Warum Spielwaren Wolff in Giengen immer auf Weihnachten vorbereitet ist
120.000 unterschiedliche Produkte befinden sich momentan im Laden von Spielwaren Wolff in der Giengener Innenstadt. Dabei ist die Modelleisenbahnabteilung noch nicht einmal mitgerechnet. Die Zahl ist eine Schätzung von Betreiberin Heide Wolff, die den Laden wohl besser kennt als irgendjemand sonst. Seit vielen Jahren bestellt, sortiert, berät und verkauft sie dort. Was ist ihre Motivation dafür? "Ich liebe Spielzeug einfach", so Wolff. Diese Motivation habe sie auch durch manche schwere Zeit getragen.
Zum Beispiel die Jahre der Covid-19-Pandemie, als das Geschäft über Monate, und vor allem auch an Weihnachten, geschlossen bleiben musste: Andere Geschäftsmodelle, wie zum Beispiel "Click and Collect", hätten für sie nicht funktioniert, sagt die Spielzeugexpertin. Vielleicht, weil dabei der Blick in den Laden gefehlt hat. Dort sind die Regale übervoll mit Brettspielen, Puzzles, Klemmbausteinen, Plüsch- und Kunststofftieren, Puppen, Spielzeugfahrzeugen und Bausätzen aller Art. In der Modellbauabteilung befinden sich zudem Triebwagen und Waggons, Gebäude und Figuren zur Ausstattung von Miniaturlandschaften.
Lagerräume auf drei Stockwerken
Für diese Vielfalt ist das Geschäft zwar bekannt, aber in den letzten Jahren sind die Regale laut Wolff noch voller geworden. Das liege daran, dass sie immer alles direkt bei den Produzenten bestelle. Da diese ihre Produktion nach dem Bestellvolumen der Händler ausrichten würden, müsse man immer zwei Jahre im Voraus bestellen. Dadurch habe sie viele Artikel erhalten, die sie dann während der Covid-19-Pandemie nicht verkaufen konnte.
Inzwischen sind zwei Stockwerke im Gebäude als Verkaufsfläche ausgewiesen, zudem gibt es mehrere Lagerräume, die auf drei Stockwerken verteilt sind. Durch Vorbestellung und Lagerhaltung hat Wolff immer alle saisonalen Produkte im Haus. "Bei uns gibt es fünf Jahreszeiten: Winter, Frühling, Sommer, Herbst und Fasching", erklärt Wolff. Nur in Teilen des Ladens werden die Produkte in den Regalen getauscht, aktuell müssen zum Beispiel die letzten sommerlichen Artikel Adventskalendern weichen. Auch das große Schaufenster hält Wolff laut eigener Aussage immer aktuell.
Onlinehandel ist größte Konkurrenz
Die Einkaufslust der Kundinnen und Kunden halte sich aber ohnehin nicht an Jahreszeiten: "Erst gestern habe ich eine Wasserpistole an eine Frau verkauft, die dringend eine suchte", sagt Wolff. Im Hochsommer habe sie einmal einen Holzschlitten aus dem Lager holen müssen. Trotz der großen Verfügbarkeit stehe das Ladengeschäft in Konkurrenz zum Internethandel: Manche Kunden würden sich im Internet ein bestimmtes Produkt aussuchen und seien dann verstimmt, wenn sie im Laden nicht genau dieses bekommen würden.
Dafür bekomme man im Internet keine Vorauswahl. Bei ihr sei das anders, so Wolff, sie achte auch auf die Qualität des Spielzeugs. Ein Beispiel: Früher habe sie Puzzles von mehren Anbietern angeboten, heute biete sie nur noch die eines einzelnen Anbieters an, der die Puzzleteile ihrer Meinung nach am bestens verarbeitet. So würde man bei ihr nur Puzzles bekommen, bei denen alle Teile perfekt zueinander passen.
Radikale Änderung beim Sortiment gibt es aber nie, da Wolff keine Ware grundlos wegwerfen möchte. Außerhalb des Spielwarenladens, in Giengen, ändert sich dagegen viel. Nicht alles davon zum Besseren, so sieht es zumindest Wolff. Durch die Fußgängerzone in der Innenstadt und die oft vollen Parkplätze sei es für sie und ihre Kunden schwerer geworden, das Geschäft zu erreichen. Und bei der Neugestaltung der Marktstraße habe der Spielwarenladen die mehrstufige Treppe verloren, die zum Eingang führte und immer ein Anziehungspunkt gewesen sei.
Seit Generationen in Giengen
Bereits 1903 führte Margarete Emilie Wolff, eine geborene Häussler, ein Feinkost- und Salzlager in der Marktstraße 21. Schon sehr bald nahm sie Spielwaren hinzu. In der Kolonialwarenhandlung waren dann Puppen, Pferdeställe und Burgen zu haben, weiß Hartmut Wolff, der Ehemann von Heide Wolff, aus den Erzählungen seiner Eltern. Im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs brannte das Gebäude aus Unachtsamkeit einer Dienstmagd bis auf die Grundmauern ab. Mit Ehemann Paul, der von Beruf Seifensieder und Kaufmann war, baute die geschäftstüchtige Emilie das Haus wieder auf. Den elterlichen Betrieb führte Sohn Hugo, der Zweitgeborene, später fort. Später arbeiteten Hugo Wolffs Söhne im gleichen Geschäftsfeld: Reiner Wolff leitete die "Bärenburg", Hartmut Wolff das Spielwarengeschäft Wolff.