Es vergeht wohl kein Jahr ohne diese Diskussion: Muss Böllern wirklich sein? Sollte es nicht lieber verboten werden? Auf der einen Seite gehören für viele Raketen, Schwärmer und Leuchtfeuer genauso traditionell zu Silvester wie der Weihnachtsbaum zu Heiligabend. Auf der anderen Seite sprechen etwa Lärmbelästigung, Brandgefahr und Umweltverschmutzung dagegen. In Giengen ist klar: „Unsere Erfahrung zeigt, dass wir keine Böllerverbote an Silvester aussprechen müssen“, so Uwe Wannenwetsch, der als Ordnungsamtsleiter auch für die Sprengstoffbehörde der Stadt zuständig ist.
Die Diskussion um Böllerverbote sei laut Wannenwetsch an Giengen nicht vorbeigegangen. „Es gab immer wieder Anfragen im Gemeinderat und aus der Bevölkerung", berichtet er. Doch die Erfahrung, gerade in der Altstadt, zeige, dass keine Verbote nötig seien. Und in Zukunft? „Ich sehe aktuell auch für die nächsten Jahre keine Notwendigkeit“, sagt der Ordnungsamtsleiter, und ergänzt: „Wir sind immer wieder im Austausch mit anderen Städten.“
Verbot rund um Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altersheimen
Raketen, Batterien, Schwärmer und Co. dürfen in Giengen dennoch nicht willkürlich entzündet werden. Das bundesweite Sprengstoffgesetz verbietet das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen. Wannenwetsch ist sich dessen bewusst, sieht jedoch in Giengen keine Notwendigkeit, gezielt auf die Bundesverordnung hinzuweisen. Diese gilt etwa für den Bereich um die Stadtkirche: „Wir haben bisher auf Schilder verzichtet, weil wir da keine große Gefahr sehen und es auch noch keine Beschwerden der Kirche gab“, erklärt er.
Derweil ist ein Verbot durch das Sprengstoffgesetz in immer mehr deutschen Städten nicht genug. So ist etwa in Tübingen, Reutlingen und Rothenburg ob der Tauber Böllern in der Altstadt tabu, um die historischen Gebäude zu schützen. Doch für Wannenwetsch sind die Rahmenbedingungen in diesen und ähnlich großen Städten aus mehreren Gründen nicht mit denen in Giengen vergleichbar. So gebe es in Giengen zwar einige Fachwerkhäuser, jedoch lange nicht in der Anzahl und Dichte, wie das etwa in Rothenburg ob der Tauber der Fall sei.
Appell an die Vernunft
Ein entscheidendes Argument gegen sogenannte Böllerverbotszonen sei für den Ordnungsamtsleiter zudem: „Wir haben keinen Schwerpunkt, wo die Masse an Menschen eine Gefahr darstellen würde." Er vermutet: „Ich denke, dass eher auf dem Schießberg oder in klassischen Wohngebieten etwas mehr los sein wird.“
Grundsätzlich appelliert Wannenwetsch vor allem an die Vernunft der Giengenerinnen und Giengener und vertraut auf seine positiven Erfahrungen aus 20 Jahren als Ordnungsamtsleiter. „Den Müll lasse ich jetzt mal außen vor“, betont er. Beschwerden, etwa wegen Lärm oder von Haustierbesitzern, seien dennoch nicht ausgeblieben. „Das ist an Silvester ganz normal“, sagt Wannenwetsch, der klarstellt: „Es ist utopisch zu glauben, dass wir ein komplettes Verbot hinbekommen.“
Stadt Heidenheim verbietet Böllern in mehreren Bereichen
In Heidenheim gelten neben der Bundesverordnung zum Böllern an Silvester auch weitere Verbotszonen. So dürfen am 31. Dezember und 1. Januar am Schloss Hellenstein und Umgebung sowie in den Fußgängerzonen An der Stadtmauer, Hintere Gasse, Hauptstraße und den dazugehörigen Straßenflächen keine Feuerwerkskörper abgebrannt werden. Zudem weist die Stadt auf ihrer Internetseite darauf hin, dass Böllern für alle ohne amtliche Erlaubnis und Befähigungsschein nur an diesen beiden Tagen erlaubt ist.
Die Stadt Herbrechtingen verzichtet auf weitere Verbotszonen. „Wir informieren die Bürgerinnen und Bürger über die Buigen-Rundschau über die gesetzlichen Regelungen“, sagt Julia Baamann, die das Amt für Ordnung und Soziales leitet.
Ein zentrales Feuerwerk oder eine andere organisierte Silvesterveranstaltung gibt es weder in Giengen noch in Heidenheim und Herbrechtingen. Beispielsweise die Landeshauptstadt Stuttgart will die Menschen mit einer Lichtshow an der Fassade des Neuen Schlosses auf den Schlossplatz locken. „Für Giengen ist das kein Thema“, sagt Uwe Wannenwetsch.
So geht's weiter
In der morgigen Ausgabe der Böllerserie geht es um die Fragen, wie Rettungsdienste und die Feuerwehr Silvester erleben und ob sie tatsächlich mehr zu tun haben.