Unwetter, Großbrände, vollgelaufene Keller

Im ersten Halbjahr 2023 rückte die Giengener Feuerwehr so oft aus wie nur selten zuvor

Schon Ende Juli verzeichnete die Freiwillige Feuerwehr in Giengen so viele Einsätze wie 2022 im gesamten Jahr. Was für Einsätze waren das? Was erwartet die Feuerwehr in den kommenden Monaten? Und kann sie das noch alles stemmen?

Im ersten Halbjahr 2023 rückte die Giengener Feuerwehr so oft aus wie nur selten zuvor

Es ist schon ziemlich lange her, 1999 war es, als die Freiwillige Feuerwehr Giengen in nur einem Jahr knapp 300 Einsätze verzeichnete. Sicher erinnern sich noch einige daran: Sturm Lothar hatte damals für etliche dieser Einsätze gesorgt. Martin Rösler, Pressesprecher der Giengener Feuerwehr, nennt noch ein weiteres Jahr mit sehr vielen Einsätzen: 2011 sind die Feuerwehrleute 204 Mal gerufen worden. 2011 war das Jahr, in dem das Steiff-Dach wegen eines Unwetters 100 Meter weit durch die Luft geflogen ist. Kommen wir damit ins Jetzt, in 2023, und damit an einen Zeitpunkt, in dem gerade erst gut die Hälfte vorbei ist. Schon Ende Juli meldete Rösler 148 Einsätze und damit so viele, wie 2022 im gesamten Jahr. 40 Mal rückte die Feuerwehr wegen Unwetter aus.

“Ich hoffe nicht, dass wir dieses Jahr wie 1999 auf fast 300 kommen. Aber die 204, die sind realistisch”, blickt Rösler in die Zukunft. Im Schnitt, rechnet er vor, werde die Feuerwehr in Giengen pro Monat zwischen 12 und 15 Mal alarmiert. Rechneten wir den August noch voll mit ein, kämen damit rund 75 Einsätze auf die 148 obendrauf. Und tatsächlich hat es zwischen Ende Juli und Anfang August nur wenige Tage gebraucht, bis die Feuerwehr mal eben um 30 Einsätze nach oben gesprungen ist. “Wir sind jetzt bei 178 Einsätzen”, erklärte Rösler diese Woche. Wo kamen diese ganzen Einsätze auf einmal her?

Vom einen Alarm zum nächsten

Rösler nennt den Dienstag, an dem in Hohweiher zwischen Giengen und Hermaringen eine ehemalige Schreinerei gebrannt hat. “Wir waren die ganze Zeit zur Unterstützung vor Ort. Als wir dort fertig waren, waren wir gerade mal zweieinhalb Stunden zu Hause, dann kam der nächste Alarm”, schildert Rösler. An der Hossenriedstraße in Giengens Südstadt seien 20 Keller während Kanalsanierungsarbeiten mit Wasser vollgelaufen, rund 50 Zentimeter hoch sei es gestanden. Also hieß es für die Giengener Feuerwehr: abpumpen.

Wir waren wir gerade mal zweieinhalb Stunden zu Hause, dann kam der nächste Alarm.

Martin Rösler, Pressesprecher der Feuerwehr, zum Einsatz in Hohweiher

“Solche Tage gibt es halt auch”, sagt Rösler, und nennt gleich noch einen weiteren Tag in derselben Woche mit Hohweiher und den vollgelaufenen Kellern, an dem die Feuerwehr binnen weniger Stunden zu zwei schweren Verkehrsunfällen ausrücken musste. Drei Schwerverletzte bei einem Unfall in Richtung Oggenhausen waren gemeldet worden, wenige Minuten später ereignete sich auch noch an der Giengener Waldhornkreuzung ein Autounfall. Zunächst rechnete die Feuerwehr auch hier mit einer eingeklemmten Person und Schwerverletzten, glücklicherweise sei die Lage dann aber doch nicht ganz so schlimm gewesen. Diese Woche habe es echt in sich gehabt, so Rösler rückblickend. Kein Wunder, dass im Fall der vollgelaufenen Keller irgendwann Unterstützung aus Burgberg und Hohenmemmingen angefordert werden musste, waren doch einige der Feuerwehrleute aus Giengen schon die ganze Nacht auf den Beinen und langsam übermüdet gewesen.

