Rommelstraße, Udetweg und Möldersweg in Burgberg werden zwar nicht umbenannt, aber durch „schwankende“ Straßenschilder und Informationen nach aktuellen historischen Erkenntnissen ergänzt. Das hat der Giengener Gemeinderat am Donnerstag bei nur einer Gegenstimme beschlossen. Zwar gibt es immer noch unterschiedliche Ansichten zum Thema, der Designvorschlag des Heidenheimer Künstlers Rainer Jooß war aber konsensfähig.
Wir wissen immer noch bedauerlich wenig darüber, wie die damalige Benennung zustande kam.
Günther Ingold, Baurechts- und Planungsamt der Stadt Giengen
„Wir wissen immer noch bedauerlich wenig darüber, wie die damalige Benennung zustande kam“, sagte Günther Ingold vom Baurechts- und Planungsamt der Stadt Giengen. Die damaligen Gemeinderäte von Burgberg und nach der Eingemeindung von Giengen hätten die Namen festgelegt, das „Widerstandsviertel“ sei entstanden.
Dort wurden Straßen vor allem nach bis heute anerkannten Widerstandskämpfern wie Dietrich Bonhoeffer und Claus Graf Schenk von Stauffenberg benannt. Inwieweit Rommel, Udet und Mölders dem Widerstand zuzurechnen sind, ist heute Bestandteil lebhafter Diskussionen.
Heidenheimer Künstler Rainer Jooß hat Konzept entwickelt
Damals sei der Widerstand gegen das verbrecherische Nazi-Regime noch „stark umstritten“ gewesen, fügte Ingold hinzu. Die Gesellschaft sei sich wenige Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch uneins gewesen, ob Widerstandskämpfer Retter oder Verräter waren. Heute sehe man in ihrem Agieren einen „Aufruf für das Handeln gegen ein totalitäres Regime“.
Gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom März 2024, wonach die Namen von Rommelstraße, Udetweg und Möldersweg zwar erhalten bleiben, jedoch durch eine künstlerische wie historische Ergänzung neu eingeordnet werden sollen, hat die Stadtverwaltung Rainer Jooß mit einer Konzeption beauftragt. Diese sieht vor, die Schilder der drei Straßen beweglich zu lagern, sodass sie sich in gewissem Umfang im Wind bewegen und ein Gefühl von „Da stimmt etwas nicht“ erzeugen können. Zudem sollen QR-Codes angebracht werden, die auf aktuelle Informationen auf der städtischen Webseite lenken. In der Maria-von-Linden-Halle könnte zudem auf einer Tafel oder auf einem Bildschirm auf die Hintergründe der Straßennamen eingegangen werden.
Ingold betonte, die schwankenden Schilder sollen zwar einen „diskreten Anstoß zum Nachdenken“ geben, zugleich aber zu jeder Zeit lesbar sein. Welche Inhalte etwa auf der Webseite zu lesen sein werden, sei letztlich nicht Sache der Verwaltung, sondern Ergebnis demokratischer Prozesse und der Einschätzung der pluralistischen Wissenschaft.
Anregung zur Beschäftigung mit der Geschichte
Stadtrat Martin Hörsch (Grüne und Unabhängige) verlieh der Hoffnung Ausdruck, „dass sich die Menschen über den Code mit dem Thema auseinandersetzen“. Das sei in einer Zeit, in der Vieles aus der Zeit der Nazi-Herrschaft verharmlost wird, von großer Bedeutung.
Gaby Streicher (SPD) hätte es „weiterhin besser gefunden, wenn wir die belasteten Namen entfernt hätten“, Jooß‘ Idee finde sie aber gut. Nur ein Schild mit einem aufklärenden Text wäre ihrer Ansicht nach zu wenig gewesen. Streichers Fraktionskollege Klaus Kälble geht von Akzeptanz für die Ergänzung aus. Bei einer „riesigen Schautafel“ wäre das seiner Meinung nach nicht der Fall gewesen.
Nach den Gesamtkosten für das Vorhaben erkundigte sich Benjamin Bahmann (CDU-Wählerblock). Vorgesehen sind laut Stadtverwaltung bis zu 8000 Euro. Weil die genaue Ausgestaltung etwa der Präsentation in der Maria-von-Linden-Halle noch nicht feststeht, könne noch keine exakte Summe genannt werden.
Michael Zirn vom CDU-Wählerblock begrüßte es, dass die Straßen nicht umbenannt werden, ging in der Diskussion aber auch davon aus, dass man diese Namenswahl heute nicht mehr treffen würde. Die damalige Benennung sei ein Hinweis darauf, wie in den 1970er-Jahren mit dem Thema Widerstand umgegangen wurde.
Patrick Dehlau (AfD) sagte, er halte nichts von dem Konzept. Es gebe in der Stadt Schilder, die dringender erneuert werden müssten. Oberbürgermeister Dieter Henle riet ihm, entsprechende Hinweise könne er der Stadt über die Mängelmeldungs-App „Meldoo“ geben. Dehlau stimmte als einziger gegen den Verwaltungsvorschlag.
Wie geht es weiter?
Im nächsten Schritt soll ein Prototyp entwickelt und getestet werden, bevor alle Schilder dauerhaft neu montiert werden. Bis dahin sollen auch die zu hinterlegenden Texte weiter ausgearbeitet werden. Dies war auch ein in der Bürgerfragestunde geäußertes Anliegen.