Diese Bedenken gibt's gegen einen Solarpark neben dem Giengener Industriepark an der A7
Allzu lange ist es noch nicht her, da wurde in Giengen viel darüber diskutiert, ob für den Industriepark an der A7 immer noch mehr Flächen versiegelt werden sollen. Die Wirtschaft ankurbeln? Arbeitsplätze schaffen? Einerseits gern gesehen, andererseits ging das zu Lasten etlicher Quadratmeter wertvoller Böden, die vor allem im Hinblick auf den Klimawandel wertvoll sind. In der ersten Gemeinderatssitzung nach der Sommerpause führten die Stadträtinnen und Stadträte jetzt eine ähnliche Diskussion: Auf einer fünf Hektar großen, landwirtschaftlichen Fläche direkt neben dem Industriepark (genauer neben der Firma Noerpel auf Hürbener Gemarkung) soll ein Solarpark entstehen. Noch befinden sich die Pläne in der Anfangsphase, vorerst ging es darum, dass der Gemeinderat einem Bebauungsplan zustimmt, um die Anlage auf dieser Fläche überhaupt zu ermöglichen. "Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns, bevor es in die Umsetzung geht", stellte Oberbürgermeister Dieter Henle voran.
Ein weiter Weg war es auch bis zur Abstimmung über den Bebauungsplan. Vor allem Stadträtinnen und Stadträte der SPD-Fraktion argumentierten gegen den Solarpark, während sich Stadträtinnen und Stadträte von den Unabhängigen/Grünen klar für den Solarpark aussprachen. Zunächst aber: Was genau ist dort auf Hürbener Gemarkung geplant?
Anlage könnte 1400 Haushalte versorgen
Hinter dem Antrag steht das Unternehmen Renergo GmbH mit Sitz in Heidenheim. Markus Arnold, der in Eselsburg aufgewachsen und in Giengen aufs Gymnasium gegangen ist, hat sich mit der Firma selbstständig gemacht, und will neben dem GIP A 7 die Fotovoltaik-Freiflächenanlage umsetzen. Gesichert ist das Flurstück über einen Pachtvertrag bereits durch die Solarpark Hürben GmbH & Co. KG und damit einer hundertprozentigen Tochter der Renergo GmbH. "Wir haben hier keine Verschattung und eine freie Lage nach Süden hin. Mit dem Solarpark könnten wir den Stromverbrauch von rund 1400 Haushalten abdecken", schilderte Arnold.
Weitere Vorteile aus seiner Sicht: Eine Doppelnutzung, beispielsweise in Kombination mit Beweidung oder Honigproduktion, sei auf der Fläche möglich. Trotz der Solarmodule werde vor Ort eine Art Biotop entstehen, weil die Natur in Ruhe gelassen würde. Zudem könne man in 30 Jahren die Module wieder entfernen und die Fläche wie vorher als Acker nutzen. Durch die Kommunalabgabe könnten zwischen 9000 und 10.000 Euro pro Jahr an den städtischen Haushalt fließen. Giengen würde durch den Park einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und die lokale Wirtschaft könne während der Bauphase von der Anlage profitieren. Die Kosten für die Planung und Erschließung des Solarparks, so steht es im Antrag, würde die Renergo übernehmen. Arnold befinde sich außerdem in Gesprächen mit den Eigentümern der Hallen drumherum, um eventuell eine Erweiterung des Parks auf den Dächern möglich zu machen. Einen Umweltbericht über den Eingriff in die dortige Ökologie und einen möglicherweise nötigen Ausgleich wird es im Rahmen des Bebauungsplans noch geben, unter Schutz steht auf besagter Fläche allerdings nichts.
