Nationalsozialismus

So möchte der 90-jährige Zeitzeuge Helmut Bader aus Giengen seinem Vater die letzte Ehre erweisen

Helmut Bader, der als Kind in Giengen lebte, erinnert sich an den Tag zurück, als er vom Tod seines Vaters erfahren hatte. Dieser wurde 1940 von den Nazis ermordet. Am Todesdatum wurde allerdings gepfuscht, damit die wahre Todesursache nicht ans Licht kommt. Wer Helmut Bader jetzt helfen soll, das zu berichtigen und wo der Stolperstein zu Martin Bader in Giengen liegt.

Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle und Dr. Michael Benz waren beim Zeitzeugen Helmut Bader zu Besuch. Dessen Vater, der einstige Schuhmachermeister Martin Bader, war zuvor wegen einer Parkinson-Erkrankung in der Heil- und Pflegeanstalt Schussenried untergebracht und am 14. Juni 1940 im Alter von 39 Jahren von den Nazis ermordet worden. Seine Frau erhielt einen Brief, in dem stand, ihr Mann sei an einem Hirnschlag gestorben und der Tod sei eine Erlösung für ihn gewesen. Das offizielle Todesdatum sei allerdings falsch und die Nazis wollten damit einen zeitlichen Zusammenhang zwischen seiner „Verlegung“ von der damaligen Heilanstalt Schussenried in die Tötungsanstalt Grafeneck und seinem Tod vermeiden.

Ich spielte auf der Straße an der Schranne, als die Mutter laut schrie.

Zeitzeuge Helmut Bader

Helmut Bader, heute 90 Jahre alt, kann sich an den Tag, als der Brief ankam, gut erinnern. „Ich spielte auf der Straße an der Schranne, als die Mutter laut schrie“, erzählt er seinen Besuchern. „Später meinte sie, da könne etwas nicht stimmen. Die Kleider habe sie nicht erhalten, es hieß, sie seien bei der Desinfektion unbrauchbar geworden.“ Zu den Original-Dokumenten im Besitz von Helmut Baders zählen heute das Tagebuch seines Vaters, seine bedrückend wirkenden Briefe aus der Klinik und sein Wirtschaftsbuch.

OB Henle will helfen, die Wahrheit ans Licht zu bringen

Helmut Bader hatte die Stadt um Unterstützung bei der Aufklärung des tatsächlichen Todesdatums seines Vaters gebeten. Dr. Michael Benz hatte sich mit der Gedenkstätte Grafeneck in Verbindung gesetzt und von dort die Bestätigung erhalten, dass das wahre Todesdatum von Martin Bader der 14. Juni sei. Von dort wurde bestätigt, dass die ankommenden Menschen in Grafeneck direkt nach der Ankunft von einem der leitenden Ärzte untersucht und direkt im Anschluss in einer Gaskammer ermordet wurden.

Nun möchte er den Todeszeitpunkt per Gerichtsentscheid amtlich bestimmen und damit berichtigen lassen. „Diese Richtigstellung wäre die letzte Ehre, die ich ihm erweisen kann“, so Bader. Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle versprach ihm, dass er mit dem Amtsgericht sprechen werde, um Baders Antrag auf Berichtigung des Personenstandsregisters durch gerichtliche Entscheidung des Todeszeitpunktes zu unterstützen. Bereits seit Ende 2022 ist auf einem Stolperstein vor dem Haus „Am Kirchplatz 5“ zu lesen: „Hier wohnte Martin Bader, Jg. 1901, eingewiesen 1938, Heilanstalt Schussenried, ‚verlegt‘ 14.6.1940, Grafeneck ermordet 14.6.1940, Aktion T4“. Helmut Bader, Dr. Michael Benz und OB Dieter Henle hatten bereits bei der Stolpersteinverlegung in Giengen das Treffen in Schwäbisch Gmünd vereinbart, um die wichtigen Dokumente zu sichten. Dabei wurden auch Erinnerungen an Personen und Gebäude in Giengen ausgetauscht.

Zu diesem Thema erschien am 22. August 2023 beim WDR ein Video, in dem Helmut Bader über die Vorkommnisse spricht und an seinen Vater erinnert.

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