Versteigerung von Plüschtieren

Steiff-Auktion: 82.000 Euro zum Ersten, zum Zweiten ... und zum Dritten

Mehrere Stunden langen boten Steiff-Fans auf historische Spielzeuge aus dem Giengener Unternehmen. Viele dabei erzielten Preise lagen deutlich über 1000 Euro. So lief die Versteigerung der Ladenburger Spielzeugauktion in der Giengener Schranne ab:

Während am Samstagnachmittag 31 Grad und drückende Hitze jede Aktivität im Freien ausbremsen, lädt die Giengener Schranne mit ihrem kühlen Steinfußboden und den luftigen Holzbalken geradezu zum Verweilen ein. Schon um 14.30 Uhr stecken die ersten neugierigen Besucherinnen und Besucher den Kopf durch die Tür, während das Team der Ladenburger Spielzeugauktion noch letzte Vorbereitungen trifft.

Um 15 Uhr startet die Auktion mit historischen Steiff-Produkten, an einem Tisch liegt ein dicker Katalog mit genauen Beschreibungen dazu aus. Hier kann man sich auch anmelden und bekommt eine Bietertafel, auf der eine Nummer notiert ist. Nicht jeder Besucher in der Schranne will mitbieten: Es gibt auch Steiff-Fans, die sich keinen der angebotenen Schätze leisten können oder wollen. Sie verfolgen die Auktion als Zuschauer, fiebern mit, beklatschen ersteigerte Stücke im Saal und kommentieren die sich innerhalb von Sekunden in die Höhe schraubende Gebote mit Ausrufen des Erstaunens.

Ein gutgekleidetes Paar mittleren Alters betritt die Schranne. Jeder hat schon einen Teddy aus der aktuellen Kollektion erstanden, sie tragen die Plüschtiere wie Kleinkinder auf dem Arm. Eine junge Frau mit asiatischen Zügen trägt das Haar zu zwei Zöpfen geflochten, ihr Alter liegt unschätzbar zwischen 15 und 35. Mehrere Besucherinnen haben Handicaps. Ein Mann mit starkem Bauchansatz trägt eine Tasche mit dem Motto der Spielzeugauktion: „Manche werden nie erwachsen“. Womöglich trifft das so nicht ganz auf die hier anwesenden Steiff-Fans zu: Volljährig sind sie vermutlich alle. Aber vielleicht lassen sie sich über manche Widrigkeit des Erwachsenenlebens noch immer gerne von einem freundlichen Kuscheltier hinwegtrösten.

Eine eher kleine Veranstaltung der Ladenburger Spielzeugauktion

Götz Seidel betritt die Bühne, begrüßt die Bieterinnen und Bieter. Es sei für sein Unternehmen eine kleine Auktion, 220 Artikel werden angeboten. Bei großen seien es auch mal 2000, dann dauert die Auktion mehrere Tage, erzählt er später. Seit Donnerstag sei sein Team vor Ort in Giengen, berichtet er dem Publikum. Die Technik muss aufgebaut werden, wenn es losgeht, muss alles funktionieren. Während man früher nur vor Ort oder am Telefon bieten konnte, kommt heute als drittes Medium das Internet dazu: Auch online kann geboten werden, alles geht parallel, der Stress für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist immens.

Pia Fast-Seidel, die Tochter von Götz Seidel, startet die Auktion. Sie trägt das dunkle Haar in einem strengen Knoten, Satinbluse zu weißem Rock, eine elegante Erscheinung, die die disziplinierte Strenge einer Tanzlehrerin ausstrahlt. Es geht los mit einem Dackel von 1906, mit Maulkorb und Leine. 600 Euro, zum Ersten, zum Zweiten … und zum Dritten. Der Hammer fällt, Pia Fast-Seidel zischt das Z ins Mikrophon. Sechs Mitarbeiterinnen auf der Bühne haben ein Telefon am Ohr, vermitteln den telefonischen Bietern das Geschehen in der Schranne, geben Handzeichen, ob der unsichtbare Käufer an ihrem Ohr mitgeht oder aussteigt.

