedrückt, natürlich nicht richtig gewesen sei. Am meisten beschäftigt gewesen sei sie mit Anfragen von Kunden, die noch nicht auf Rhodos waren, eine Reise dorthin aber bereits gebucht hatten und deshalb verunsichert waren. Ähnlich erging es Mesters, als etliche Flüge im Frühjahr wegen Streiks ausgefallen waren.

Ich bin sicher, dass die Reisebüros auch in Zukunft bestehen bleiben. Wir brauchen dafür aber wieder Azubis."

Maren Mesters, Touristikkauffrau

Ganz grundsätzlich nimmt Mesters seit der Pandemie verstärkt wahr, dass Urlauber die Reisebüros wieder mehr in Anspruch nehmen, statt selbst im Internet nach dem Baukastenprinzip zu buchen. „Die Verunsicherung in den vergangenen Jahren war oft groß. Die Menschen wollen jetzt Reisen, die abgesichert sind“, sagt die Bopfingerin. Pauschalreisen stünden entsprechend hoch im Kurs, ebenso Kreuzfahrten. Was die Reiseziele angeht, buche sie für Familien überwiegend die Türkei. Kinder würden in den dortigen Hotelanlagen auf ihre Kosten kommen, die Eltern ebenfalls, außerdem sei das Preis-Leistungs-Verhältnis, verglichen etwa mit Spanien oder Griechenland, noch besser.

Flüge oft ab Nürnberg

Meistens fliegen ihre Kunden von Nürnberg aus dorthin, weil die Flüge dort so früh und so spät am Tag starten, dass man sich keinen Urlaubstag kaputtmachen müsse. Schon jetzt, erzählt Mesters, wollen die ersten Kunden ihre Sommerreise fürs nächste Jahr buchen. „Dafür ist es aber noch zu früh. Erst in ein paar Wochen sind alle Preise klar, dann kann man vergleichen“, so die Reiseexpertin. Grundsätzlich sei es aber nach wie vor ratsam, so früh wie möglich zu buchen: Die Last-Minute-Preise seien kein Vergleich zu den Frühbucherrabatten. Insgesamt, das bestätigt Mesters, sind die Preise für die Hotels und die Flüge deutlich gestiegen.

Kaum noch Mitarbeiter

Gestiegen ist auch der Aufwand, den Maren Mesters in ihrem Büro betreibt. Vor der Pandemie seien neben ihr noch dreieinhalb weitere Kräfte im Reisebüro beschäftigt gewesen, mittlerweile arbeite sie alleine mit nur einer weiteren Aushilfe. Während Corona habe sie für die Mitarbeiter keine Beschäftigung und kein Geld gehabt, mittlerweile laufe alles wieder wie vorher, aber sie finde keine Mitarbeiter mehr. „Ich bin dankbar dafür, wie es jetzt wieder läuft, und bin sicher, dass die Reisebüros auch in Zukunft bestehen bleiben. Wir brauchen dafür aber wieder Azubis“, betont Mesters.

Urlaubsgrüße über Whatsapp

Verändert habe sich in der Tourismusbranche zum Teil auch die Art des Kundenkontakts. Maren Mesters erzählt beispielsweise davon, dass die meisten ihrer Kunden ihre Handynummer haben und sich für kurze Fragen oder auch, um Fotos aus dem Urlaub zu senden, über Whatsapp bei ihr melden. „Das hat sich total verändert“, so Mesters, für die die Bilder auch ein Stück Wertschätzung ihrer Arbeit bedeuten.

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