Stellungnahme von Oberbürgermeister Dieter Henle

Streit im Verwaltungsausschuss über Schließung der Giengener Rehaklinik

Der Giengener Oberbürgermeister Dieter Henle, der gleichzeitig Kreisrat ist, hat sich im Verwaltungsausschuss des Kreistags deutlich gegen die geplante Schließung der Giengener Rehaklinik positioniert. Dafür musste er heftige Kritik einstecken.

Streit im Verwaltungsausschuss über Schließung der Giengener Rehaklinik

Der Verwaltungsausschuss hat in seiner Sitzung am Montag in Bezug auf die geplante Schließung der Giengener Rehaklinik einen Empfehlungsbeschluss für den Kreistag gefasst. Mit 13 zu zwei Stimmen votierte das Gremium für die Schließung zum 31. März 2024. Gegen diese Entscheidung waren Kreisrat Dieter Henle (Freie Wähler), der gleichzeitig Giengener Oberbürgermeister ist, und Rudi Neidlein (SPD). Dem Beschluss vorangegangen war eine lange, leidenschaftlich geführte Diskussion mit einer ausführlichen Stellungnahme von Dieter Henle gegen die Schließung und massiver Kritik von Margit Stumpp (Grüne), Bernhard Ilg (CDU) und Rainer Domberg (SPD) an Henles Argumentation.

Landrat Peter Polta betonte eingangs, dass das Thema schon länger zur Entscheidung angestanden habe. „Es wurden dabei nicht nur die betriebswirtschaftlichen Zahlen betrachtet“, so Polta. Klinikgeschäftsführer Dr. Dennis Göbel ging dann auf die Finanzierung der Einrichtung und die Versorgungssituation ein. „Alle Rehakliniken leiden darunter, dass es keine Gegenfinanzierung durch die Krankenkassen gibt“, so der Geschäftsführer. Um die Einrichtung in Giengen mit 30 Plätzen auskömmlich zu betreiben, bräuchte man einen um 30 Prozent höheren Tagessatz von den Krankenkassen. „Angeboten haben sie uns zwischen drei und vier Prozent Erhöhung“, sagte Göbel.

Patienten kommen aus der näheren Umgebung

Die weitaus meisten Patientinnen und Patienten kommen aus der Orthopädie und Unfallchirurgie in die Rehaklinik, insbesondere Patienten nach Hüftoperationen. Die nächstgrößere Gruppe kommt nach einem Schlaganfall. 71 Prozent der Patienten werden vom Klinikum Heidenheim nach Giengen überwiesen, wie überhaupt 84 Prozent der Patienten aus der näheren Umgebung mit höchstens einer halben Stunde Fahrtzeit zur Klinik kommen. Innerhalb dieses Radius gibt es auch keine Alternative: Die nächstgelegenen geriatrischen Reha-Einrichtungen befinden sich in Ulm, Aalen, Ichenhausen und Illertissen.

Valentin Hofmann, Vorsitzender des Klinik-Betriebsrats, wies darauf hin, dass die Mitarbeitenden mit der Schließung ihre betriebliche Heimat verlieren würden, „manche haben sich bewusst für Giengen beworben". Allerdings laufen alle Arbeitsverträge auf das Klinikum Heidenheim, wo allen Mitarbeitenden eine Tätigkeit angeboten werde. „Wir werden sie dabei engmaschig begleiten“, so Hofmann. „Für den Betriebsrat stand die Arbeitsplatzsicherung im Vordergrund“, erklärte er.

Kreisrat Dieter Henle hatte eine längere Erklärung vorbereitet, um zu begründen, warum er gegen die Schließung votiert. Er stellte die Frage, ob es zielführend sei, rein betriebswirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Henle stellte die Aussage Göbels in Frage, dass die geriatrische Versorgung von Patienten aus dem Landkreis Heidenheim über vorhandene Plätze in Einrichtungen anderer Träger gesichert sei. „Die Aussage basiert auf einer Untersuchung, die Reha-Plätze in einem weiten Umkreis einbezieht und zudem auf aktuellen Bedarfszahlen basiert“, so Henle. Er gehe angesichts der demographischen Entwicklung eher von einem steigenden Bedarf in der Zukunft aus.