Ein Schimpanse von 1912 mit Rennauto

Die Auktion geht voran, Stück für Stück, schon beim dritten Tierchen, dem Schnauzer Scotty auf einem Holzfässchen, klettert der Preis über 1000 Euro. Nummer 4 ist laut Pia Fast-Seidel schon das erste Highlight: ein Schimpanse von 1912, der auf einem roten Rennauto sitzt. Geboten wird auf ihn am Telefon, schnell klettert der Preis bis zum letzten Gebot: 3500 Euro. Nummer 6 ist ein Tanzbär aus Plüsch, der auf einer Scheibe mit Rädern balanciert, um 1900 dachte man offenbar, dass Kinder Freude dabei hätten, ihn an einer Stange vor sich herzuschieben Jetzt hat ein Sammler Freude: 18.000 Euro wird er für das über 120 Jahre alte Stück bezahlen, im Saal wird geraunt und applaudiert, obwohl der Käufer von irgendwo auf der Welt am Telefon geboten hat.

Das nächste Stück wird der erste Kauf im Saal: Ein klassischer Bär von 1935, der helle Mohairplüsch ist laut Beschreibung „teilweise abgeliebt“. 3000 Euro und der Weg ist frei für eine neue Liebe: In der Schranne wird wohlwollend geklatscht dafür, dass der Bär ein neues Zuhause bekommen wird.

Petsys große Stunde

Nach einer halben Stunde wird Pia Fast-Seidel von ihrem Mann Eduard Fast abgelöst. In der Schranne ist ein Sog entstanden, Stück um Stück kommt unter den Hammer, wann wird es wieder ein Bieterduell geben? Selbst, wer nicht mitsteigert, wird da hineingezogen. Nach einer Stunde ist Nummer 34 an der Reihe: Petsy, ein Bär mit kräftig meliertem Fell von 1930. Die blauen Augen sitzen etwas schief, das Stofftier schielt. „Nahezu neuwertiger Zustand, extrem selten“, heißt es im Katalogtext. Petsy wird der Star des Tages: In kürzester Zeit steigen die Gebote von 5000 auf 78.000 Euro, die jemand am Telefon bietet. Noch einmal hebt sich ein Kärtchen im Saal, 80.000 Euro. Während man noch über die Dimension dieser Summe grübelt, werden am Telefon 82.000 Euro geboten und der Hammer fällt. „Krass, ey“, entfährt es einer Zuschauerin.

Zuschlag für 82.000 Euro: Auktionator Fast bei der Versteigerung von Teddybär Petsy. Dennis Straub

Noch krasser war es im Vorjahr: Für 180.000 Euro wurde bei der Auktion 2023 ein Bär von 1912 ersteigert, ein schwarzer Trauerbär zum Gedenken an die Opfer der Titanic, von dem nur 82 Stück produziert wurden. „Das war der höchste Preis, der jemals für einen Bären bezahlt wurde“, meint Götz Seidel. 2002 war der Spielzeugexperte erstmal für eine Versteigerung in Giengen. Sein Auktionshaus sei klein, aber weltweit führend, was Spielwaren angehe, erzählt er. Aufgebaut hat er es selbst: Die Eltern führten ein Spielwarengeschäft, das er hätte übernehmen sollen.

Er habe zunächst damit begonnen, mit gebrauchten Modelleisenbahnen zu handeln. Nach und nach weitete er das Geschäft aus, bis 1989 die erste eigene Auktion stattfand. Mittlerweile sind Tochter und Schwiegersohn mit im Familienbetrieb. „In Giengen bieten wir die besten Stücke aus unserem Fundus an, die wir das ganze Jahr über sammeln“, erzählt Götz Seidel. Bei der Beurteilung der Steiff-Tiere ziehe er immer wieder das Steiff-Archiv zurate, berichtet der Auktionator. Auch wenn der Aufwand für die Ladenburger Spielzeugauktion groß ist, statt im eigenen Auktionshaus in Giengen vor Ort zu versteigern: Es lohnt sich offenbar immer noch. Und, so Götz Seidel: Es zeige auch die Verbundenheit mit der Firma Steiff.

Unterhaltung und Bühnenprogramm für Kinder beim Steiff-Sommer

Die Auktion von historischen Steiff-Produkten fand im Rahmen des Steiff-Sommers statt. Dieser wartete mit einer Menge Attraktionen für Kinder auf: Vom klassischen Steiff-Schaustück mit sich bewegenden Plüschfiguren über Hüpfburg und Trampolin, einem Bühnenprogramm mit dem Auftritt von Sänger Nilsen als Höhepunkt, bis zu Angeboten wie Schminken und Basteln und natürlich jeder Menge Kuscheltiere.

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