Als Schüler und einer der Schülersprecher des Margarete-Steiff-Gymnasiums in Giengen wollte Atakan Özen eigentlich an „Jugend und Parlament“ teilnehmen. Das Mindestalter von 17 Jahren machte ihm einen Strich durch die Rechnung – doch die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier bot ihm kurzerhand ein Praktikum an. „Das war eine einmalige Chance, die ich sofort genutzt habe“, erzählt Atakan.
Berlin und die ersten Schritte in die Politik
Die ersten Eindrücke in Berlin seien aufregend und überwältigend gewesen. In der vergangenen Woche erlebte Özen Politik hautnah: „Ich habe eine Führung durch das Reichstagsgebäude bekommen und besuchte eine Anhörung zum Thema Klima, wodurch ich Einblicke in die SPD-Fraktion bekam. Besonders beeindruckend war für mich das Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz und der Bundesinnenministerin Nancy Faeser, denn die meisten sagten zu mir, dass es höchst unwahrscheinlich sein wird, sie zu treffen.“
Auch der Austausch mit dem deutsch-türkischen Abgeordneten Macit Karaahmetoğlu (SPD) sei für ihn eine außergewöhnliche Erfahrung gewesen. Begleitet von täglichen Debatten, interessanten Sitzungen, kommunalen sowie feministischen Themen habe er sich schnell wohlgefühlt, so der MSGler. Doch am spannendsten sei für ihn eine Debatte im Plenarsaal über die Konsequenzen des amerikanischen Wahlergebnisses für Deutschland gewesen. Seine Zeit bei Leni Breymaier habe ihm tiefe Einblicke in die Arbeit einer Bundestagsabgeordneten und deren Einsatz für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gegeben. „Leni Breymaier hat mir stets das Gefühl gegeben, dass auch meine Meinung zählt, und hat mir jede Begegnung ermöglicht, die ich mir wünschte“, erzählt er.
Ein Praktikum mit überraschender Wendung
„Die Auflösung der Ampel-Koalition hab ich eigentlich erst im Hotelzimmer übers Internet mitbekommen. Aber wenn man über das Dreiertreffen von Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner gelesen hatte, hätte man sich denken können, dass es dazu führen wird“, so der 16-Jährige.
An die Koalitionsauflösung anschließend seien wirtschaftspolitische Themen zentral gewesen und es habe sich des Öfteren gezeigt, dass die Kompromissbereitschaft, besonders seitens der FDP, nicht immer gegeben gewesen sein. Deshalb sei eine gemeinsame Linie zu finden entscheidend, doch Atakan vermutet dennoch: „Ich denke, dass es schon so war, dass die FDP etwas gemacht haben muss, dass es so gekommen ist.“
Er ist überzeugt, dass es schwierig wird, die versprochenen Ziele umzusetzen, vor allem da die SPD und die Grünen alleine nicht über genügend Stimmen verfügen. Außerdem sei eine Zusammenarbeit mit der Opposition wichtig, um bis zu den Neuwahlen stabil zu bleiben.
Die Zukunft lässt eine Überraschung übrig
„Die Ampel-Koalition war eine, in der es anders als erhofft ausgegangen ist. Dass es am Ende so gekommen ist, erwartete ganz zu Beginn wahrscheinlich keiner“, so der Giengener. Er denkt, dass die SPD bei den Neuwahlen stabil bleiben werde, während die FDP und die Grünen Sitze verlieren könnten. Allerdings fürchtet Atakan, dass die AfD in gewissem Maße stärker werde, aber eine Koalition vermutlich nicht zustande komme, zumindest hoffe er dies. „Es gibt einen zunehmenden Rechtsdruck, den ich auch aktiv mitbekommen habe, aber auch einen Kampf gegen rechts, der meiner Meinung nach niemals enden sollte.“
In der Zukunft plant der junge Schüler, Medizin zu studieren, aber im Gespräch verrät er, dass er sich auch mal in der Politik sehen würde, allerdings nicht hauptberuflich. „Jeder beschwert sich und keiner macht was“, deshalb möchte er selbst etwas starten, was vielleicht durch das Praktikum leichter wird. Denn die Jugendlichen sollen sich gehört und animiert fühlen.
Jugend und Parlament
Das Planspiel „Jugend und Parlament“ ermöglicht Jugendlichen zwischen 17 und 20 Jahren, für vier Tage die Rolle von Bundestagsabgeordneten zu übernehmen. In diesem realistischen Simulationsspiel diskutieren die Teilnehmenden aktuelle Themen, erarbeiten Gesetzesentwürfe und erleben den parlamentarischen Alltag. Begleitet von echten Abgeordneten erhalten sie wertvolle Einblicke in politische Prozesse und stärken ihre politische Bildung. Die Teilnahme ist kostenlos und jedes Jahr können sich junge Menschen für das Planspiel bewerben.