So war das letzte Herbstkonzert mit Hannes Färber in Giengen
Ein bisschen Wehmut war auch mit im Spiel, als der Musikverein Stadtkapelle Giengen am Samstagabend in der Walter-Schmid-Halle sein Herbstkonzert absolvierte. Letztmals dirigierte Hannes Färber die rund 40-köpfige Formation bei diesem musikalischen Jahres-Höhepunkt, an dem die Giengener Musikerinnen und Musiker einmal mehr ihr hohes konzertantes Niveau unter Beweis stellen konnten. Färber, seit Januar 2019 musikalischer Leiter des Musikvereins, will nach eigenen Worten kürzertreten, steht aber weiter dem Jugendblasorchester und dem Vororchester zur Verfügung. Der stellvertretende Leiter der Giengener Musikschule wird letztmals am 16. Dezember beim Weihnachtskonzert für die Stadtkapelle den Taktstock schwingen.
Hochmotiviertes Orchester
Passend griff Färber am Ende des Konzerts am Samstag selbst zum Tenorhorn und sorgte mit John Legends Ballade „All of me“ als Zugabe für einen stimmungsvoll-melancholischen Schlusspunkt. Vorausgegangen war unter der Stabführung des Sontheimers ein zweistündiger Konzertabend, der von Klassik bis Pop alle Erwartungen und Ansprüche erfüllte. Vom ersten bis zum letzten Takt war zu erkennen, dass das „hochmotivierte Orchester“, welches Vorsitzender Rainer Lorenz angekündigt hatte, keine übertriebene Floskel war. Schade nur, dass nicht alle Stühle in der Walter-Schmid-Halle besetzt waren. Das Herbstkonzert 2023 hätte fraglos ein volles Haus verdient gehabt.
Schon bei der „Jubilee Ouverture“ von Philip Sparke konnten die Giengener Musikerinnen und Musiker die ganze Bandbreite dessen zeigen, was ein gutes Blasorchester ausmacht. Nach festlichem Fanfarenklang ging`s spritzig und munter durch die ersten Konzertminuten. Dass die Giengener beim Wertungsspiel in Sontheim/Brenz mit diesem Vortrag schon höchste Anerkennung einheimsten, musste niemanden mehr verwundern.
Anspruchsvolles Arrangement
Anspruchsvoll ging es weiter mit einem Arrangement des österreichischen Komponisten Otto M. Schwarz, der unter dem Titel „Between Two Worlds“ die kanadische Sage vom fliegenden Kanu („The Flying Canoe“) vertonte. Die Giengener Musikerinnen und Musiker nahmen ihr Publikum mit hinein in die dramatische Weihnachtsgeschichte der Holzfäller, die dank eines „fliegenden Kanus“ das Fest bei ihren Lieben daheim feiern konnten und trotz eines dramatischen Absturzes noch rechtzeitig wieder zurückkehrten – eine emotionale Achterbahnfahrt in Klang und Rhythmus.
Noch vor der Pause lieferte Thommy Zink das Solo-Glanzlicht des Abends. Der gebürtige Berliner ist 1. Oboist beim Heeresmusikkorps in Ulm und arbeitet als Dozent für Oboe an der Giengener Musikschule. Im zweigeteilten Concerto für Oboe und Orchester überzeugte Zink mit Präzision und spielerischer Leichtigkeit bei den ruhigen Momenten ebenso wie im lebhaften Allegro spiritoso. Bei der Zugabe präsentierte Thommy Zink dann auf seinem Englisch Horn unter Begleitung von Manuela Johannes am Flügel Leonard Cohens „Halleluja“. Passende Informationen zum Interpreten lieferte Nicole Brendel, die als Moderatorin locker und launig durch den Abend führte. Sie erzählte unter anderem von der Fußball-Leidenschaft Thommy Zinks, der oft verschwitzt zur Oboeprobe erschienen sei und sich deshalb als „fußballspielender Mittelfeld-Oboist“ einen (Spitz-)Namen machte.
Polarlichter in Klängen
„Aurora Borealis“ heißt eine Komposition des US-Amerikaners Rossano Galante. Dahinter verbirgt sich das Naturspektakel der Nord- oder Polarlichter, das die Giengener in prachtvollen Klängen akustisch an den Himmel zauberten. Bei der Filmmusik von Patrick Doyle unter dem Arrangement von Johan de Meij zum britischen König Henry V., der viele Jahre Krieg gegen Frankreich führte, wechselten pompöse, majestätische Klänge mit wildem, packenden Kriegslärm, akustisch zusätzlich untermalt mit Gesangselementen sowie Flügel und Cello. Poppig ging der Abend zu Ende. Beim „Jackson Five Medley“ des Japaners Takashi Hoshide kam dann auch das Schlagzeug erstmals voll zur Geltung. Passend hieß der letzte Titel: „I never can say goodbye.“
Suche nach neuem Dirigenten
Für den zum Jahresende ausscheidenden Stadtkapelle-Dirigenten Hannes Färber gibt es noch keinen Nachfolger. Am Rande des Herbstkonzerts am Samstag erklärte Vorsitzender Rainer Lorenz, dass sich die Suche nicht ganz einfach gestalte. Wer Interesse habe, dürfe sich gerne melden. Falls es nicht gelinge, in naher Zukunft einen neuen Dirigenten zu präsentieren, müsse man sich in Bezug auf die musikalische Begleitung der Stadtkapelle bei Festen (allen voran dem Kinderfest) keine Sorgen machen. Bei solchen Ereignissen wisse man sich zu helfen, versicherte Lorenz. Schwierig sei es hingegen, Konzerte (wie etwa die Rathaus-Serenade oder das Herbstkonzert) ohne festen Dirigenten vorzubereiten und zu veranstalten.