Vor wenigen Wochen hat es Giengen bei einem Unwetter voll erwischt, die Unterführung beispielsweise stand komplett unter Wasser. Dennis Straub

Rösler betont, dass ein solches Pensum nur zu stemmen sei, weil die Feuerwehrleute von ihren Arbeitgebern unterstützt werden. “Nach der kurzen Nacht konnten zum Beispiel ein paar unserer Mitglieder kurzfristig frei nehmen. Durch den Brand in Hohweiher war ich auch nur kurz im Büro und durfte für den Einsatz aber gleich wieder gehen”, sagt er dankbar.

178 Einsätze also (die 20 Keller liefen aus Versicherungsgründen alle separat), gut 40 davon nach einem Unwetter. Ein Kraftakt, oder? “Besonders aufwändig sind meistens die Unwettereinsätze”, so Rösler. Sehr zehrend sei außerdem der Brand in einem Wohnhaus in der Barbarossastraße Anfang Februar gewesen. Was die Unwetter angehe, könne man Glück oder Pech haben. Als kürzlich beispielsweise Sontheim zweimal unter Wasser stand, war in Giengen alles in Ordnung. Davor ist Giengen ziemlich schwer betroffen gewesen. “Heidenheim zum Beispiel hatte dieses Jahr noch keinen großen Unwettereinsatz, das ist lokal sehr unterschiedlich”, vergleicht der Pressesprecher.

Anfang Februar rückte die Feuerwehr zu einem Wohnhausbrand an der Barbarossastraße aus, der viel Kraft gekostet hat. Markus Brandhuber

Den einen Auslöser für die hohe Einsatzzahl in Giengen gibt es übrigens nicht. Die Feuerwehr wird zu allem möglichen gerufen, neben Verkehrsunfällen und Großbränden rückte sie in diesem Jahr auch schon mehrfach zu Kleinbränden, Pkw-Bränden oder Türöffnungen aus. “Was die Art der Fälle angeht, kann man uns mit einer Großstadt vergleichen”, beschreibt Rösler.

Die Stadt wächst, die Feuerwehr muss mitwachsen

Was klar auffällt in Giengen: Weil die Stadt wächst, nehmen auch die Einsatzzahlen zu. Schon mehrfach in diesem Jahr musste die Feuerwehr beispielsweise zum neuen Altenpflegeheim ausrücken, schon mehrfach auch in den Industriepark an der A7. Bei der diesjährigen Hauptversammlung betonte Feuerwehrkommandant Jürgen Vogt schon im Januar: “Wenn die Stadt wächst, müssen auch wir mitwachsen.” Bislang ist die Giengener Feuerwehr erfreulicherweise so gut aufgestellt, dass sie das Pensum stemmen kann.

Einsätze im Sommer: Was, wenn alle im Urlaub sind?

In allen Bereichen fällt spätestens seit dieser Woche auf, dass viele in den Urlaub gefahren sind. Spricht sich die Feuerwehr intern ab, dass während der Sommermonate nicht alle auf einmal ausgeflogen sind? “Wir merken das bei den Einsätzen jetzt schon, dass viele im Urlaub sind”, erklärt Pressesprecher Martin Rösler. Durch eine App, über die die Feuerwehrleute Bescheid geben, ob sie zum Einsatz kommen, könne aber immer gut abgeschätzt werden, ob es ausreiche. Eventuell werde dann einfach schneller nachalarmiert. Zudem wüssten die Kommandanten grundsätzlich Bescheid darüber, wenn Mitglieder länger nicht im Einsatz sein könnten.