Der Giengener Bahnhof gilt als nicht besonders attraktiv. Zuletzt war das bei einem Bürgerspaziergang zu hören: Unzureichender Wetterschutz, eine als „siffig“ empfundene Unterführung und lückenhafte Barrierefreiheit waren einige der Kritikpunkte. An manchen der Missstände wird regelmäßig gearbeitet, um Abhilfe zu schaffen, an anderen Stellen sind Lösungen zumindest in Planung, manche Fragen bleiben zunächst aber auch unbeantwortet. Eine Übersicht.
Die Unterführung
Die meisten Bahnnutzer müssen die Unterführung nutzen, um zu Gleis 2 zu gelangen, wo die allermeisten Züge halten. Ein Dauerproblem ist, dass es in dem Tunnel oft nass ist, immer wieder Unrat herumliegt und es oft schlecht riecht. Die Giengener Stadtverwaltung ist für die Unterführung verantwortlich. Man kennt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger durchaus. „Um die Unterführung möglichst sauber zu halten, reinigt die Arbeiterwohlfahrt im Auftrag der Stadt wöchentlich gründlich“, so Oberbürgermeister Dieter Henle. Wird in der Zwischenzeit Verschmutzung festgestellt, säubern Beschäftigte des Bauhofs den Bereich zusätzlich. Herumliegender Müll sei das Hauptproblem neben den Hinterlassenschaften jener Menschen, die die Unterführung als Toilette benutzen. „Einige wenige in der Bevölkerung sorgen dafür, dass die Zustände für alle schwer zu ertragen sind“, stellt Henle fest und fordert Achtsamkeit und Solidarität von den Bürgerinnen und Bürgern.
Die Nässe in der Unterführung ließe sich durch eine Überdachung über dem Treppenaufgang zu Gleis 2 zumindest deutlich reduzieren. Bislang fällt Niederschlag dort auf die Treppen und gelangt so durch Passanten auch in den Tunnel. Am südlichen und am nördlichen Aufgang hat die Stadt Überdachungen anbringen lassen. Für den mittleren Aufgang ist dagegen die Deutsche Bahn zuständig. Gespräche mit der Bahn hätten bislang keinen Erfolg gehabt, so Henle.
Die Barrierefreiheit
Am nördlichen Zugang sowie am Aufgang zu Gleis 2 wurden schon vor geraumer Zeit Aufzüge installiert, sodass die Treppen umgangen werden können. Am südlichen Zugang fehlt diese Möglichkeit. Wer aus Richtung Südstadt mit Fahrrad, Kinderwagen oder Rollator ankommt, muss einen vergleichsweise beschwerlichen Weg über die Treppe in Kauf nehmen. Dabei könnte dieser Weg auch für Menschen, die nicht Bahn fahren wollen, als bequemer Weg in die Innenstadt fungieren.
Eine gewisse Erleichterung erwartet der OB von der Rad- und Gehwegbrücke zwischen BSH und Sundgau-Center, die in der zweiten Jahreshälfte 2025 fertiggestellt sein soll. Zudem soll der Bereich südlich und westlich der Ulmer Straße barrierefreie und für Radfahrer wie Fußgänger nutzbare Rampen erhalten, die zur Unterführung führen. Eine zeitnahe Lösung ist dies aber wohl nicht. Man benötige noch Planungszeit, so Henle, zumal auch die Bahn eingebunden werden müsse.
Immerhin: Mehrere Jahre lang galten die beiden Aufzüge als notorisch störungsanfällig, immer wieder musste die Feuerwehr steckengebliebene Nutzer befreien. Nach umfänglichen Arbeiten an der Technik sind die Probleme offensichtlich beseitigt. Wie Martin Rösler, Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Giengen, bestätigt, musste die Einsatzkräfte zuletzt 2021 an den Aufzügen tätig werden.
Gleis 2
Der Giengener Bahnhof wäre mutmaßlich auf einen Schlag beliebter, würde nicht das Gros der Züge auf Gleis 2 verkehren. Wäre Gleis 1 der vorrangige Haltepunkt, müssten viel weniger Menschen die ungeliebte Unterführung nutzen, außerdem böte an Gleis 1 die alte Bahnsteigüberdachung viel Wetterschutz, während es an Gleis 2, so ein Teilnehmer des Bürgerspaziergangs, „nur ein einziges Buswartehäusle“ gibt. Die HZ hat sich mit Fragen nach dem Wetterschutz und der Gleisbelegung an die Bahn gewandt, bis zum Redaktionsschluss zunächst aber keine Antwort erhalten.
Bereits vor einiger Zeit begründete die Bahn die unbequeme Gleisbelegung mit der Aussage, eine Änderung würde zu einem Fahrzeitverlust von etwa einer Minute führen. Diese Zeit müsste entweder über einen kürzeren Halt in Giengen oder auf der Strecke abgefangen werden. Für eine Verlegung müsse zudem ein neues Konzept erarbeitet und mit den beauftragten Bahnunternehmen verhandelt werden, hieß es damals.
Die Gastronomie
Über Jahrzehnte hinweg war die „Alte Lok“ an Gleis 1 eine klassische Bahnhofskneipe. Seit einigen Jahren ist das Lokal nun geschlossen. Wer sich beim Warten auf den Zug erfrischen will, sollte tunlichst etwas dabeihaben. Während am barackenartigen Kneipenbau der Zahn der Zeit nagt, könnte im Bahnhofsgebäude womöglich eine Gastronomie entstehen. Der Bahnhof gehört der Adldinger Unternehmensgruppe aus Kranzberg. Investor Andreas Adldinger hat dort mit dem „Gründerbahnhof“ Räume für Start-ups einrichten lassen. Schon seit Jahren wird beispielsweise über ein Café im Erdgeschoss nachgedacht.
Die geringen Fahrgastzahlen des Bahnhofs sowie die Lage außerhalb der Innenstadt machten eine gastronomische Nutzung jedoch zu einer Herausforderung, teilt Adldinger-Sprecherin Katharina Eser auf Anfrage mit. Ziel sei, den Bahnhof mit einem Konzept zu beleben, „das einer großen Bevölkerungsgruppe zur Verfügung steht“. Man arbeite eng mit der Wirtschaftsförderung der Stadt zusammen, um eine gute Lösung zu finden, so Eser.