Aufregung im Piemont

Vereinigte Filzfabriken AG investiert in Gerschweiler und verlagert Produktion aus Italien nach Deutschland

Die Vereinigte Filzfabriken AG stärkt den Standort Gerschweiler mit Investitionen in Millionenhöhe und verlagert Produktionsanlagen aus Italien nach Deutschland. Dies zeigt das klare Bekenntnis zur VFG und zum Standort. Im Piemont gab es Kritik an der Entscheidung.

Die Vereinigte Filzfabriken AG (VFG) stärkt nach eigenen Angaben den Standort Gerschweiler mit Investitionen in Millionenhöhe. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der örtlichen Konzentration der Produktionskapazitäten im Wollfilzbereich innerhalb Wirth-Fulda-Gruppe. Möglich wird dies durch die vollständige Verlagerung der Produktionsanlagen eines italienischen Werks der Firmengruppe nach Gerschweiler. Martin Schäfer, Aufsichtsratsvorsitzender der VFG und geschäftsführender Gesellschafter der Muttergesellschaft in Fulda, sieht darin „unser klares Bekenntnis zur VFG und zum Standort Gerschweiler“.

Diese Verlagerung von Produktionskapazität nach Deutschland ist Bestandteil der vor zwei Jahren angestoßenen Effizienzprogramme. In weiteren Schritten, so eine Pressemitteilung der VFG, stünden „weitreichende Optimierungen in verschiedenen Produktionsbereichen sowie eine verstärkte Fokussierung auf effizientere Arbeitsabläufe im Mittelpunkt“. Die Investitionen belaufen sich nach Unternehmensangaben auf „einen Millionenbetrag“, genauer wolle man die Summe nicht darstellen.

In Italien gab es Kritik an der Verlagerung

Während in der Vergangenheit, wie zuletzt etwa beim Heidenheimer Unternehmen Hartmann, Produktionsverlagerungen von deutschen Standorten ins Ausland für Unmut sorgte, handelt es sich hier gewissermaßen um den umgekehrten Weg: Ein deutscher Produktionsstandort wird ausgebaut und gestärkt, während die Produktionsbereiche der Filzfabrik FIR Fulda Sant’Ambrogio geschlossen werden. Wie die VFG auf Nachfrage bestätigen, soll der Vertrieb dort jedoch erhalten bleiben.

In dem westlich von Turin gelegenen Städtchen wurden die Verlagerungspläne bereits im vergangenen Winter bekannt – und stießen auf Kritik. Von einer „kalten Dusche“ war etwa in einem Bericht der Lokalzeitung „Luna Nuova“ die Rede. Kurz zuvor habe es noch Hoffnung auf einen Verkauf der „historischen Fabrik“ an einen Investor gegeben. Dann jedoch hätten sich „die deutschen Eigentümer“ aus den Verhandlungen zurückgezogen. Laut „Luna Nuova“ sind gut 40 Mitarbeitende von der Entwicklung betroffen. Auf Seiten der örtlichen Gemeindeverwaltung war von „Verbitterung“ die Rede.

Neue Anlagen sollen die Schlagkraft in Gerschweiler erhöhen

Im April berichtete die Zeitung „L’Agenda“ vom Abtransport der Maschinen in Sant’Ambrogio, der als „weiterer Schlag für die Wirtschaft des Valsusa-Tals zum ungünstigsten Zeitpunkt“ gewertet wurde. Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten seien bereits über 50 Jahre alt, sie sollen dennoch nach Möglichkeit umgeschult werden, berichtete die Zeitung.

In Gerschweiler sollen die Anlagen aus Italien wiederum dazu beitragen, die Marktstellung des Unternehmens auszubauen. „Wir bedienen damit zukünftig veränderte Marktanfragen wie auch neue und bewährte Kundenanfragen“, heißt es auf Nachfrage aus der VFG-Zentrale. Die Investitionen in den Maschinenpark versetzten den Standort in die Lage, schneller auf Marktveränderungen reagieren zu können. Zudem werde es möglich, das Produktportfolio zu erweitern.

VFG erwartet steigenden Umsatz für 2024

Die zuletzt in Italien hergestellten Produkte werden künftig am Standort Gerschweiler mit seinen rund 140 Mitarbeitenden gefertigt. Darüber hinaus befindet sich das Unternehmen in der Entwicklung neuer Produkte für angestammte und neue Anwendungsbereiche, die von Akustik über Elektromobilität bis hin zur Automobilindustrie reichen sollen.

Im Jahr 2023 erwirtschafteten die VFG einen Umsatz von knapp 24 Millionen Euro, 2022 waren es 28,1 Millionen Euro gewesen. Für 2024 rechnet das Unternehmen mit steigenden Umsatzerlösen.

Von Deko bis Technik

In Gerschweiler werden Filze für unterschiedlichste Zwecke hergestellt, darunter sogenannte technische Textilien, die zum Beispiel in der Waffenpflege oder bei der grabenlosen Sanierung von Abwasserleitungen eingesetzt werden. Nach wie vor werden aber auch Filze produziert, die in den Bereichen Design und Dekoration Anwendung finden. Die Firmengruppe gilt als der weltweit größte Hersteller von Wollfilzen.

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