An der „Barfüßer“-Baustelle

Wie Experten eines der ältesten Giengener Gebäude retten wollen

Bei der Dachsanierung am historischen „Lamm“-Gebäude trat auch noch eine schadhafte Wand auf. Der Zeitplan geriet bereits ins Wanken, bis Fachleute eine schlaue Lösung fanden.

Bei Renovierungs- und Sanierungsarbeiten ist man nie vor unliebsamen Überraschungen gefeit. Hinter einer alten Vertäfelung oder unter einem Bodenbelag können stets Schäden lauern, die den Zeitrahmen der Arbeiten und die Kostenberechnung infrage stellen. Diese Erfahrung hat dieser Tage auch Jürgen Honold gemacht. Der Besitzer des geschichtsträchtigen „Lamms“ in der Giengener Stadtmitte wurde mit einer Außenwand konfrontiert, die sich im Zustand fortgeschrittener Auflösung befand. Glück im Unglück: Gemeinsam mit Handwerkern und Denkmalbehörde wurde eine Lösung gefunden, um den Schaden für alle Seiten zufriedenstellend zu beseitigen.

Die Gemengelage war zunächst durchaus verzwickt: Das Haus an der Markstraße 19 ist der älteste noch verbliebene Rest des früheren Hotel- und Restaurantkomplexes. Auf der umgebenden Fläche, auf der 2022 die Gebäude abgerissen wurden, wächst mittlerweile das Hauptgebäude des künftigen „Barfüßers“ in die Höhe. Weil beim Abbruch jedoch ein Missgeschick passierte und der jahrhundertealte Dachstuhl des „Lamms“ beschädigt wurde, wollte Honold das Satteldach nun sanieren lassen, zumal auch einige der alte Sparren ausgetauscht werden müssen.

Gerüst steht auf der „Barfüßer“-Baustelle

Dafür benötigen die Zimmerleute ein Gerüst an der Westseite des Gebäudes, das wiederum auf eine Zwischendecke des künftigen „Barfüßers“ gestellt werden musste. Bis Weihnachten, so die Übereinkunft mit dem benachbarten Bauherrn, darf das Gerüst dort stehen, während an anderen Abschnitten des Neubaus gearbeitet wird.

Unter dem Schutz des Behelfsdachs tauschen die Handwerker nun schadhafte Balken aus. Foto: Jens Eber

Als die Zimmerleute, Sanierungsexperten aus dem bayerischen Heidenheim, dieser Tage ans Werk gingen und eine mutmaßlich vor vielen Jahrzehnten entstandene Vormauerung an der Westfassade abtrugen, bröselten ihnen die verrotteten Reste des tragenden Fachwerks entgegen. Was von innen noch nach stabilen, massiven Holzbalken aussah, wurde nach außen hin immer maroder oder war bereits komplett verschwunden. Schnell war klar, dass dringend gehandelt werden muss – und dass der ohnehin sportliche Zeitplan ins Wanken geraten war. Nicht nur musste ein ungeahnter Schaden behoben werden, auch die Denkmalbehörde hat ein Auge auf das mehr als 370 Jahre alte Gebäude.

Fachwerk wird nachträglich ersetzt

„Wir haben eine gute Lösung gefunden“, sagt Honold nach den Gesprächen erleichtert. Die Praktiker hätten den rettenden Einfall gehabt. Die Zimmerleute stellen nun zunächst eine provisorische Wand her, die sie von außen auch dämmen werden. Den Ersatz für das historische Fachwerk können sie dann zu einem späteren Zeitpunkt von innen einbauen. So ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Handwerker im Zeitplan bleiben. Bis Weihnachten werden sie vorrangig daran arbeiten, Dachbalken auszutauschen und den beim Abbruch verrutschten Dachstuhl wieder zu reparieren. Auch das Denkmalamt sei mit dieser Lösung sehr zufrieden gewesen, sagt Honold.

Derzeit verhüllt: Bis Weihnachten soll die Dachsanierung am „Lamm“ abgeschlossen sein. Foto: Jens Eber

Der Schaden, der über Umwege nun zur Entdeckung der kaputten Wand führte, entstand vor gut zwei Jahren, als der stillgelegte Aufzugsschacht abgebrochen wurde. Weil zuvor unbemerkt geblieben war, dass der betonierte Schacht und der Dachstuhl miteinander verbunden waren, wurden einige Dachbalken aus ihrer ursprünglichen Position gezogen. Wessen Versicherung für den Schaden aufkommen wird, ist Honold zufolge bis heute nicht klar.

Ein Haus mit langer Geschichte

Das „Lamm“ ist eines der ältesten Gebäude Giengens. Im Kern wurde es 1651 errichtet, also 17 Jahre nach dem großen Stadtbrand, der Giengen fast völlig auslöschte. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist das „Lamm“ im Besitz der Familie Honold. Seither wurde das Gebäude samt Anbauten als Brauerei und Gastwirtschaft, später auch als Hotel genutzt. Im ursprünglichen Haus, das mit seinem hohen Giebel zu den prägenden Gebäuden in der Marktstraße gehört, will Jürgen Honold insgesamt neun Wohnungen einrichten. Wann diese fertig sein werden, ist derzeit noch offen.

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