Der Saubermacher

Warum Milan Hartmann aus Giengen seine Arbeit als Tatortreiniger gern macht

Blut, Fäkalien, Müll: Milan Hartmann braucht für seine Arbeit einen unempfindlichen Magen. Er entrümpelt Messie-Wohnungen - Tendenz steigend - und reinigt Tatorte.

Wenn Menschen sterben und sich niemand für den Hausrat zuständig fühlt, dann kommt Milan Hartmann zum Einsatz und räumt mit seinem Team auf. Vor 15 Jahren wurde das Unternehmen Hartmann Dienstleistungen von seiner Mutter in Giengen gegründet. Zunächst bot man nur Haushaltsauflösungen an, mittlerweile ist das Portfolio um Hausmeisterservice, Müllentsorgung und Tatortreinigung erweitert. Man hat das Angebot den Bedürfnissen der Kunden angepasst, sagt der 32-jährige gelernte Maurermeister.

Immer mehr Messie-Wohnungen in der Region Heidenheim

Konkret heißt das etwa: Hartmann und sein Team müssen immer mehr Messie-Wohnungen entrümpeln. „Das kam früher sehr selten vor, aber mittlerweile sind wir pro Jahr in 15 bis 20 Messie-Wohnungen in der Region zugange.“ Doch Messie-Wohnung ist nicht gleich Messie-Wohnung. Hartmann differenziert: „Es gibt Leute, die horten und sammeln Gegenstände und Gerümpel. Die anderen werfen überhaupt nichts mehr weg. In den Wohnungen sieht es aus, als wäre man auf eine Mülldeponie gefahren und hätte das, was dort liegt, säckeweise in der Wohnung ausgeleert.“ Es ist kein bestimmter Menschenschlag, der seine Wohnung vermüllen lässt: „Teilweise kennt man die Leute flüchtig und man würde niemals denken, dass es bei denen in der Wohnung oder im Haus so aussieht.“

Auch Fäkalien, von Menschen, die aufgrund körperlichen Gebrechen, ihre Wohnung nicht mehr selbst reinigen können, oder auch von Katzen seien keine Seltenheit. „Entweder das tritt sich alles im Teppich fest, oder es werden immer wieder neue Lagen Zeitungspapier darüberlegt. Und wenn jemand zehn oder 15 Katzen hält, ist der Gestank natürlich enorm.“

Gestorben - und niemand hat es bemerkt

Eine empfindliche Nase darf man in Hartmanns Beruf jedenfalls nicht haben. „Vor allem im Sommer kann es sehr schlimm sein“, sagt Hartmann. „Ohne Vollschutzmaske, eine Art Gasmaske, gehen wir seit einiger Zeit aber grundsätzlich in keine Wohnung mehr rein.“ Grund für diese Vorsichtsmaßnahme war ein prägender Einsatz: „Ein alleinstehender Senior in Giengen war an Altersschwäche gestorben und keiner hat es bemerkt“, schildert Hartmann. „Er lag zwei oder drei Monate in der Wohnung. Bis die Nachbarn den beißenden Geruch im Flur und im Treppenhaus bemerkt haben.“

Um zu lernen, wie man Fäkalien- und Verwesungsgerüche aus einer Wohnung bekommt, hat Hartmann eigens einen Ozonbehandlungskurs absolviert. „Das Ozon entfernt Gerüche, indem es die Moleküle, die für die Gerüche verantwortlich sind, durch chemische Reaktionen zerstört“, erklärt er. „Sämtliche Keime, Bakterien und Pilze werden so abgetötet.“

An Tatorte kommt Hartmann, wenn Notarzt, Spurensicherung und Bestatter gegangen sind. „Meistens handelt es sich um natürliche Todesursachen. Etwa alleinstehende ältere Leute, die an Herzinfarkt gestorben sind oder durch einen schweren Sturz.“ Manchmal war der Tod aber auch gewaltsam. „Am Schlimmsten sehen die Wohnungen nach Messerstechereien aus. Blut lässt sich am besten mit einem Eiweißlöser entfernen.“

Milan Hartmann: "Ich helfe gern"

Trotz allem: Milan Hartmann macht seinen Beruf gern. Warum? „Die Leute rufen uns, wenn sie vor einer aussichtslosen Situation stehen. Wenn sich der Müll und das Gerümpel bis unter die Decke türmen und sie sich einfach nicht selbst zu helfen wissen. Und dann helfe ich gern.“ Die Dankbarkeit der Kundinnen und Kunden, meist sind es Hinterbliebene oder Vermieter, sei sehr groß. „Sie sind froh, dass wir ihnen eine Last abnehmen.“

Teilweise falle es den Angehörigen auch aus emotionalen Gründen schwer, sich von wichtigen Gegenständen zu trennen, so Hartmann. „Das kann auch ein Schrank sein, der einen lange im Leben begleitet hat. Auch dann sind die Hinterbliebenen froh, wenn wir ihnen unter die Arme greifen.“

Wird man selbst manchmal emotional bei der Arbeit, wenn man so oft mit dem Tod konfrontiert ist, oder mit dem, was von einem Leben übriggeblieben ist? „Es kommt vor“, sagt der 32-Jährige. „Vor zwei Jahren ist meine Oma verstorben und seitdem kann ich mich noch besser in die Leute einfühlen. Ihre Wohnung zu entrümpeln, war nicht einfach. Aber bei der Arbeit müssen wir professionell bleiben. Es ist ja auch im Sinne der Kunden, dass wir möglichst schnell fertig sind.“

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