Rathausserenade unter dem Dach

Wie die Stadtkapelle Giengen mit ihrer Dirigentin in der Schranne für royalen Glanz sorgte

Mit „Im Auftrag ihrer Majestät“ präsentierte die Stadtkapelle Giengen erstmals ein Konzert, das komplett von Dirigentin Nicole Brendel konzipiert worden war – mit überraschendem Ergebnis.

Drei bis vier Tage dauert es, bis die Musikeruniform der Stadtkapelle Giengen nach einem Regenguss wieder trocken ist, berichtete Vorstand Rainer Lorenz am Samstag dem Publikum bei der Rathausserenade. Schließlich hatten die Musikerinnen und Musiker in diesem Jahr bereits ausgiebig Gelegenheit, das zu testen: Kinderfest verregnet, Kreismusikerfest verregnet, Regen auch bei der Bergschulserenade. Die Rathausserenade sollte dazu gar nicht erst die Chance bekommen, und so wurde sie unter das regenfeste Dach der Schranne verlegt.

Dirigentin Nicole Brendel hatte ein wahrhaft royales Programm zusammengestellt. Unter dem Motto „Im Auftrag ihrer Majestät“ stellten sich so einige Monarchen ganz unterschiedlicher Couleur in der Schranne ein. Da gab es den König der Löwen und das Publikum merkte sogleich, dass die Stadtkapelle nicht nur mit großem Können, sondern auch mit viel Liebe agierte. König Aragorn trat auf in einer Suite aus „Herr der Ringe“ – spannend und wechselhaft wie das Ring-Schicksal selbst.

Afrikanische Einflüsse und ein Tangokönig

Auch Videospiele kommen zuweilen nicht ohne Königreiche aus, die es zu erobern gilt: So beispielsweise „Baba Yetu“, dessen Musik mit ihren afrikanischen Einflüssen und ihrem Tempo die Eroberung wohl erleichtern kann. „Oblivion“ scheint auf den ersten Blick aus dem royalen Rahmen zu fallen – aber ist Astor Piazzolla nicht der Tangokönig schlechthin? Und so wie das Stück von der Stadtkapelle interpretiert wurde, kann es mit den anderen Majestäten mithalten. Zu denen gehörte auch der Königsmarsch von Richard Strauß, der für einen sehr feierlichen Einstieg nach der Pause sorgte. Mit „Arsenal“ von Jan van der Roost war auch der Einstieg in das Konzert von königlicher Militärmusik geprägt, und beides ließ in royalem Pomp und Glanz schwelgen.

Liebe und Zusammenhalt seien die wahren Königreiche, so Viktoria Bölli in ihrer charmanten Moderation, und beides hat auch Tarzan, der Herr des Dschungels, erlebt. Das feine Liebeslied „You’ll be in my heart“ von Phil Collins aus dem Musical lässt dies spüren – und die Stadtkapelle ließ in ihrer Interpretation der Ballade nichts an Zartheit vermissen. Hinzu kommt das große Volumen eines Blasorchesters – fertig ist der geradezu königliche Genuss.

Noch ein Musical war im Programm zu hören: Mit „Jesus Christ Superstar“ gesellte sich ein echter Klassiker hinzu, und in der Suite klangen denn auch die größten Hits daraus an. Wie das Programm im Großen eine außergewöhnliche Vielfalt aufwies, so zeigte sich diese Bandbreite auch schon in der Rockoper von Andrew Lloyd Webber, die vom Liebeslied bis zum Rocksong ganz unterschiedliche Stile vereint.

Und schließlich gab es da auch noch ihn, den Aristokraten unter den Agenten: James Bond beschloss das Konzert mit einem Medley aus den Melodien, die zu den 007-Klassikern gehören. Da schimmerte „Goldfinger“ mit dem Hinweis „For your eyes only“ und „All time high“ aus „Octopussy“ und natürlich die immer spannungsgeladene Bond-Melodie. Die Stadtkapelle brillierte auch hier mit diesem Stück, und für das ganze Konzert, die sehr gelungene Umsetzung, die Musikerinnen und Musiker mit den Solisten Elisabeth Pawlowski, Emily Maier und Rainer Lorenz gab es begeisterten Applaus.

Mit James Bond und Beatles

Der Nachschlag war ebenso überraschend wie das gesamte Programm: Die „Beatles“ ließ die Stadtkapelle mit einem Medley aus vielen Hits von „Yesterday“ über „Let it be“ bis zu „Ob-La-Di Ob-La-Da“ hochleben. Das passte, denn schließlich haben die „Fab four“ die Musikwelt regiert, und auch an diesem Abend verfehlte es nicht die Wirkung beim Publikum.

Nicole Brendel, übrigens die erste Frau auf dem Dirigentenpult der über 150 Jahre alten Stadtkapelle, hat mit diesem Konzert ganz schön vorgelegt: Es ist das erste Programm unter ihrer Leitung, und laut Viktoria Bölli hat sie die Musikerinnen und Musiker „hervorragend auf das Konzert vorbereitet“. Und dass das Ergebnis stimmte, das zeigte die Reaktion des Publikums. Da könnte man, um im royalen Jargon zu bleiben, doch glatt sagen, dass sie zur Queen mit Dirigentenstab gekürt werden könnte.

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