Wahrzeichen mit Doppeltürmen

Was alles an der Giengener Stadtkirche für wieviel Geld saniert werden muss

Die Giengener Stadtkirche muss saniert werden. Schon der erste von mehreren Bauabschnitten soll rund eine Dreiviertelmillion Euro kosten. Wer das bezahlen muss und wann es losgehen könnte.

Wenn in der Giengener Stadtkirche die Glocken schlagen, ist deren Klang nicht nur weithin zu hören, die Schwingungen der schweren Gussinstrumente haben auch noch ganz andere Auswirkungen – und deren Folgen werden teuer.

Ortstermin im Bläserturm der Stadtkirche: Pfarrer Dr. Joachim Kummer und Bauleiter Werner Stolz vom Langenauer Architekturbüro Weber steigen die zunehmend enger werdenden Treppenläufe im Innern mit hinauf. Oberhalb der Turmuhren weist die Außenwand einen horizontalen Riss auf, kleine Messgeräte sind aufgeklebt, um ihn zu überwachen. Wenn nebenan die Glocken schlagen, beginnt sich nämlich die Turmspitze minimal zu drehen – in einem zwar nachweisbaren Ausmaß, aber längst noch nicht so gravierend, dass akut Gefahr für das Giengener Wahrzeichen besteht. Dennoch muss das Gemäuer saniert werden.

In den beiden Türmen der Stadtkirche gibt es Risse

Auch nebenan im eigentlichen Glockenturm wurden Risse gefunden, allerdings in der Senkrechten. Hier haben die Fachleute als Ursache den stählernen Glockenstuhl identifiziert. Stahl übertrage die Schwingungen direkter als Holz, erklärt Stolz, und darunter leiden langfristig die Außenmauern. Auch sie sollen saniert werden. Zudem soll der sogenannte Läutewinkel der Glocken optimiert werden, damit künftig weniger belastende Schwingungen auftreten. Solche Schäden sind nicht selten: Zuletzt wurde Ähnliches im Glockenturm der katholische Pfarrkirche in Dunstelkingen festgestellt. Dort läuft bereits die Sanierung.

Im riesigen Dachstuhl über dem Kirchenschiff: Pfarrer Dr. Joachim Kummer (links) und Bauleiter Werner Stolz. Markus Brandhuber

Damit nicht genug: Beim Blick an die Decke im Kircheninnern sind unlängst neue Wasserschäden aufgetaucht. Oben, im Dachstuhl über dem Kirchenschiff, der gut und gerne die Ausmaße einer Turnhalle hat, konnte wegen schadhafter Dachziegel Feuchtigkeit eindringen, die sich in die Zwischendecke vorarbeitete.

Die Lücken in der Biberschwanzdeckung auf dem Kirchengebäude haben mehrere Ursachen. Zum einen kann laut Bauleiter Stolz bei Wind hinter den Türmen ein Unterdruck entstehen, der mitunter einen Ziegel anhebt. Zudem gibt es auch an den Türmen selbst einzelne bröckelig gewordene Ziegel, von denen Teile abbrechen und das Dach durchschlagen können. Auch diese Mängel sollen behoben werden.

Im Chorbereich sind Fugen schadhaft - sie müssen saniert werden

Ursprünglich sollte das Architekturbüro, das Kirchensanierungen zu seinen Schwerpunkten zählt, lediglich den Anstrich des Bläserturms und den Pflasterbelag an der Kirche begutachten. „Wir haben uns dann aber alles einmal angesehen – und leider einiges gefunden“, sagt Stolz. Unterm Strich muss für die notwendigen Sanierungen zwar eine recht hohe Summe aufgebracht werden, Stolz betont aber: „In Relation zur Gebäudegröße sind es eher recht geringe Schäden.“

Mit solchen Vorrichtungen werden die Risse in den Türmen der Stadtkirche überwacht. Markus Brandhuber

Zu diesen Schäden zählen auch Fugen im Chorbereich. Diese sind im Laufe der Zeit mürbe geworden, Wind und Nässe setzen ihnen zu. Sie zu sanieren, wird zu den aufwändigeren Kapiteln der anstehenden Bauarbeiten gehören. Insgesamt soll die Sanierung auf mehrere Abschnitte aufgeteilt werden. Begonnen hatten die Experten bereits 2021 mit ersten Voruntersuchungen.

An der Turmsanierung muss sich die Stadt Giengen beteiligen

Im ersten Bauabschnitt sollen die beiden Türme des Giengener Wahrzeichens saniert werden. Die Arbeiten sollen rund 750.000 Euro kosten. Aufgrund alter Verträge kann die evangelische Kirchengemeinde hier mit einer städtischen Beteiligung in Höhe von 25 Prozent rechnen. „Die Stadt ist bei Türmen, Glocken und Uhr mit im Boot“, bestätigt Kirchenpflegerin Sibylle Bauer. Zudem hat die Gemeinde Zuschüsse des Denkmalschutzes beantragt.

Rund die Hälfte der Sanierungskosten wird die Kirchengemeinde aber selber finanzieren müssen. Bei den weiteren Abschnitten wird es sogar noch ein höherer Anteil sein, weil die Stadt dann nicht mehr in der Pflicht sein wird.

Hinter der Frage, woher dieses Geld kommen soll, sieht Pfarrer Kummer derzeit noch einige Fragezeichen. Sicherlich werde man auch Spendenaktionen auflegen, wie sie auch in anderen Gemeinden bereits gestartet wurden. Angesichts des hohen Finanzmittelbedarfs sei jedoch fraglich, ob dies ausreichen werde.

Wann beginnt die Sanierung?

Eine weitere noch offene Frage ist der Baustart. Eigentlich sollten die Türme schon seit dem Herbst eingerüstet sein. Weil aber die zuständige Denkmalbehörde seit einiger Zeit unterbesetzt sei, gebe es bislang keinen Förderbescheid. Und ohne grünes Licht zu beginnen, wäre womöglich förderschädlich, sprich: Die erhofften Mittel könnten ganz ausbleiben.

Und selbst wenn in ein paar Monaten die Zusage eintreffen sollte, könnte sich der Baubeginn bis in den Oktober 2024 hinziehen. Weil an verschiedenen Stellen der Kirche Fledermäuse, Falken und Mauersegler brüten, kann nur außerhalb der Brutzeiten gearbeitet werden. Die Sanierung wird daher vor allem im Winter stattfinden. Eine gute Nachricht gibt es freilich für die Gläubigen: Die Bauarbeiten werden nur von außen ablaufen, die Gottesdienste können ungestört abgehalten werden.

Besonders an der Giengener Stadtkirche: Eine Glocke und die Orgel

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