Dem Klimawandel begegnen

Wärme-Wende: Auf diese Instrumente setzt die Stadt Giengen

Es ist ein sehr komplexes, derzeit eher überhitzt diskutiertes Thema: Wie kann es gelingen, dem Klimawandel zu begegnen? Die Stadt Giengen hat sich dazu konkrete Gedanken gemacht und nimmt auf dem Gebiet eine Vorreiterrolle ein. Das hat sie vor.

Wärme-Wende: Auf diese Instrumente setzt die Stadt Giengen

Die Energiewende gemeinsam gestalten: Das ist das Anliegen der Stadt, wenn es um eine Energieversorgung geht, die hilft, künftig die Folgen des Klimawandels einzudämmen.

Bis 2040 soll Baden-Württemberg klimaneutral sein. Um das zu erreichen, sind die 104 größten Städte des Landes aufgefordert worden, bis Ende 2023 eine kommunale Wärmeplanung vorzulegen. Giengen nimmt, das kann nun festgestellt werden, eine Vorreiterrolle ein: Den Bericht zur Wärmeplanung hat die Stadt als erste vorgelegt.

Giengen wirkt allein schon aus eigenem Interesse mit

Giengen wirke, so Oberbürgermeister Dieter Henle, auf dem Weg zur Klimaneutralität initiativ daran mit, aus allgemeinem wie aus eigenem Interesse: „Mehrkosten in 2023 von 875.000 Euro und 228 Gigawattstunden Wärme, die zu 96 Prozent aus fossilen Brennstoffen gedeckt werden, können uns nicht zufriedenstellen“, so das Stadtoberhaupt zu Ergebnissen aus der Bestandsanalyse.

Ein Hebel für die Zukunft ist die Einsparung von Energie. Daher wurde das Einsparpotenzial untersucht: Das höchste Potenzial im Bereich Wärme liegt dem Bericht zufolge – der unlängst im Gemeinderat vorgestellt wurde – bei der Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden durch energetische Sanierungen. Dazu gehört sowohl die Sanierung der Heizungsanlage, in Form des Austauschs durch ein effizienteres Modell, sowie die Dämmung von Außenwänden, Fenstern, Dachinnenflächen und Kellerdecken. Durchschnittlich könnten bei den Wohngebäuden in Giengen durch energetische Sanierungen etwa 46 Prozent des Wärmebedarfs eingespart werden.

Analyse legt großes Potenzial im Bereich Wärmeerzeugung offen

Die Analyse hat aber auch gezeigt, dass es im Stadtgebiet Giengen größere ungenutzte Potenziale im Bereich erneuerbarer Wärmeerzeugung gebe. Mit dem geringsten technischen Aufwand könne das Potenzial im Bereich Abwärme genutzt werden.

Dazu hätten schon Gespräche begonnen, in denen die Planung von sogenannten Wärmenetzen eine tragende Rolle spielen soll.

Ein Wärmenetz besteht aus einer zentralen Heizanlage, einem Verteilnetz und Übergabestationen in den angeschlossenen Gebäuden.

Laut Jann Klatt von der Dienstleitungsgesellschaft Digikomm haben Wärmenetze unter anderem den Vorteil geringerer Investitionskosten im Vergleich zu dezentralen Heizungen und niedrigen Betriebskosten (weil Wartung und Schornsteinfeger entfallen).

Wie die Untersuchungen ergeben haben, ließen sich Wärmenetze in manchen Bereichen kurzfristig umsetzen – etwa in der Memminger Wanne und auf dem Schießberg oder im Norden der Stadt. In anderen Gebieten, etwa in Burgberg oder Hürben, aber nicht.

Förderung seitens des Bundes wird für Sanierung angemahnt

„Wir kommen um die Sanierung von Gebäuden nicht herum. Allerdings braucht es dazu auch ordentliche Förderungen seitens der Politik“, eröffnete Stadtrat Dr. Erwin Kleemann (Unabhängige/Grüne) eine angeregte Debatte. Dem Punkt Kleemanns schloss sich Oberbürgermeister Dieter Henle an: „Sie sprechen mir aus dem Herzen. Der Bund muss seinen Beitrag leisten und wir müssen das auch einfordern und darauf hinwirken.“

Von einem „Mega-Projekt“ sprach Stadträtin Gaby Streicher (SPD). Dieses sei aber nötig. Sich gegen die Wärme-Wende zu stellen, sei Unsinn. Wichtig sei, ein angemessenes Beratungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

Rainer Baisch (Unabhängige/Grüne) fragte nach, wie realistisch es sei, bis 2030, also in sechseinhalb Jahren, Vorhaben umzusetzen. Wie Christian Gaugler von der Digikomm erklärte, rechne man für Teilbereiche mit drei Jahren. Es sei also schon realistisch.

Karin Häußler (CDU) wollte wissen, was in den Bereichen, wie etwa den Teilorten, geschehen soll, in denen keine Wärmenetze umsetzbar seien. Hier käme es auf individuelle Lösungen an, für die allerdings ein spezielles Beratungsangebot geschaffen werden müsse.

Stadträte plädieren dafür, Bürger umfassend zu informieren

„Wo wir funktionierende Gasnetze haben, sehe ich es nicht als erstrangig an, etwas zu verändern. Wir müssen nicht alles sofort neu machen“, so Werner Bader (CDU). Dessen Fraktionskollege Jörg Bayer meinte, man müsse vorsichtig sein: „Es könnte zu Verwerfungen in der Bürgerschaft kommen.“ Um das zu verhindern sei es sehr wichtig, die Bürgerinnen und Bürger „mitzunehmen“, so der Rat von Wilhelm Oszfolk (SPD).

Olaf Holzer hatte einen ganz und gar pragmatischen Tipp: „Wir dürfen nicht müde werden, die Leute anzuhalten, Energie zu sparen.“