Auferstanden aus Ruinen: Mit diesen Worten begann die Nationalhymne der DDR. Ob das für den Ost-Teil des früher geteilten Deutschlands zutreffend war, soll hier nicht thematisiert werden. Vielmehr passen die drei Worte in Bezug auf die Entwicklung der Kaltenburg, hoch über dem Zusammenschluss von Lone und Hürbe gelegen, wie der berühmte Deckel auf den Topf.
Entstanden sein dürfte die Burg in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Der Name geht wohl auf den Burggründer Heinrich von Kalden zurück. Die Besitzverhältnisse änderten sich im Lauf der Jahrhunderte mehrfach: zunächst war die Burg Staufisch, später war sie unter anderem im Besitz der Grafen von Helfenstein.
Der Lauf der Geschichte mit kriegerischen Auseinandersetzungen ging auch an der Kaltenburg nicht spurlos vorbei: 1435 wurde sie durch Truppen der Reichsstadt Nürnberg belagert und beschädigt, 1632/34 im 30-Jährigen-Krieg zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte erst 1677, doch ein knappes Jahrhundert später, 1764, stürzte der Südwestbau ein.
1820 bewohnten fünf Familien die Burg. In diesem Jahr übernahmen die Grafen von Maldeghem den Besitz. Noch 1837 werden 30 Bewohner erwähnt. 1897 jedoch scheint nur noch das Torhaus intakt und bewohnt gewesen zu sein.
Nur dem ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder des Schwäbischen Albvereins im 20. Jahrhundert ist es zu verdanken, dass die Burg nicht dem kompletten Zerfall preisgegeben wurde.
Ein Versuch, die Mauer zu sanieren, ging schief
Die Burg war 2010 im Besitz des Schwenk-Chefs Eduard Schleicher. Der hatte seinerzeit den Auftrag gegeben, die Mauer zu sanieren. Doch das ging schief: Auf mehreren Metern Länge rutschten Steine den Hang hinab. Zunächst war angedacht worden, Konzepte zur Wiederherstellung zu erstellen, doch spätestens 2014 war klar: Es wird nichts passieren.
Da trat Clemens Stahl in Aktion. Er war von 2001 bis 2009 Oberbürgermeister Giengens und hatte in dieser Zeit auch im Bereich Tourismus Akzente gesetzt. Stahls Vorschlag: Eine Interessengemeinschaft bilden, die im Schulterschluss mit dem Eigentümer und weiteren Akteuren Lösungen für die Ruine sucht. Gesagt, getan: Im März 2014 war der Saal des Höhlen-Hauses bei einem Info-Abend proppenvoll. Ende Juli erfolgte die Vereinsgründung als Interessengemeinschaft Kaltenburg mit 34 Gründungsmitgliedern. In der Satzung des Vereins, zu dessen Vorsitzenden Stahl gewählt wurde, steht: „Zweck und Ziel ist die bauliche Erforschung der Burgruine Kaltenburg … die Vertiefung ihrer heimatkundlichen Historie und die Erhaltung und Pflege ihrer herausragenden baulichen und kulturellen Geschichte....“
Wir haben eine schwierige Aufgabe vor uns. Mit dem Team kann man was bewegen.
Clemens Stahl im Juli 2014, als frisch gewählter Vorsitzender der IG Kaltenburg.
Ein wenig klangen die Ziele wie die Quadratur des Kreises, doch die Zweifler sollten unrecht behalten: Nicht mal eineinhalb Jahre nach Gründung des Vereins war es der IG gelungen, mit dem Besitzer eine Übereinkunft zu erzielen. Eduard Schleicher verkaufte dem Verein die Burg zum symbolischen Betrag von 100 Cent. Die Interessengemeinschaft ist seither Burgherrin.
Keine zwölf Monate später erläuterte Stahl auf der Burg das Vorhaben der Sanierung der Burgruine. Zunächst war der Auftrag für die Instandsetzung der Ostmauer in Auftrag gegeben worden. Mit einem Jahr Bauzeit und Kosten in Höhe von einer halben Million Euro war gerechnet worden. Zuvor war mit der Denkmalbehörde verhandelt und Förderanträge gestellt worden. Unter anderem bestand die Hoffnung, in die Förderung des europäischen Leader-Programms aufgenommen zu werden. Das sollte gelingen.
Ein Ausrufezeichen in der noch jungen Historie des Vereins setzte die Verleihung des Bürgerpreises im Herbst 2018: Die Denkmalstiftung zeichnete damit vorbildliches bürgerschaftliches Engagement zur Erhaltung von Kulturdenkmälern in Baden-Württemberg aus. Mutig und mit allen Risiken habe die IG die gefährdete Anlage sogar in ihr Eigentum übernommen, ein Programm für die vordringlichen Sicherungsarbeiten entwickelt und zügig umgesetzt, hieß es in der Laudatio der Preisverleihung.
Bis Herbst 2018 floss eine Million Euro in die Sanierung
Bis zum Herbst 2018 war eine Million Euro in die Sanierung der Burg geflossen. In zwei Bauabschnitten waren die Ostmauer, die westliche Schildmauer, eine Wohnhauswand und der Torbogen am Eingang saniert worden. Neben Fördergeldern sorgten vorwiegend Spenden dafür, dass die Rechnungen bezahlt werden konnten.
Nachdem die dringlichsten Arbeiten erledigt waren, richtete sich die IG im Hinblick auf Kultur und Tourismus neu aus. Burgführungen wurden im Frühjahr 2019 gestartet und nach Corona fortgesetzt, Konzerte wurden gegeben, eine Lesung organisiert und der Verein präsentierte sein Schmuckstück regelmäßig am Tag des Denkmals.
Jetzt, im April 2024, stehen weitere Sanierungen an: Die Schildmauer in der Burgmitte sowie das Mauerwerk von Jagdhaus und Nordturm wären die nächsten Projekte. Die Kosten sind nicht von Pappe: von mindestens 200.000 Euro wird ausgegangen. Die Arbeit wird der Burgherrin nicht ausgehen.
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