Drei historische Figuren aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs beschäftigen den Giengener Gemeinderat weiter: Am Donnerstag tagt das Gremium mit einer vollen Tagesordnung. Unter Punkt 11 wird der Rat über „Straßennamen in Burgberg“ zu beraten haben. Dabei geht es um drei Namen, die in der Vergangenheit schon mehrmals diskutiert wurden: Möldersweg, Rommelstraße und Udetweg.
Ihre Namen erhielten die drei Straßen im Jahr 1972 vom damaligen Burgberger Gemeinderat, ein Jahr vor der Eingemeindung nach Giengen. Im gesamten damals neuen Wohngebiet wurden Straßen nach damaligem Verständnis nach „Widerstandskämpfern“ benannt. So entstanden auch die Stauffenbergstraße oder der Delpweg.
Anfrage an die Stadt stammt aus dem Jahr 2020
Lange Jahre machte sich darüber offenbar kaum jemand tiefere Gedanken. Vor gut dreieinhalb Jahren, im Juni 2020, bat Stadtrat Rainer Baisch im Gemeinderat im Namen seiner Fraktion der Unabhängigen und Grünen die Stadtverwaltung zu prüfen, ob die Straßennamen Möldersweg und Udetweg noch zeitgemäß seien. Später ergänzte Baisch seine Anfrage noch um die Rommelstraße. Zur selben Zeit wurde in Heidenheim das Rommel-Denkmal auf dem Zanger Berg durch eine Arbeit des Künstlers Rainer Jooß ergänzt.
Eine intensive Diskussion, auch in den Leserbriefspalten dieser Zeitung, schloss sich an. Im vergangenen Oktober tauschten sich auch mehrere Dutzend Anwohnerinnen und Anwohner der betroffenen Straßen bei einer Anliegerversammlung mit Vertretern von Gemeinderat und Stadtverwaltung sowie zwei Historikern aus.
Die Straßennamen könnten mit Zusatzinfos ergänzt werden
Diese Woche nun steht der Gemeinderat vor der Entscheidung, wie die Stadt Giengen mit diesen Straßennamen umgehen soll. Der von der Stadtverwaltung ausgearbeitete Beschlussantrag sieht vor, dass „die nach Widerstandsangehörigen benannten Straßen“ in dem Wohngebiet ihre Benennung beibehalten sollen. Dies gelte auch für Möldersweg, Udetweg und Rommelstraße. Der Antrag sieht außerdem vor, dass die Stadtverwaltung auf einer städtischen Fläche am Eingang der Goerdelerstraße oder der Rommelstraße „in geeigneter Weise auf die damaligen Benennungsgründe ebenso wie geänderte Sichtweisen hinweisen“ soll.
Damit würden sich Stadtverwaltung und Gemeinderat ein Stück weit von der damaligen Einschätzung distanzieren, wonach die drei historischen Personen ausdrücklich zum Widerstand gegen Hitler zu zählen seien. Drittens sieht die Vorlage den Antrag vor, dass die Stadt „eine geeignete historische Darstellung“ für den öffentlichen Raum und die städtische Webseite erarbeiten möge.
Künstlerische Ergänzung wie beim Heidenheimer Rommel-Denkmal?
In den Vorschlag der Stadtverwaltung ist offenbar maßgeblich das Ergebnis der Anliegerversammlung vom Oktober 2023 eingeflossen. Damals lautete der Sitzungsvorlage zufolge das Fazit, dass eine Änderung der Straßennamen „wenig hilfreich für die Anwohnenden“ sei. Hinzu komme, dass „eine kommentarlose Änderung rasch vergessen“ sei und der geschichtliche Wert entsprechend gering ausfiele. Erläuterungen zu den Namensgebern oder auch eine künstlerische Ergänzung wurden demnach hingegen begrüßt.
Bei der Versammlung in der Burgberger Maria-von-Linden-Halle kam der Historiker Prof. Dr. Winfried Heinemann mit Blick auf Ernst Udet zum Schluss, „dass aus heutiger Sicht eine solche Straßenbenennung nicht mehr zu rechtfertigen wäre“. Der Suizid des Leiters des Planungsamts der Luftwaffe sei „nicht als Akt des Widerstands zu begreifen, auch nicht im Sinne eines sehr breiten Widerstandsbegriffs“, so Heinemann. Rommel hingegen sei „bei dem heute gängigen weiten Widerstandsbegriff dem Widerstand zuzuordnen“.
Anwohner sorgten sich um die Kosten einer Umbenennung
Das Verhalten des Luftwaffengenerals Werner Mölders wiederum könne nach Ansicht von Historiker Dr. Klaus Schmider „nicht als Widerstand bezeichnet werden, doch war es ungewöhnlich couragiert“. Demnach hatte Mölders unter anderem die Familie eines „halbjüdischen“ Freundes unterstützt und war damit ein „Karriererisiko“ eingegangen.
Zusammenfassend äußerten die Referenten damals, die Straßenbenennung sei vor mehr als 50 Jahren zwar „durchaus verantwortungsvoll“ erfolgt, aber eben auf Basis der „damals bekannten Fakten vorgenommen worden“.
Die Anwohnerinnen und Anwohner befürchteten damals, eine Umbenennung werde bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Mehrfach wurde Unverständnis für das Ansinnen einer Umbenennung geäußert. Befürchtet wurden zudem hohe Kosten für Umbenennungen. Laut Sitzungsvorlage sind für die zu beschließende Ergänzung bis zu 10.000 Euro vorgesehen.
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