Dieter Henle sprach sich gegen die Schließung der Giengener Rehaklinik aus. Markus Brandhuber

„Durch die Weiterführung einer sanierten Rehaklinik Giengen könnten wir die Versorgung der Patientinnen und Patienten in unserem Landkreis und nicht irgendwo sichern“, sagte Henle. Es sei nicht tragbar, die Menschen in weiter entfernte Rehas abzuschieben, „das vergrößert die Einsamkeit der Patienten.“ Henle betonte, er sehe die Verantwortung ganz klar beim Gremium des Kreistags, „eine Schließung entbehrt der Verhältnismäßigkeit.“ Er verwies darauf, dass der Sozialetat des Landkreises fast 100 Millionen Euro umfasse und für die Sanierung des Klinikums 65 Millionen Euro zur Verfügung stellt werden.

Für seine Position musste Henle heftige Kritik einstecken: „Es ist nicht Aufgabe des Klinikums, eine Rehaklinik zu betreiben“, so Rainer Domberg (SPD). Für die Rehaklinik in Giengen spreche allein die Wohnortnähe für die Bürger im Landkreis Heidenheim, ansonsten sei das Gebäude zu alt, zu klein und prinzipiell ungeeignet. „Ich weiß nicht, ob Sie die gleiche Rede gehalten hätten, wenn die Klinik in Gerstetten wäre“, warf Domberg dem Giengener OB vor.

"Ungeheuerliche Aussagen"

„Die Schließung der Rehaklinik ist der einzige Weg, der die medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung sichert“, glaubt Margit Stumpp (Grüne). Natürlich sei ein weiterer Weg in die Reha eine Belastung, „aber es trifft nur wenige Menschen für wenige Wochen“, so die Kreisrätin. Der Erhalt des Klinikums sei essentiell für die Daseinsvorsorge. „Wir müssen uns auf die zentrale Aufgabe konzentrieren“, sagte Margit Stumpp. Sie kritisierte die „geradezu ungeheuerlichen Aussagen“ von Dieter Henle, man würde das Problem nur betriebswirtschaftlich betrachten. Die Unterstellung, das Gremium würde verantwortungslos entscheiden, sei „blanker Unsinn“. Henle habe „den Boden des demokratischen Diskurses verlassen.“ Stumpp warf ihm Populismus vor. Er habe eine rote Linie überschritten und das Vertrauen in die Kommunalpolitik in Frage gestellt.

Diese Vorwürfe wies Henle entschieden zurück. „Ich nehme mein Recht als Demokrat, Oberbürgermeister und Kreistagsmitglied wahr, mich im Sinne unserer gemeinsamen Verantwortung für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis einzusetzen - auch dann, wenn das Gremium wirtschaftliche Interessen voranstellt“, so Henle. Das möge unbequem sein, habe aber mit Populismus nichts zu tun.

Rudi Neidlein (SPD), der mit Henle gegen die Schließung stimmte, bezeichnete die Kritik an Henle als „überzogene Reaktion“. Aus moralischer Sicht wäre es besser, die Reha ans Klinikum anzudocken: „Die Reha gehört zur Grundversorgung dazu“, sagte er. „Bei allen finanziellen Schwierigkeiten kann und muss der Landkreis sich das leisten“, glaubt Neidlein.

Matthias Kraut, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, betonte, dass in seiner Fraktion keine Einigkeit in der Frage der Schließung herrscht. „Es können für Teile der Bevölkerung Verschlechterungen eintreten, aber wir müssen Entscheidungen treffen, auch wenn sie nicht populär sind“, so Kraut. Die Fakten würden nicht für einen Weiterbetrieb der Rehaklinik sprechen.

Der Kreistag entscheidet endgültig am 18. Dezember

Die endgültige Entscheidung über die Schließung der Rehaklinik trifft der Kreistag am kommenden Montag, 18. Dezember. Die Sitzung findet ab 14,30 Uhr in der Gemeindehalle in Nattheim statt.
Laut Dieter Henle gibt es einen Investor, der auch einen Anbau an die Rehaklinik in Giengen finanzieren würde. Mit diesem zusammen sei man nun auf der Suche nach einem Betreiber für die Rehaklinik. Aus diesem Grund hätten die Freien Wähler in einer vorangegangenen Sitzung des Verwaltungsausschusses darum gebeten, die Schließung noch hinauszuschieben, um mehr Zeit für die Betreibersuche zu gewinnen.

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