Solarmodule aus China
Stadtrat Martin Unseld (Unabhängige/Grüne) hakte nach, ob die Solarmodule so gebaut werden könnten, dass sie einen größeren Abstand zum Boden haben, um den Acker in Kombination mit lichtdurchlässigen Modulen weiterhin landwirtschaftlich nutzen zu können. Arnold entgegnete, dass es solche Agri-Fotovoltaikanlagen zwar gebe, allerdings nicht in einer solchen Größenordnung: "Da würden wir von 50 Hektar oder mehr sprechen. Eine reine Höhersetzung mit durchsichtigen Modulen gibt es in diesem Fall nicht und wäre auch nicht wirtschaftlich", so Arnold. Karin Häußler (CDU) wollte wissen, ob die Module für den Solarpark aus China kommen und betonte, dass die Fläche nach einem Rückbau des Parks nicht mehr als Ackerland nutzbar sei. Arnold bestätigte die Herstellung in China, 95 Prozent aller Module würden momentan dort produziert. Dass die Fläche nach dem Rückbau wieder als Acker gilt wisse er sicher. Häußler erklärte, dass ihr die Module auf Dächern lieber wären, weil sie als ehemalige Landwirtin weiß, wie wertvoll die Ackerböden sind. Daher enthielt sie sich bei der Abstimmung.
Große Bedenken meldete schließlich auch Gaby Streicher, Fraktionsvorsitzende der SPD, an. Zwar leisteten solche Anlagen einen großen Beitrag für die Energiewende, gleichzeitig sei durch den Industriepark aber schon viel landwirtschaftliche Fläche verbraucht worden. "Klimaschutz ja, aber nicht bei uns, wie beim Sankt-Florian-Prinzip, wollen wir auch nicht sagen. Trotzdem haben wir große Bedenken in der Fraktion und fänden Agri-PV-Anlagen oder Solarmodule entlang der Autobahn besser." Ute Goppelt und Monika Albrecht-Groß (beide SPD) unterstrichen diese Haltung und verwiesen auf nötige Flächen, auf denen Pflanzen wachsen und in Biomasse umgewandelt werden könnten (Goppelt) sowie auf andere Vorschläge wie eine Lärmschutzwand in Hürben mit eingebauten Solarmodulen (Albrecht-Groß). Wilhelm Oszfolk (SPD) blieb kurz und bündig: "Ackerland gehört der Landwirtschaft. Fotovoltaik bitte wo anders."
SPD und Unabhängige/Grüne anderer Meinung
Widerspruch kam von Dr. Erwin Kleemann (Unabhängige/Grüne). Zunächst betonte er im Hinblick auf Goppelts Argument, dass nur Pflanzen, die langfristig bleiben, beispielsweise im Wald, Sonnenstrahlung in Biomasse umwandeln könnten. Zudem betonte er, dass der Solarpark eine vertretbare Lösung sei. "Andernfalls können wir jetzt noch jahrelang auf eine ideale Lösung warten." Empört war auch Leonie Gröschl (Unabhängige/Grüne) über die Argumente seitens der SPD: "Das ist doch Sankt-Florian-Prinzip vom Feinsten." Gröschl ist überzeugt, dass die Kommune mit dem Solarpark mehr für den Klimaschutz beitrage als mit einer landwirtschaftlichen Fläche. "Ich habe gar keine Worte dafür. Wir haben für den Industriepark so viel Fläche verbraucht. Wenn wir jetzt nicht zustimmen, empfinde ich das als ganz schwaches Zeichen nach außen."
Nach einer von der SPD erbetenen Sitzungspause stimmte der Gemeinderat letztlich mit zehn Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen für den Bebauungsplan, der den Solarpark ermöglicht.
Kein zusätzlicher Straßenbau nötig
Die Erschließung des geplanten Solarparks ist der Renergo zufolge mit den bereits bestehenden Straßen am GIP A 7 kein Problem. Wenige Male im Jahr würde die Anlage wegen Wartungsarbeiten oder Grünpflege angefahren werden müssen, abgesehen davon werde sich der Verkehr wegen des Solarparks nicht erhöhen. Ein Zaun soll die Anlage abgrenzen, sie selbst besteht aus unbeweglichen, in mehreren Reihen angeordneten Solarmodulen auf Stahl- beziehungsweise Aluminiumgestellen.