Nicht nur in künstlerischer Hinsicht hat Burkhard Pfister jede Menge zu erzählen. Er wurde 1949 in Meiningen geboren, einer Stadt in Südthüringen. Zu DDR-Zeiten wurden 1952 auf Befehl der Staatssicherheit die Grenzgebiete zur Bundesrepublik hin geräumt, die dort Lebenden als „politisch unzuverlässig“ im Rahmen der „Aktion Ungeziefer“ vertrieben und Repressalien ausgesetzt. Die Familie floh in den Westen und landete „im Schwäbischen“, in Giengen an der Brenz, wo Burkhard Pfister aufwuchs.
Seine Schulzeit, vor allem auf dem Gymnasium, hat er nicht in bester Erinnerung. Als er zweimal wegen schlechter Noten in Mathematik und Latein durchs Abitur gefallen war und von der Schule verwiesen wurde, machte er einen dritten Anlauf im benachbarten Heidenheim: „Das war viel tougher als Giengen“, erinnert sich der heute 75-Jährige.
Grafiken für die Schülerzeitung
Schon früh galt sein Interesse der Kunst, vor allem der Grafik, und er gestaltete erst in Giengen die Schülerzeitung „Die Palette“ mit, später dann, obwohl er aufs Schiller-Gymnasium ging, am Heidenheimer Hellenstein-Gymnasium die Schülerzeitung „Der Scheinwerfer“. Am Schiller-Gymnasium gab es „endlich kein Latein mehr“, dafür einen Kunst-Leistungskurs und diesmal gelang Pfister auch das Abitur.
Er bewarb sich mit drei Mappen an den Kunsthochschulen in Karlsruhe, Stuttgart und Nürnberg und wäre an allen drei angenommen worden. Pfister folgte der Einladung nach Karlsruhe und erinnert sich bis heute an den handgeschriebenen Brief seines späteren Professors Horst Egon Kalinowski: „Sehr geehrter Herr Pfister, ich würde mich sehr freuen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“
Pfister machte seinen Abschluss mit Bravour und dann zog es ihn die Welt. Er lebte einige Zeit in London, sah sich immer wieder an Kunsthochschulen um, fand vieles zu spießig und zu klein und zog schließlich nach Berlin, wo er seine Meisterprüfung ablegte. Er wollte immer frei sein, sich keinen Zwängen unterordnen, und es war ihm wichtig, sich stets selbst fortzubilden und sich sowohl gesellschaftlich als auch künstlerisch eine eigene Meinung zu bilden.
Mit dem Fahrrad, „ohne Gangschaltung, mit 3000 Mark in der Tasche“, fuhr er ein Dreivierteljahr nach Jugoslawien – er schwärmt heute noch von dem damals friedlichen Miteinander der Religionsgemeinschaften in Sarajevo –, in die Türkei und nach Griechenland, wo er Troja und andere antike Stätten besuchte und wegen seiner schon als Schüler entwickelten Leidenschaft für die Odyssee und die Ilias Impressionen sammelte.
Die Antike künstlerisch verarbeitet
„Der totale Horror, was da los war zwischen den Menschen und Göttern“, sagt Pfister und erzählt, dass er mehr als einmal bei den Sagengestalten auch an die Geschichte seiner eigenen Familie erinnert wurde, die – wie so viele andere Familien auch – durch den Zweiten Weltkrieg gezeichnet war. In den letzten Kriegsmonaten wurden noch einmal selbst bereits schwer verletzte Familienmitglieder eingezogen, sein Vater kam nur mit einem Arm zurück und sprach häufig über den Krieg, zwei seiner Tanten warteten noch viele Jahre vergeblich auf ihre vermissten Ehemänner.
Die Leidenschaft für die Antike schlug sich nieder in Veröffentlichungen wie „Meine Nächte mit Odysseus“ oder in den Graphic Novels „Die Atriden“ oder „Gilgamesch“. Pfister ist künstlerisch auf vielen Gebieten tätig, in der Druckgrafik, mit Kupferstichen, Zeichnungen und in der Malerei ist sein umfangreiches Werk entstanden.
40 Jahre lang baute er auch zusammen mit seiner Frau Claudia Hentrich, ebenfalls eine Künstlerin, einzigartige Möbelstücke: reich verzierte Schränke, Maßanfertigungen, für ein „Nobelrestaurant“ einen Digestifwagen und sogar „Leuchterweibchen“, eine seit dem Mittelalter bekannte Form der Kronleuchter, bestehend aus einem großen Geweih und einer weiblichen Halbfigur.
Einige Jahre nach dem Fall der Mauer zog Pfister mit seiner Frau zurück in seine Geburtsstadt Meiningen, wo beide nun in der Innenstadt, ganz in der Nähe des Schlosses Elisabethenburg, ein Ladenatelier mit einem großen Lager für das umfassende Werk der beiden Künstler betreiben. Pfisters Familie lebt in Thüringen, aber auch nach Giengen hat er noch Kontakte: Alle paar Jahre kommen er und seine Frau zu Besuch an die Brenz, um an den Jahrgangstreffen der Giengener teilzunehmen.
Auch eine Ausstellung in Pfisters zweiten Heimat, in Giengen oder auch in Heidenheim, können sich die Künstler vorstellen. Da beide nicht mehr ganz jung sind, würden sie dafür gerne Unterstützung annehmen. Das Interesse jedenfalls ist ungebrochen, auch „im Schwäbischen“ Kontakt zu halten und sich künstlerisch auszutauschen.
Kunstwerke im Detail
Wer mehr über Burkhardt Pfister und seine zahlreichen Malereien, Grafiken und Wandobjekte erfahren möchte, findet auf der Website hentrich-pfister.de weitere Informationen. Dort finden sich auch Bilder und Beschreibungen der Möbel, die Pfister zusammen mit seiner Frau Claudia Hentrich baut.